Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Titel: Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
war bereits eine Reihe fabrikneuer französischer AMX-138, auf die die Truppe umgerüstet werden sollte. Schon in einer Woche würde er einen AMX befehligen, und der war schneller und stärker bewaffnet als der Patton.
    Sein Blick streifte das Eiserne Kreuz auf der Seitenwand des Geschützturms und den darunter gemalten Namen seines Panzers, und er empfand ein leises Bedauern. Er hatte ihn nur sechs Monate lang kommandiert, aber der Patton war und blieb sein erster Panzer, und das würde ihn für Frank immer über jeden anderen Panzer hinausheben. Er hatte ihn auf den Namen »Drachenfels« getauft. Frank nahm an, daß der Panzer nach der Umrüstung abgewrackt werden würde. Nach einem letzten kurzen Halt auf der Gegenfahrbahn erklomm der Patton den Straßenrand und verschwand im Wald.
    An jenem Tag – dem 3.   Januar 1964 – kam Miller gegen 4   Uhr nachmittags endlich in Wien an. Er suchte sich nicht erst ein Hotel – er fuhr sofort in die Innenstadt und fragte sich zum Rudolfsplatz durch.
    Er fand das Haus Nummer 7 ohne Schwierigkeiten und warf einen Blick auf die Namensschilder der Hausbewohner. Eine Karte mit der Aufschrift »Dokumentationszentrum« besagte, daß sich Wiesenthals Büro im dritten Stockwerk befand. Miller ging die Treppen hoch und klopfte an die cremefarben gestrichene Tür. Jemand schaute durch das Guckloch und schob dann den Riegel zurück. Ein hübsches blondes Mädchen stand in der Tür.
    »Bitte?«
    »Mein Name ist Miller, Peter Miller. Ich möchte gern Herrn Wiesenthal sprechen. Hier ist ein Empfehlungsschreiben.«
    Er zog seinen Brief aus der Brusttasche und gab ihn dem Mädchen. Sie betrachtete ihn unschlüssig, lächelte flüchtig und bat ihn, einen Augenblick zu warten.
    Wenige Minuten später erschien sie wieder und bat ihn einzutreten.
    »Wenn Sie bitte mitkommen wollen.«
    Miller folgte ihr den Gang hinunter um die Ecke bis ans Ende des Büros. Rechts stand eine Tür offen. Als er zögerte, in das Zimmer einzutreten, stand ein Mann auf, um ihn zu begrüßen.
    »Bitte, kommen Sie herein«, sagte Simon Wiesenthal.
    Er, war größer, als Miller erwartet hatte; ein stämmiger Mann von über einsachtzig, der eine dicke Tweedjacke trug und sich leicht gebeugt hielt, als suche er ständig nach irgendwelchen verlegten Papieren. Lord Russells Brief hielt er in der Hand.
    Das Büro war sehr klein; seine Enge wirkte fast schon beklemmend. Eine Wand wurde vollkommen von einem übervollen Bücherregal eingenommen, an der gegenüberliegenden Wand hingen Zeugnisse diverser Vereinigungen ehemaliger Naziverfolgter. Auf dem langen Sofa vor der hinteren Wand stapelten sich auch Bücher und Manuskripte. Links neben der Tür blickte man durch ein kleines Fenster auf den Hinterhof. Der Tisch stand quer zum Fenster, und Miller setzte sich auf den Stuhl davor. Der Nazijäger von Wien setzte sich hinter den Tisch und überflog noch einmal Lord Russels Brief.
    »Lord Russell schreibt mir, daß Sie sich vorgenommen haben, einen ehemaligen SS-Mörder dingfest zu machen«, sagte er ohne Umschweife.
    »Ja, das stimmt.«
    »Kann ich seinen Namen erfahren?«
    »Roschmann, Hauptsturmführer Eduard Roschmann.«
    Simon Wiesenthal zog die Brauen hoch und stieß einen leisen Pfiff aus.
    »Ist er Ihnen ein Begriff?« fragte Miller.
    »Der Schlächter von Riga? Einer der fünfzig Männer, deren Namen auf meiner Liste ganz obenan stehen. Darf ich fragen, weshalb Sie sich für ihn interessieren?«
    Miller versuchte es rasch zu erklären.
    »Am besten, Sie erzählen mir alles von Anfang an«, sagte Wiesenthal. »Was ist das für ein Tagebuch, von dem Sie da reden?«
    Nach dem Staatsanwalt in Ludwigsburg, nach Cadbury und Lord Russell war Wiesenthal der vierte, dem er die ganze Geschichte erzählen mußte. Sie wurde von Mal zu Mal länger, weil sich seine Kenntnis von Roschmanns Lebensgeschichte jedesmal um ein weiteres Kapitel vermehrt hatte. Miller fing wieder von vorn an und endete mit der Schilderung seines Besuchs bei Lord Russell.
    »Als nächstes«, sagte er, »muß ich herausbekommen, wohin er geflüchtet ist, nachdem er aus dem Zug sprang.«
    Simon Wiesenthal sah durch das Fenster in den Hof den Schneeflocken zu, die in dem engen Schacht drei Stockwerke tief zu Boden schwebten.
    »Haben Sie das Tagebuch?« fragte er schließlich.
    Miller griff in seinen Aktenkoffer, holte es heraus und legte es auf den Tisch. Wiesenthal blätterte es sehr aufmerksam durch.
    »Faszinierend«, sagte er. Er blickte auf und

Weitere Kostenlose Bücher