Die Akte Rosenthal - Seelenfischer-Trilogie 03
davor, diese letzte Ungeheuerlichkeit laut auszusprechen, bevor er nicht ganz sicher sein konnte, ob sie tatsächlich der Wahrheit entsprach. Dazu benötigte er die Aufnahmen Rabeas. Gott helfe Amerika, wenn sich dadurch ihre schlimmsten Vermutungen bestätigen würden ...
Kapitel 12
Rabea ließ sich mit ihrer Antwort Zeit.
Sie erinnerte sich an den Tag, als sie mit dem Suchtrupp von ihrem Lager bei Bayji aufgebrochen war.
An jenem Tag war ein frischer Rekrut, kaum neunzehn Jahre alt, in der Hitze durchgedreht. Er war ruhiggestellt worden, doch am Abend hatte man sein Feldbett leer vorgefunden. Sie hatten das Lager und die nähere Umgebung nach ihm abgesucht, doch der Junge blieb verschwunden, die nächtliche Wüste hatte ihn verschluckt.
Rabea hatte den Leiter des Suchtrupps gebeten, sie am Morgen begleiten zu dürfen. Kurz nach Sonnenaufgang waren sie mit drei gepanzerten Hummer-Fahrzeugen losgezogen. Sie hatten den ganzen Tag nach ihm gesucht, bis sie die Suche am späten Nachmittag hatten abbrechen müssen, weil ein Sandsturm aufgezogen war. Er hatte sie völlig überrascht, so dass ihnen keine Zeit mehr geblieben war, Schutz zu suchen. Weiterfahren konnten sie auch nicht, da alle ihre Systeme plötzlich versagt hatten, vom Navigationssystem bis zu den Satellitenverbindungen. Sie hatten sich in ihren Fahrzeugen verschanzt.
Als der Sandsturm endlich nachgelassen hatte, war es tiefe Nacht geworden und ihre Systeme hatten weiterhin keine Verbindung nach außen. Ohne Navigationsgeräte im Dunkeln durch die Gegend zu fahren, wäre einem Selbstmord gleichgekommen.
Es war ihnen daher nichts anderes übrig geblieben, als auf den nächsten Morgen zu warten und zu versuchen, die Systeme wieder zum Laufen zu bringen. Ein Unterfangen, das ihnen nicht geglückt war. Sich nach der Sonne zu richten war ebenso unmöglich gewesen: Der Himmel war so fahl gewesen, als hätte er mit dem Sturm die Wüste in sich aufgesaugt.
Wegen der Gefahr, von Aufständischen entdeckt zu werden, hatte der Zugführer die Weiterfahrt befohlen. Sie hatten nur hoffen können, nicht beständig im Kreis zu fahren und dass inzwischen ein Suchtrupp nach dem Suchtrupp an der richtigen Stelle suchte.
Bei einer kurzen Rast hatte Rabea eine Düne erklommen. Die Düne hatte sich - wie alle Dünen aus der Nähe – dann als viel höher erwiesen als angenommen. Auf der anderen Seite war sie mindestens um das Fünffache ihrer jenseitigen Flanke abgefallen. Rabea hatte einen weiten Blick über das Land unter sich gehabt. Inzwischen war es früher Nachmittag und die Sicht hatte sich endlich gebessert.
Rabea hatte in der Ferne etwas wie ein Blitzen bemerkt, doch mit bloßem Auge war nichts weiter zu erkennen gewesen. Sie hatte ihre Kamera aus dem Rucksack geholt und die Zoomfunktion aktiviert. Sie war sich nicht sicher gewesen, aber sie hatte gemeint, die Umrisse mehrerer Gebäude, die sich tief in den Sand duckten, ausgemacht zu haben. Der heftige Sandsturm hatte vielleicht freigelegt, was hätte verborgen bleiben sollen. Wäre das Blitzen am Horizont nicht gewesen, wäre es auch ihrer Aufmerksamkeit entgangen.
Auf dem Display war ein winziger beweglicher Punkt über einem der Gebäude zu erkennen gewesen. Ob es ein Hubschrauber gewesen war? Und waren das Fahrzeuge? Sie hatte gefilmt, solange sie konnte und sich gefragt, ob sie dem Zugführer von ihrer Beobachtung berichten sollte. Aber dann hatte sie sich dagegen entschieden. Sie würde den Film erst auf ihrem Laptop bearbeiten und die Ausschnitte vergrößern, um zu sehen, was sie da mitten in der Wüste entdeckt hatte.
Sie war Journalistin und hatte gelernt, dass die besten Beobachtungen immer die waren, die man nicht geplant hatte. Und dass man sie niemals teilen sollte, solange man selbst nicht sicher war, worum es sich handelte.
Kapitel 13
Barcelona, Spanien
Sein Bewusstsein kehrte nur zögerlich zurück. Es verkroch sich, klammerte sich am Rande eines Trugbildes fest, um nicht in die Gegenwart zurückkehren zu müssen. Dann zerplatzte die Blase.
Lukas fuhr hoch und ein rasender Schmerz schoss durch seinen Kopf. Er stöhnte. Zu seinem größten Staunen fand er sich im Bett der angemieteten Penthouse-Suite wieder. Draußen war es dunkel, doch die Nachttischlampe brannte.
Wie in Gottes Namen war er hierhergekommen? Ihm fiel Kaschinski ein. Was war mit ihm? War auch auf ihn geschossen worden wie auf Jules? Und warum war er hier? Warum hatte man ihn in das Hotel
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