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Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Titel: Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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sagte er. »Nehmen Sie zum Beispiel einen Mann, den Tauber in seinem Tagebuch erwähnt und dessen Name ich Ihnen gerade genannt habe, den Gestapo-Chef und SS-General Bruno Streckenbach.«
    »Ja«, sagte Miller. »Was ist mit ihm?«
    Statt zu antworten, drückte Wiesenthal auf die Taste seiner Sprechanlage und verlangte den Hamburg-Akt. Das hübsche Mädchen kam mit einem Ordner herein.
    »Hier haben wir es«, sagte Wiesenthal. »Der westdeutschen Justiz als Dokument 141 JS 747/61 bekannt. Wollen Sie etwas über ihn wissen?«
    »Bitte«, sagte Miller. »Ich habe Zeit.«
    »Gut. Dann hören Sie sich das mal an: Vor dem Krieg Gestapo-Chef in Hamburg. Stieg dann sehr rasch in eine Spitzenposition im SD und in der SP auf, dem Sicherheitsdienst und der Sicherheitspolizei, die beide Organe des RSHA waren. Stellte im Jahre 1939 sogenannte Einsatzgruppen für das besetzte Polen zusammen. Ende 1940 Leiter sämtlicher SD- und SP-Verbände im besetzten Polen, dem sogenannten Generalgouvernement, mit Sitz in Krakau. Diese Einheiten brachten in dem betreffenden Zeitraum Tausende von Menschen um, vor allem im Zug der Operation AB.
    Anfang 1941 wurde er zum Chef des Personalwesens des SD ernannt und übernahm damit auch die Leitung von Amt III des RSHA. Sein unmittelbarer Vorgesetzter war Reinhard Heydrich, später dann Kaltenbrunner. Kurz vor dem Überfall auf Rußland war er an der Aufstellung der Vernichtungskommandos beteiligt, die der Armee auf dem Fuß folgten. Als Chef des SD-Personalwesens war er für deren personelle Zusammensetzung verantwortlich, da die »Einsatzgruppen« samt und sonders dem SD beziehungsweise der SP angehörten. Bald darauf wurde er noch mal befördert, diesmal zum Personalchef aller sechs Organe des RSHA, wobei er weiterhin stellvertretender Chef des Hauptamts blieb – zunächst unter Heydrich und nach dessen Ermordung durch tschechische Partisanen unter dessen Nachfolger Kaltenbrunner. Kaltenbrunner rächte Heydrichs Tod; das Dorf Lidice wurde dem Erdboden gleichgemacht und seine männlichen Bewohner ausnahmslos ermordet. Streckenbach war bis zum Ende des Krieges für die personelle Zusammensetzung der Einsatzgruppen und SD-Dienststellen verantwortlich.«
    »Und wo ist dieser Mann jetzt?« fragte Miller.
    »Er geht in Hamburg spazieren, frei wie ein Vogel in der Luft«, sagte Wiesenthal.
    Miller war fassungslos.
    »Hat man ihn denn nicht festgenommen?«
    »Wer denn?«
    »Die Hamburger Polizei natürlich.«
    »Die müßte eine Weisung der Staatsanwaltschaft bekommen«, sagte Wiesenthal.
    Er nahm ein einzelnes Papier heraus. Dann faltete er es säuberlich in der Mitte von oben bis unten und legte es vor Miller auf den Tisch, so daß nur die Namen auf der linken Hälfte des Blattes sichtbar waren.
    »Sind Ihnen diese Herrschaften vielleicht bekannt?« fragte er.
    Miller überflog die Liste mit gerunzelten Brauen.
    »Natürlich, viele von ihnen. Ich war jahrelang Gerichtsreporter in Hamburg. Das hier sind alles Hamburger Polizeibeamte. Warum?«
    »Falten Sie das Papier auseinander«, sagte Wiesenthal. Miller tat es und las:
Name
Partei-   
SS-Nr.
Dienstrang
Datum
 
mitglied-   
 
 
der Beför-
 
Nr.   
 
 
derung
 
A
–   
455   336
Hauptsturmführer
1.   3.   43
B
5   451   195   
429   339
Sturmführer
9.   11.   41
C
–   
353   004
Sturmführer
1.   11.   42
D
7   039   564   
421   176
Hauptsturmführer
21.   6.   44
E
–   
421   445
Sturmführer
9.   11.   42
F
7   040   308   
174   902
Sturmbannführer
21.   6.   44
G
–   
426   553
Hauptsturmführer
1.   9.   42
H
3   938   798   
311   870
Hauptsturmführer
30.   1.   42
I
1   867   976   
424   361
Sturmführer
20.   4.   44
J
5   063   331   
309   825
Sturmbannführer
9.   11.   43
    Miller blickte auf.
    »Donnerwetter!« sagte er.
    »Na, jetzt werden Sie wohl begreifen, warum ein SS-Gruppenführer heute in Hamburg unbehelligt spazierengehen kann?«
    Miller sah die Liste ungläubig an.
    »Das muß Brandt gemeint haben, als er sagte, daß Recherchen nach ehemaligen SS-Mitgliedern von den Hamburger Justizbehörden nicht übermäßig geschätzt werden.«
    »Wahrscheinlich«, sagte Wiesenthal. »Zwar wurde das Polizeikorps geschlossen von der SS übernommen, und mancher mag mit einem gewissen Widerwillen den neuen Rang übernommen haben – aber immerhin haben diese Herren manche Säuberung überlebt, vor und nach der Übernahme. Jedenfalls fällt auf,

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