Die Akte
Diese Memos waren immer im ganzen Westflügel in Umlauf und immer überaus umstritten und wurden gewöhnlich der Presse zugespielt. Weil sie keinen Urheber hatten, lagen sie auf fast jedem Schreibtisch herum. Dann brüllte und tobte Coal. Er hatte schon Leute wegen Phantom-Memos entlassen, die auf seiner eigenen Schreibmaschine entstanden waren.
Es waren vier Absätze mit einfachem Zeilenabstand auf einer Seite, eine Zusammenfassung dessen, was er über Khamel und dessen kürzlichen Abflug aus Washington wusste. Und er gab vage Hinweise auf eine Verbindung zu den Libyern und den Palästinensern. Coal bewunderte sein Memo. Wie lange würde es dauern, bis es in der Post oder der Times stand? Er schloss kleine Wetten mit sich selbst ab, welche Zeitung es zuerst bringen würde.
Der Direktor war im Weißen Haus, und von dort aus würde er nach New York fliegen und erst morgen zurückkommen. Gavin ließ sich vor dem Büro von K. O. Lewis nieder, bis dieser einen Moment Zeit hatte. Er war drinnen.
Lewis war gereizt, aber immer noch Gentleman. »Sie sehen ziemlich mitgenommen aus.«
»Ich habe gerade meinen besten Freund verloren.«
Lewis wartete auf mehr.
»Sein Name war Thomas Callahan. Er ist der Mann aus Tulane, der mir das Pelikan-Dossier mitgebracht hat; es wurde herumgereicht und dann ins Weiße Haus und wer weiß wohin sonst noch geschickt, und jetzt ist er tot. Gestern abend von einer Autobombe in New Orleans in Stücke zerfetzt. Ermordet, K. O.«
»Das tut mir leid.«
»Es geht nicht darum, ob es Ihnen leid tut oder nicht. Die Bombe war ganz offensichtlich für Callahan bestimmt und für die Studentin, die das Dossier geschrieben hat. Sie heißt Darby Shaw.«
»Ich habe ihren Namen auf dem Dossier gesehen.«
»Richtig. Sie waren zusammen aus und sollten eigentlich beide in dem Wagen sitzen, als er in die Luft ging. Aber sie hat überlebt, und heute morgen um fünf bekam ich einen Anruf von ihr. Zu Tode verängstigt.«
Lewis hörte zu, schob es aber bereits beiseite. »Sie sind nicht sicher, dass es eine Bombe war.«
»Sie hat gesagt, es wäre eine Bombe gewesen. Sie machte WUMM! und fetzte alles in Stücke. Ich bin sicher, dass er tot ist.«
»Und Sie glauben, es besteht ein Zusammenhang zwischen seinem Tod und dem Dossier?«
Gavin war Anwalt, untrainiert in der Kunst des Verhörs, und er wollte nicht leichtgläubig erscheinen. »Es wäre durchaus möglich. Ja, das glaube ich. Sie nicht?«
»Das spielt keine Rolle, Gavin. Ich habe gerade mit dem Direktor gesprochen. Pelikan steht nicht mehr auf unserer Liste. Ich weiß nicht einmal, ob es je draufgestanden hat, aber wir befassen uns nicht mehr damit.«
»Aber mein Freund wurde mit einer Autobombe ermordet.«
»Tut mir leid. Ich bin sicher, die dortigen Behörden gehen der Sache nach.«
»Hören Sie, K. O. Ich bitte Sie um einen Gefallen.«
»Hören Sie mir zu, Gavin. Ich habe keine Gefallen zu vergeben. Wir jagen ohnehin schon genug Kaninchen hinterher, und wenn der Direktor Schluss sagt, dann machen wir Schluss. Es steht Ihnen frei, mit ihm zu reden. Aber ich würde es Ihnen nicht empfehlen.«
»Vielleicht habe ich die Sache falsch angefasst. Ich dachte, Sie würden mir zuhören und wenigstens so tun, als wären Sie interessiert.«
Lewis wanderte um seinen Schreibtisch herum. »Gavin, Sie sehen schlecht aus. Nehmen Sie sich den Tag frei.«
»Nein, ich gehe in mein Büro, warte dort eine Stunde, und dann komme ich wieder her und fange von vorn an. Können wir es in einer Stunde noch einmal versuchen?«
»Nein. Voyles hat sich klar und deutlich ausgedrückt.«
»Die Frau auch, K. O. Er wurde ermordet, und sie hat sich irgendwo in New Orleans versteckt, hat Angst vor ihrem eigenen Schatten, bittet uns um Hilfe, und wir sind zu beschäftigt.«
»Tut mir leid.«
»Nein, das tut es nicht. Es ist meine Schuld. Ich hätte das verdammte Ding in den Papierkorb werfen sollen.«
»Es hat einen wichtigen Zweck erfüllt, Gavin.« Lewis legte ihm die Hand auf die Schulter, als wäre seine Zeit um und er hätte genug von diesem Geschwätz. Gavin machte sich frei und ging auf die Tür zu.
»Ja, es hat euch etwas gegeben, womit ihr herumspielen konntet. Ich hätte es verbrennen sollen.«
»Zum Verbrennen ist es zu gut, Gavin.«
»Ich gebe nicht auf. Ich bin in einer Stunde wieder da, und dann fangen wir wieder von vorn an. Diesmal ist es nicht richtig gelaufen.« Verheek knallte die Tür hinter sich ins Schloss.
Sie betrat Rubinstein Brothers von der
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