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Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Titel: Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Internierungslager nach Rimini, wo man ihm am rechten Fuß alle fünf Zehen amputierte. Sie waren ihm nach dem Sprung aus dem Zug auf seiner Flucht im Schneesturm erfroren und drohten schon in Verwesung überzugehen. Seit damals mußte er einen orthopädischen Schuh tragen.
    Im Oktober 1948 erhielt seine Frau in Graz aus dem Internierungslager Rimini einen Brief von ihm. Bei dieser Gelegenheit benutzte er zum erstenmal seinen neuen Namen: Fritz Bernd Wegener.
    Kurze Zeit später wurde er in das Franziskanerkloster in Rom überführt, und als seine Papiere fertiggestellt waren, schiffte er sich in Neapel nach Buenos Aires ein. Während seines Aufenthalts im Mönchskloster in der Via Sicilia war er unter der persönlichen Obhut von Bischof Alois Hudal und in Gesellschaft zahlreicher SS-Kameraden und Parteigenossen. Bischof Alois Hudal sorgte dafür, daß seine Schützlinge keinen Mangel litten. In der argentinischen Hauptstadt wurde er von der ODESSA empfangen und bei einer deutschen Familie namens Vidmar in der Calle Hippolito Irigoyen untergebracht. Dort lebte er monatelang in einem möblierten Zimmer. Anfang 1949 erhielt er aus dem Bormann-Fonds eine Subvention in Höhe von 50   000 US-Dollar. Damit machte er sich als Exporteur von südamerikanischem Hartholz nach Westeuropa selbständig. Die von ihm gegründete Firma hieß Stemmler und Wegener. Seine falschen Papiere, die man ihm in Rom beschafft hatte, wiesen ihn glaubhaft als den in der italienischen Provinz Südtirol geborenen Fritz Bernd Wegener aus. Als seine Sekretärin engagierte er eine junge Deutsche namens Irmtraut Sigrid Müller. Anfang 1955 heiratete er sie; seine Frau lebte noch in Graz und war nicht von ihm geschieden. Im Frühjahr 1955 starb Evita Peron, die Frau des argentinischen Diktators und treibende Kraft des Regimes, an Krebs. Das war das Menetekel, das den Anfang vom Ende der peronistischen Herrschaft signalisierte, und Roschmann wußte die Zeichen richtig zu deuten. Wenn Peron gestürzt wurde, dann war es möglicherweise auch mit der Protektion vorbei, die der Diktator den Ex-Nazis gewährt hatte. Mit seiner neuen Frau reiste er per Schiff nach Ägypten.
    Im Sommer 1955 verbrachte er drei Monate dort, und im Herbst ging er nach Westdeutschland. Niemand hätte je etwas davon erfahren, wenn nicht seine betrogene Frau gewesen wäre. Sie machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Hella Roschmann hatte ihm im Sommer jenes Jahres von Graz aus an seine Adresse bei der Familie Vidmar geschrieben. Da den Vidmars die neue Anschrift ihres ehemaligen Untermieters nicht bekannt war, öffneten sie den Brief und antworteten seiner Frau nach Graz, daß Roschmann in Begleitung seiner inzwischen mit ihm verehelichten Sekretärin nach Deutschland abgereist sei.
    Daraufhin setzte Hella Roschmann, die mit den Verbrechen ihres Mannes nichts gemein hatte, die Polizei von seiner neuen Identität in Kenntnis, und die Fahndung nach Roschmann wurde in Gang gesetzt – diesmal wegen Bigamie. In Westdeutschland erging eine Suchmeldung nach einem Mann namens Fritz Bernd Wegener an alle Polizeidienststellen.«
    »Haben sie ihn gefaßt?« fragte Miller.
    Wiesenthal blickte auf und schüttelte den Kopf.
    »Nein, er tauchte erneut unter, sehr wahrscheinlich mit Hilfe falscher Papiere und sehr wahrscheinlich in Westdeutschland. Sehen Sie, deswegen glaube ich auch, daß Tauber ihn durchaus gesehen haben kann. Das stünde keineswegs im Widerspruch zu den bekannten Fakten.«
    »Wo ist seine erste Frau, Hella Roschmann?« fragte Miller.
    »Sie lebt möglicherweise noch in Graz.«
    »Hat es Sinn, sie aufzusuchen?«
    Wiesenthal schüttelte den Kopf.
    »Das möchte ich bezweifeln. Nachdem sie seine Identität preisgegeben hat, wird er ihr seinen neuen Namen und Aufenthaltsort kaum wieder verraten. Für ihn dürfte die Situation ziemlich brenzlig gewesen sein, als seine Identität als Wegener aufgedeckt war. Er muß seine neuen Papiere innerhalb allerkürzester Zeit bekommen haben.«
    »Wer wird sie ihm beschafft haben?« fragte Miller.
    »Die ODESSA natürlich.«
    »Wer oder was ist denn eigentlich – die ODESSA? Sie haben dieses Wort bei der Roschmann-Story mehrfach erwähnt.«
    »Haben Sie wirklich nie davon gehört?« fragte Wiesenthal.
    »Nein. Bis jetzt nicht.«
    Simon Wiesenthal warf einen Blick auf die Uhr.
    »Kommen Sie lieber morgen früh wieder. Ich erzähle Ihnen dann alles, was Sie darüber wissen müssen.«

Kapitel 9
    Am nächsten Morgen war Peter Miller wieder in

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