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Die Akte Rosenthal - Seelenfischer-Trilogie 03

Die Akte Rosenthal - Seelenfischer-Trilogie 03

Titel: Die Akte Rosenthal - Seelenfischer-Trilogie 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Münzer
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Unglück! Wie schrecklich, einfach schrecklich“, lamentierte er. Seine Augen wurden feucht.
    Lucie war aufgestanden und hatte sich neben ihn gesetzt. Sie kämpfte selbst mit den Tränen. Sie schluckte, um ihre Stimme wieder in den Griff zu bekommen: „Es ist so: Jules glaubt, dass es sich bei den Entführern um eine professionelle Bande handelt. Ich habe darüber nachgedacht. Weißt du, was ich inzwischen glaube? Dass es sich bei den Entführern und den Eindringlingen in Lukas' Haus, deinem Haus und der Villa meiner Eltern um die dieselbe Bande handeln könnte. Ich meine, es könnte doch sein, dass die Entführer die Häuser durchsucht haben in der Hoffnung, dass dort die Dokumente oder auch Hinweise darauf versteckt sein könnten. Und erst nachdem die Einbrecher nirgendwo fündig geworden sind, haben sie die Entführung von Magali und Matti geplant.“ Sie stand auf und füllte den Teekessel erneut mit Wasser. Wie es aussah, würde es noch ein langer Abend werden.
    „Ach, was würde ich darum geben, jetzt mit Jules sprechen zu können“, seufzte der Alte. Ihn plagte noch eine weitere Sorge, wovon er Lucie keinesfalls erzählen konnte.
    „Ja, oder wenn wenigstens Rabea hier wäre“, wünschte sich Lucie.
    Wie ihr Bruder Lukas hielt sie in Gedanken oft Zwiesprache mit ihrer toten Freundin. Rabea war streitbar, störrisch, dickköpfig, aber vor allem unglaublich klug gewesen. Ihr Gerechtigkeitssinn hatte sie schon in der Schule allzu oft in Schwierigkeiten gebracht. Später hatte sie sich als Journalistin in brenzlige Situationen manövriert, wenn sie auf Menschen getroffen war, die es mit Recht und Unrecht nicht so genau genommen hatten wie sie. Sie fehlte Lucie jeden Tag.
    Rabeas Großvater schien seinen eigenen Erinnerungen nachzuhängen. Sicher dachte auch er jetzt an seine Enkeltochter und ihr sinnloses Ende.
    Lucie schalt sich im Stillen für ihre Gedankenlosigkeit, ausgerechnet jetzt von Rabea anzufangen. Die Stille dehnte sich gemeinsam mit der herabsinkenden Dämmerung in der Küche aus.
    Die beiden Hunde lagen zusammengerollt unter dem Tisch. Ihr leises Schnarchen und das Brummen des altersschwachen Kühlschranks, den Magali aus ihrem Schweizer Häuschen mitgebracht hatte, waren die einzigen Geräusche.
    Der alte Herr durchbrach schließlich das Schweigen. „Was ist das eigentlich für eine verrückte Geschichte, dass Lukas und Jules unterwegs sind, um die Angelegenheit selbst zu regeln?“ Rabeas Großvater wirkte ratlos und verstört, fast, als würde ihm erst jetzt die ganze Tragweite dieser Nachricht bewusst werden.
    „Du hast Recht“, pflichtete ihm Lucie bei. „Es ist verrückt, aber Jules sah darin die einzige Möglichkeit, das Leben von Magali und Matti zu retten. Keine Dokumente, kein Austausch. Jules verfolgt eine Spur in Spanien. Die beiden sind sofort mit Papas Flugzeug los. Mehr weiß ich nicht. Das heißt, der Rest ist Ungewissheit und Warten“, sagte Lucie und spielte nervös mit ihrer leeren Tasse.
    „Ach mein liebes Kind. Was für furchtbare Zeiten für deine Familie. Dabei habe ich so sehr darum gebetet, dass endlich Glück und Frieden bei euch einkehren.“
    „Weißt du, Großvater Rosenthal, ich kann einfach nicht begreifen, warum das Schicksal immer gerade Lukas so niederknüppeln muss. Warum sucht sich Gottes Zorn zur Abwechslung nicht einmal jemand anders aus, dem er ins Gesicht blasen kann? Ich glaube langsam, dass Rabea Recht hatte mit ihrer Behauptung: Es gibt ihn nicht.“
    Lucies Ausbruch entlockte dem Alten ein trauriges Lächeln. Wie oft hatte er in der Vergangenheit mit seiner streitbaren Enkeltochter darüber diskutiert? Sie hatte die Dinge stets nur unter einem rationalen Aspekt betrachtet. Logik war ihre Religion. Dabei hatte Rabea, die Lukas maßlos geliebt hatte, nie begriffen, dass gerade die Liebe spiritueller Natur war. Sie war einfach da, man konnte sie ebenso wenig beweisen, wie man Gott beweisen konnte.
    Rabea hielt Schicksal für das Synonym von Zufall. Mit beiden Beinen stand sie im Diesseits und leugnete die Existenz des Jenseits. Doch konnte es ohne diese beiden Elemente ein Gleichgewicht im Leben geben? Tatsächlich hatte Rabea nie ihre innere Balance gefunden. Seine Enkelin war ein rastloser Mensch geblieben, eine ruhelose Seele, getrieben von der Suche nach einer Wahrheit, die sie nur in sich selbst hätte finden können.
    „Ich bin wirklich ein unsensibler Trampel“, sagte Lucie jetzt. „Weißt du was? Ich leite Lukas' Telefon auf mein Handy

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