Die Akte Rosenthal - Seelenfischer-Trilogie 03
Firmenimperium herrschte.
Lukas war fast wahnsinnig vor Angst um Matti. Bilder suchten ihn heim, eines grausamer als das andere. Er sah Matti blutend in einem dunklen Raum liegen und nach seinem Vater rufen. Er sah, wie die Entführer seine Frau umbrachten und ihren Leichnam neben Matti liegen ließen. Fast wünschte er sich jetzt, dass Magali mit der van Kampen unter einer Decke steckte, dass sie und sein Sohn noch in der Villa in Barcelona wären.
Das Telefon stand vor ihm, ein Apparat ohne Seele oder Urteil, weder gut noch böse, nur ein Ding aus Kunststoff.
Zwei Stunden blieb das Telefon stumm. Stunden, in denen Lukas von sämtlichen Dämonen heimgesucht wurde.
Als das Telefon endlich läutete, wurde Lukas so sehr von Panik übermannt, dass er paradoxerweise einige Sekunden zögerte. Ausgerechnet jetzt war er allein. Lucie hatte wenige Minuten zuvor beschlossen, mit den Hunden eine Runde spazieren zu gehen.
Lukas Hand zitterte, als er das Gespräch entgegennahm.
Eine verzerrte Stimme sagte kalt: „Sie haben einen letzten Versuch, von Stetten. Ich warne sie. Noch ein Fehlschlag, und Ihre Frau stirbt und Ihr Sohn verliert ein Ohr oder einen Finger. Ihr Kleiner darf es sich aussuchen.“ Der Anrufer ließ ein böses Lachen hören.
Die Drohung des Entführers ließ alles Blut aus Lukas' Gesicht strömen. Er hielt das Telefon mit beiden Händen umklammert. „Ich will mit meiner Frau sprechen, sonst halte ich die Akte zurück“, forderte er mit verzweifelter Entschlossenheit.
Der Mann lachte schallend, als hätte ihm Lukas einen guten Witz erzählt. „Machen Sie sich nicht lächerlich“, sagte er dann gefährlich ruhig. Auf jedem einzelnen Wort schien eine weitere Drohung zu liegen.
Lukas versuchte zu insistieren, doch der Mann fiel ihm ins Wort, nannte Zeit und Ort der Übergabe und wies ihn an, sein Mobiltelefon zurück zu lassen. Dann brach er das Gespräch ab.
Lukas blieb weniger als eine Stunde. Er musste sofort los. Er nahm sich nicht einmal mehr die Zeit, Lucie eine Nachricht zu hinterlassen. Er zog die Sporttasche unter dem Küchentisch hervor und verließ das Haus.
Er fuhr direkt an der zurückkehrenden Lucie vorbei, ohne auf ihr Winken zu reagieren. Er sah sie nicht einmal.
Plötzlich schreckte ihn das Klingeln eines Mobiltelefons auf. Seines konnte es nicht sein, er hatte es wie befohlen zu Hause gelassen. Das erste, was ihm durch den Kopf schoss, war, dass Fonton ihm eines in die Tasche geschmuggelt haben könnte, um ihn jederzeit orten zu können. Er biss die Zähne zusammen, um einen Fluch zu unterdrücken. Dann merkte er selbst, wie unsinnig der Gedanke war. Warum sollte Fonton ihn dann anrufen? Außerdem klang der Ton nicht gedämpft, wie es der Fall gewesen wäre, wenn das Handy sich in der Tasche befunden hätte. Das Klingeln schien vom Beifahrersitz zu kommen. Weiter auf den dichten Feierabendverkehr achtend, tastete Lukas hektisch mit der Hand auf dem Sitz umher. Schließlich fand er das Telefon halb eingeklemmt zwischen Sitz und Rückenlehne.
„Hallo?“, schrie er atemlos hinein.
„Kleine Planänderung, von Stetten“, drang die Stimme des Entführers an sein Ohr. Er oder ein Komplize musste ihm das Handy in seinen Passat geschmuggelt haben. „Ich will keine weiteren Überraschungen erleben“, fuhr er fort und nannte Lukas einen neuen Treffpunkt: Einen verlassenen Schrottplatz im Nürnberger Westen.
Lukas besaß kein Navi und die Adresse war ihm unbekannt. Er fuhr an den Straßenrand und kramte einen zerfledderten Stadtplan aus dem Handschuhfach. Wie ursprünglich gefordert war er an der Anschlussstelle Nürnberg-Zollhaus auf die Südwesttangente aufgefahren. Das bedeutete, er musste umkehren.
Vor Aufregung hätte er dann beinahe die Ausfahrt Königshof übersehen. Er schlidderte mit quietschenden Reifen vor einem LKW auf die rechte Spur, fuhr eine Schleife und setzte seine Fahrt in der entgegengesetzten Richtung fort. Auf der gegenüberliegenden Fahrbahn fluchte Fonton laut. Er hatte Lukas' abruptem Manöver nicht rechtzeitig folgen können und verlor ihn aus den Augen.
Es war kurz vor 17:00 Uhr; der Nürnberger Berufsverkehr kam immer mehr in Fahrt und mit ihm Lukas' Befürchtung, dass er es nicht rechtzeitig zur Übergabe um 17:30 Uhr schaffen würde. Rote Ampeln, in zweiter Reihe parkende Lieferwagen und Baustellen, die jedes Frühjahr wie Pilze aus dem Boden schossen, zerrten zusätzlich zu seiner schier unerträglichen Anspannung an seinen Nerven.
Seine Uhr zeigte
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