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Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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genug? Oder zehn?«
    »Du bist unverbesserlich!« Sie schaute aus dem Fenster, als sei ihr Terminkalender dort draußen in den Himmel über dem Gerichtsgebäude geschrieben. Dann lächelte sie. »Zehn ist mir zu spät«, sagte sie. »Aber neun müsste gehen.«
    »Wunderbar. Lass uns ins Femina gehen. Und zieh ein Tanzkleid an.«
    »Dann muss ich jetzt aber wirklich los.« Sie nahm ihm die Zigarette ab für einen letzten Zug. »Bin sowieso schon viel zu spät dran.« Sie gab ihm einen Kuss und guckte böse. »Lustverzögerer!«
    Und damit drehte sie den Schlüssel. Der Hund kam herein, kaum hatte sie die Tür geöffnet.
    »Ihr beiden wartet besser noch ein bisschen«, sagte sie. »Auch wenn es schon spät ist, möchte ich nicht das Risiko eingehen, dass wir in der Burg zusammen gesehen werden.«
    »Das dürfte der Hund dir persönlich übel nehmen.«
    Sie zuckte die Achseln und ging hinaus. Er schaute ihr hinterher, nachdenklicher, als er eigentlich schauen wollte. Erst als er sah, dass der Hund ihr mit einem ähnlichen Blick nachtrauerte, musste er grinsen.
    Eine halbe Stunde später, nachdem er Kirie noch einen kleinen Spaziergang im Tiergarten gegönnt hatte, war er in der Carmerstraße, nun doch viel früher als ursprünglich geplant. Er spürte eine fast unanständig gute Laune, als er mit dem Hund die Treppe hinaufstürmte.
    »’n Abend, Bergner«, sagte er im Vorübergehen.
    »Guten Abend, Herr Rath.«
    Er genoss die Begrüßungsformel des Portiers, seit er hier eingezogen war. Klang ein bisschen wie: Guten Abend, Herr Kriminalrat . Als er mit dem Aufzug nach oben fuhr, ertappte er sich zum ersten Mal seit ewigen Zeiten wieder dabei, dass er über Titel und Beförderungen nachdachte. Vom Kriminalrat konnte er vorerst nur träumen, aber Oberkommissar, das war ein Dienstgrad, der ihm so langsam mehr als zustand. Immerhin hatte Kriminalkommissar Rath sich seit ewigen Zeiten keines Dienstvergehens mehr schuldig gemacht. Jedenfalls keines, von dem seine Vorgesetzten wussten.
    Ein Status als Ehemann und hoffentlich auch Familienvater könnte die Beförderungsaussichten jedenfalls beträchtlich erhöhen. Charlys Ja vorausgesetzt sollte er die Verlobung in der Burg möglichst bald publik machen, das konnte nicht schaden. Vielleicht könnten sie Gennat sogar als Trauzeugen gewinnen …
    Oben angekommen, pfefferte er den Hut an den Haken und ließ Kirie von der Leine. Er ging ins Wohnzimmer und öffnete eines der Fenster, zündete sich eine Zigarette an und schaute hinaus. Die frische Sommerluft und der Blick auf die Abendstimmung draußen hoben seine Laune noch mehr. Zum ersten Mal seit Langem fühlte er sich mit der Welt wieder im Reinen.
    Das Telefon klingelte, und er ging hinüber. War sie das etwa schon? Er musste sich doch auch noch in Schale werfen.
    »Apparatebau Rath, Rath am Apparat«, sagte er, bester Laune und mit schön rollendem R.
    »Hast du je in Erwägung gezogen, irgendwann vielleicht doch einmal erwachsen zu werden?«
    »Paul?«
    Paul Wittkamp war sein ältester Freund, der einzige aus seiner Kölner Zeit, der ihm noch geblieben war. Als Rath nach Berlin gezogen war, hatten sich so gut wie alle vermeintlichen Freunde von ihm abgewendet, oder eigentlich schon vorher, noch in Köln, als die Presse Jagd auf ihn machte und die Kollegen angefangen hatten, sich in der Kantine an einen anderen Tisch zu setzen; als seine Verlobte, eine gute Partie aus ebenso gutem Kölner Hause, die Verlobung gelöst hatte. Paul war ihm treu geblieben. In Berlin hatte Rath seither viele Leute kennengelernt, aber wahrscheinlich war Paul überhaupt der einzige richtige Freund, den er hatte, obwohl er ihn nur noch alle Jubeljahre einmal sah.
    »Fräulein Heller hat mir eine Notiz hingelegt, ein Herr Rath aus Berlin habe in der Firma angerufen.«
    »Ja, vor einer Ewigkeit. Ich brauche deinen Rat.«
    »Und ich hatte schon gehofft, du brauchst einen Trauzeugen. Sie ist doch wieder zurück, oder?«
    Paul hatte Charly schon kennengelernt. Eigentlich war er sogar derjenige, der Rath dringend empfohlen hatte, sie zu heiraten. Vor über zwei Jahren schon. Und seitdem kam die Frage nach der baldigen Hochzeit so ungefähr bei jedem Gespräch, das die beiden führten.
    »So schnell schießen die Preußen nicht«, sagte Rath.
    »Ist mir früher nie aufgefallen, was für ein schwerfälliger Sack du bist. Wie lange kennst du sie jetzt schon?«
    »Das weißt du doch ganz genau.« Rath war froh, dass Paul sein Grinsen nicht sehen konnte. »Und

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