Die Akte Rosenthal - Seelenfischer-Trilogie 03
Lafitte, der mich angeheuert hat, ist tot. Wenn Sie möchten, können wir jetzt abrechnen und ich verschwinde.“
Lukas überlegte. Sollte er Kaschinski mitnehmen? Jules hatte ihn zwar angeheuert, aber alles in Lukas sträubte sich gegen gekaufte Loyalität. Doch Kaschinski hatte einen entscheidenden Vorteil: Der Mann war Pilot. Er könnte ihn und seine Familie nach Nürnberg fliegen, falls Lucie nicht rechtzeitig einen Piloten vor Ort auftreiben konnte.
Kaschinski sagte jetzt: „Tauschen wir unsere Informationen aus. Wie sind Sie denen entkommen?“
„Gar nicht. Ich bin hier aufgewacht. Und Sie, wie kommen Sie hierher?“
„Ich wurde wie Sie niedergeschlagen. Aufgewacht bin ich mit Handschellen im Keller der Villa. Die gesamte illustre Gesellschaft der van Kampen war dort versammelt. Ein furchtbares Gezeter. Ich konnte mich befreien, Wachen gab es keine. Es wird Sie interessieren, von Stetten, dass die van Kampen ebenfalls unter den Gefangengen war.“
„Was?“, rief Lukas, der Kaschinskis Bericht mit zunehmender Verwirrung gefolgt war. „Sie haben die van Kampen da gesehen? Gefesselt? Aber was soll das? Was ist mit meiner Frau und meinem Sohn?“
„Darum habe ich mich dort noch ein wenig umgesehen. Üble Nachrichten, von Stetten. Ihre Frau und Ihr Sohn waren in der Villa nicht aufzutreiben. Dafür wimmelte es plötzlich nur so von Polizei. Ich musste verschwinden. Tja“, Kaschinski grinste gemein, „wie es aussieht, ist unsere Holländerin selbst das Opfer von Gaunern geworden ist. Die Kerle müssen die Diamanten kiloweise abgeschleppt haben. Schätze, die van Kampen hat sich die Leute mit dem Wachdienst selbst ins Haus geholt. Da wird sich die Yellow Press freuen.“ Kaschinski nahm sich einen Apfel aus der Obstschale.
Lukas wirkte, als hätte ihn ein Zug überrollt. Eben erst hatte er einen erfundenen Überfall gemeldet. Was war das? Eine selbsterfüllende Prophezeiung? In der Ferne waren erste Polizeisirenen zu hören - was ihm jetzt auch nichts mehr nutzte.
„Ich fasse es nicht, die van Kampen und ihre Gäste wurden von simplen Kriminellen überfallen? Aber was hat das mit meiner Frau und meinem Sohn zu tun? Wo sind sie? Und warum wurde ich ins Hotel zurückgebracht? Das ergibt doch alles keinen Sinn.“ Lukas war außer sich. Noch vor wenigen Minuten hatte er einen Plan gehabt und neue Zuversicht gespürt. Und schon war alles wieder in sich zusammengefallen. Die Ereignisse überstürzten sich derart, dass er sich vorkam wie eine Kugel in einem Flipperautomaten.
Kaschinski schluckte ein Stück Apfel hinunter und zuckte gleichmütig mit den Schultern: „Ich denke, einer der falschen Wachleute hat seinen Leuten gesteckt, dass Ihre Frau und der Kleine einen dicken Batzen Geld wert sind. Schätze, die Gauner haben sie mitgenommen. Im Keller habe ich einige Gäste davon reden hören, dass die Männer einen osteuropäischen Akzent hatten. Vermutlich Russen. Das ist die einzige Erklärung für das Verschwinden Ihrer Familie. Ich glaube kaum, dass ihnen die Flucht geglückt ist, sonst hätten Sie sicher schon von ihnen gehört. Das ist ein echter Witz. Die Gekidnappten werden gekidnappt! Der Teufel macht für Sie Überstunden, von Stetten. Geld zu besitzen kann auch ein Fluch sein.“
Lukas nickte. Er kämpfte gegen Wut und Verzweiflung. Der Teufel machte tatsächlich Überstunden. Immerhin löste sich dadurch ein Knoten auf: Die Beteiligung einer weiteren Gruppe erklärte die neue Forderung.
Lukas holte den Briefbogen. Wortlos reichte er ihn an Kaschinski weiter. „Sieh an, die haben sich schon bei Ihnen gemeldet. Das ging aber schnell.“ Plötzlich stutzte der Söldner. „Aber woher konnten die wissen, in welchem Hotel Sie eingecheckt hatten?“
„Ich hatte die Schlüsselkarte in der Hosentasche. Obwohl ich mich nicht erinnern kann, dass ich sie eingesteckt hatte.“
„Was werden Sie jetzt tun? Fünf Millionen sind eine Menge Zaster. Was ist mit der zweiten Forderung, dieser Akte?“ Kaschinski wedelte mit dem Blatt. „Haben Sie die? Wenn ja, brauchen Sie mich noch oder sollen wir jetzt gleich abrechnen?“
Lukas hatte seine Entscheidung bereits gefällt.
„Ich würde Sie gerne noch weiter engagieren. Ich muss nach Hause. Sie haben doch ein Flugzeug in El Prat stehen. Fliegen Sie mich jetzt gleich nach Nürnberg.“ Lukas nahm den Telefonhörer auf und wählte die Nummer seines Anschlusses.
Wieder war Lucie sofort am Apparat: „Lukas! Gibt es schon etwas Neues?“, rief sie
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