Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman
wirst deine Wunde verbinden lassen, und dann gehst du zurück zum Bergfried. Es gibt keine weiteren Nahkämpfe mit diesen Schwertzauberern. Können die Elfen den Wachraum mit dem Kreuzgewölbe einsehen?«
Michelle wollte wohl den Kopf schütteln, doch sie hielt
mitten in der Bewegung inne und machte ein schmerzverzerrtes Gesicht.
»Nein«, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Sie stehen so weit auf der Treppe, dass Schützen sie vom Wachraum aus nicht sehen können.«
Honoré lächelte. Genau das hatte er gehofft. »Du nimmst dir trotzdem hundert Schützen. Und dann wirst du Folgendes tun …«
FREMDE SCHIFFE
Es war, als wolle der Himmel selbst sie strafen. Der Sturmwind schlug ihr ins Gesicht, dass ihr die Augen tränten. Eng ins Gurtzeug gefesselt, war es Gishild unmöglich, einen Arm zu heben, um ihr Gesicht zu schützen. Ihre Kleider waren durchnässt, ihr Leib ausgekühlt. Sie zitterte nicht einmal mehr.
Auch der riesige Adler war dem Toben der Elemente hilflos ausgeliefert. Die Sturmböen warfen ihn hin und her. Manchmal sackte er tief durch, und Gishild konnte die wütende Gischt erschreckend nah unter sich sehen.
Ihren Adler schien die Kraft zu verlassen. Er lieferte sich den Elementen aus. Er versuchte nicht mehr, an Höhe zu gewinnen. Jeden Augenblick rechnete Gishild damit, dass sie in die Wellen stürzten. Und sie würde hilflos mit dem großen Vogel in den Fluten versinken. An ihn gefesselt. Unfähig, sich zu befreien …
Zwei bunt bemalte Schiffsrümpfe schnitten durch einen grauen Wellenkamm. Der Vogel machte ein unbeholfenes Manöver, um auszuweichen. Die Schwungfedern seines linken Flügels tauchten ins Wasser.
Ungläubig starrte Gishild das gewaltige Schiff an, das stampfend gegen den Sturm ankämpfte. Nie zuvor hatte sie so etwas gesehen. Zwei Rümpfe waren durch ein Deck miteinander verbunden, das größer als zwei Buhurt-Felder war. Zwei Masten erhoben sich hoch über das Deck. Die Segel an den schräg stehenden Rahen waren gerefft. Nur ein Sturmsegel war noch gesetzt, um das gewaltige Schiff manövrierfähig zu halten.
Seitlich aus den Rümpfen stachen Stangen, dick wie Baumstämme hervor. Gishild konnte sich nicht erklären, welchen Nutzen diese merkwürdige Konstruktion haben sollte. Womöglich war sie dazu gedacht, feindliche Schiffe davon abzuhalten, bei einem Entermanöver längsseits zu gehen.
Auf jedem der beiden Rümpfe gab es drei große Frachtluken, die voll geöffnet wohl eine ganze Kutsche samt Pferdegespann hätten aufnehmen können. Jetzt erst vermochte sie die Größe des Schiffes richtig abzuschätzen. Es musste über siebzig Schritt lang sein, größer als selbst die mächtigen Galeassen der Ordensflotten.
Und dann sah sie noch ein Schiff und noch eines, als sie über den nächsten Wellenkamm hinwegblicken konnte. Mehrere kleinere Schiffe begleiteten die mächtigen Schlachtschiffe, so wie Pockenbeißer die Wale in den Fjorden begleiteten, um die Meeresgiganten von lästigem Ungeziefer zu säubern.
Gishild sah auch die schwarzen, muschelverkrusteten Felsriffe, die zwischen den Schiffen durch die graue See stachen. Die Flotte musste im Sturm in gefährliches Fahrwasser abgetrieben sein.
Ihr Adler stemmte sich mit aller Kraft gegen den Sturm und hielt nun auf die Steuerbordseite des großen Schiffes zu. Gischt sprühte der Prinzessin ins Gesicht, so dicht flog er über die Wellenkämme hinweg. Sie schmeckte salziges Meerwasser auf ihren Lippen.
Der Adler spreizte die Flügel. Jetzt begriff Gishild, was es mit den Stangen am Schiffsrumpf auf sich hatte. Sie waren dort, damit die Vögel besser landen konnten.
Der Raubvogel streckte seine Fänge vor. Eine Böe ergriff ihn, und gleichzeitig hob sich der Schiffsrumpf. Der Adler stieß ein klägliches Krächzen aus. Die Landestange schlug gegen seinen linken Flügel. Er wurde über die Reling auf das Hauptdeck geschleudert.
Gishild schlug mit dem Gesicht hart auf die Planken. Der Adler wirbelte herum und prallte vor den Mast. Um sie herum waren Elfen, die versuchten, den kläglich mit den Flügeln schlagenden Vogel zu beruhigen.
Gishild war ganz benommen. Sie spürte warmes Blut über ihre Wange rinnen. Schwer lastete der Leib des Vogels auf ihr. Sie hing verdreht im Gurtzeug, unfähig, auch nur ein Glied zu rühren.
Kalter Regen spülte über ihr Gesicht.
Jemand redete auf sie ein und streichelte über ihren Arm. Der tobende Sturm verschlang die Worte des Elfen.
Große Haken wurden am Gurtzeug
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