Die Akte Rosenthal - Seelenfischer-Trilogie 03
haben. Die anderen fünf Kugeln trafen unbeteiligte Personen. Eines ist sicher: Es war nicht diese arme Kreatur Sirhan, die dafür seit über vierzig Jahren im Gefängnis schmort. All das verrate ich Ihnen auch, weil Sie durch Ihren Vater um einige Ecken herum mit den irischen Kennedys verwandt sind. So, da wären wir. Raus mit Ihnen. Kann ich mich darauf verlassen, dass Sie keine Dummheiten mehr anstellen?“
Rabea hatte es nicht bemerkt, aber der Wagen hatte vor dem Halston Hotel angehalten. Sie öffnete die Tür. „Ich werde mir Mühe geben.“
Sie war schon fast ausgestiegen, als sie sich noch einmal zu ihm umdrehte: „Sie denken an …“
„Ja, ja“, unterbrach sie Clayton. „Ihre Katze.“ Er verdrehte die Augen. „Ich lasse Ihnen das verdammte Vieh ins Hotel bringen. Ach, noch etwas. Ich habe Crow vorhin abholen lassen. Ryan ist aber noch da.“ Mit diesen Worten schloss er die Tür.
Rabea klopfte gegen die Scheibe. Er fuhr sie herunter. „Was haben Sie nun noch auf dem Herzen?“, fragte er beinahe gequält.
„Eine einzige Frage noch. Nur aus Neugierde: Könnte es sein, dass Sie eine Kopie der Memoiren von Jackie Kennedy besitzen?“
Claytons Miene war unergründlich, als er die Scheibe wortlos hochfahren ließ. Er winkte ihr zum Abschied und gab dem Fahrer ein Zeichen. Rabea sah dem Wagen nach, bis er aus ihrem Blickfeld verschwunden war.
Er hatte sie Rotfuchs genannt, dabei war er der Fuchs! Sie mochte den Mann. Das Gespräch mit Clayton hatte ihr gutgetan. Sie fühlte sich irgendwie … erleichtert. Es war, als hätte er eine Last von ihren Schultern genommen. Mit beschwingtem Schritt ging sie zu ihrem Hotel. Wann hatte sie sich zuletzt so unbeschwert gefühlt? Es war derart lange her, dass sie sich nicht mehr daran erinnern konnte. Wenn, dann musste das vor neun Jahren gewesen sein, in Malcesine am Gardasee. Ihrem ersten und einzigen Urlaub mit Lukas.
Rabea lächelte und betrat das Hotel.
Als es zwei Tage später an der Tür zur Suite klopfte, drückte der Page einem verdutzten Ryan eine Transportbox in den Arm. „Eine Lieferung für Miss Kennedy, Sir.“ Der Page hielt ihm die Box entgegen. Ryan starrte sie an. Er hörte ein klägliches Miauen. Eine Katze?
„Das ist für mich!“ Rabea war neben ihn getreten. Sie nahm die Box, quittierte dem Pagen den Empfang und trug die kleine Kiste zum Tisch.
„Na, meine Süße, wie geht es dir?“ Rabea holte die kleine Katze hervor und sie schmiegte sich sofort an ihre Brust. Das kleine Etwas zitterte. Rabea tastete vorsichtig nach dem Halsband. Der Chip war weg. Im Grunde hatte sie nichts anderes erwartet.
„Ist ja schon gut“, beruhigte sie die verschreckte Katze. „Offenbar wirkt ein Flug mit der United States Airforce verstörend auf Katzen“, sagte sie und lächelte Ryan zu. Er hatte ihr Treiben bislang verwirrt verfolgt. Jetzt bat sie ihn: „Lies mir bitte den Brief vor.“
„Welchen Brief?“
„Da, er liegt in der Box.“ Ryan zog ihn heraus, öffnete den Umschlag und las laut vor:
„Danke für den Chip, Rotfuchs. Ich denke, die Katze braucht ihn nicht mehr. Das Katzenklo war übrigens leer. Zwei Verstecke? Sehr schlau. C.“
Rabea lächelte. Es gab noch ein drittes Versteck.
Vor einigen Tagen hatte sie ein kleines Päckchen an ihre ehemalige Redaktionsassistentin in Berlin gesandt. Ohne Absender, denn schließlich galt sie offiziell immer noch als tot. Die gute Frau sammelte mit Leidenschaft kleine Enten aller Art. In der Redaktion hatte es sich eingebürgert, dass Kollegen ihr aus allen Teilen der Welt neue Exemplare zukommen ließen. Entlang der Kante ihres Schreibtischs stand ihre Enten-Phalanx wie die chinesische Mauer.
Nur Rabea wusste, welche der kleinen Enten eine besondere Ente war.
Kapitel 3 9
Nürnberg, Deutschland
Lukas' Telefon klingelte. Es war kurz nach Unterrichtsende und er war gerade auf dem Weg zu seinem Wagen. Er erkannte die Nummer sofort: Rabea!
Seit London hatte er nicht mehr mit ihr gesprochen. Das war vor zwei Wochen. Sie war zwar in Nürnberg gewesen, um ihren Großvater zu sehen, aber er war genau am Tag ihrer Ankunft mit Magali nach Südtirol gefahren. Er und sie hatten ein paar Tage nur für sich gebraucht, um ihre Beziehung zueinander zu klären. Und vor allem, um zu ergründen, wie es mit ihrer Ehe weitergehen sollte.
Die Ereignisse der letzten Tage hatten tiefe Wunden hinterlassen, nicht nur bei ihm, sondern auch bei Magali.
Matti hingegen hatte die Entführung ohne das
Weitere Kostenlose Bücher