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Die Albertis: Roman (German Edition)

Die Albertis: Roman (German Edition)

Titel: Die Albertis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Pfannenschmidt
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«Entschuldigung, Frau Mommsen, entschuldigen Sie.»
    «Schon gut. Machen Sie weiter, Nicole.»
    Feiner Nagelstaub rieselte friedlich auf den mintfarbenen Teppichboden. «... also, er ist ihnen nach, auf der Autobahn, A i ... hinterher, sie haben ihn nicht bemerkt, und dann hat er sie eingeholt und ist mit hundert Sachen oder so in sie rein.»
    «In sie rein?»
    «Gerammt!«
    «Und dann?»
    «Na, sie ist natürlich sofort ausgezogen!», erklärte Nicole triumphierend.
    «Zu dem Neuen.»
    «Na, der hat sie doch verlassen! Das ist es doch. Der feige Hund. Hat's mit der Angst gekriegt. Vor seinem Chef. Wollte Karriere machen. Und bums, das Gegenteil ist der Fall.»
    Man hörte nur das Raspeln der Feile. Die Frauen hingen ihren Gedanken nach. Nicole dachte: Was für ein Superbüro. So weit müsste man es als Frau mal bringen. Sitzt die Mommsen hier am helllichten Tag auf der Arbeit und lässt sich die Finger maniküren. Und keiner sagt was. Das sollte unsereiner Mal! Na ja, vornehme Bank. Und wenn man dann noch so einen Posten hat wie die Mommsen, Privatkundenbetreuerin, Prokura ... von der müsste ich mich mal betreuen lassen. Aber die nehmen ja nur Leute ab dreihunderttausend, hat die Mommsen doch mal erzählt, oder war es eine halbe Million? Wenn ich mich mal selbständig mache, und Kurti findet ja, ich wäre super dazu geeignet, der hat gut reden, ist siebenundzwanzig und immer noch Autoverkäufer bei Porsche und wird es bestimmt nie zu einem eigenen Laden bringen, ist eben nur ein Quatscher, aber gut im Bett, wenn ich mich selbständig mache eines Tages, und das will ich!, dann frage ich Frau Mommsen! Die kann mir Super-Connections machen, die ist ja auch für Gründungsdarlehen und so 'n Kram zuständig, die bringt Leute an die Börse, die auch kein Geld haben, sondern nur Ideen. Ach, ich möchte, dass mein Leben glänzt. Irgendwann ...
    Ebba dachte: Wie primitiv Männer doch sind! Rammen statt reden. Wie in der Steinzeit. Nichts hat sich geändert. Manchmal konnte man es mit der Angst kriegen. Wie gut, dass ich unabhängig von den Männern bin. Aber bin ich es wirklich? Meine große Liebe habe ich hinter mir. Stefan. Verheiratet. Geschieden. Trotzdem nicht mehr mit mir zusammen. War schon richtig, dass ich Schluss gemacht habe. Das war nichts: eine Frau ab Abruf sein. Das Verhältnis geben. Damals war ich noch die kleine Schaltermaus. Er hat mich ausgenutzt. Aber ich ihn auch. Diesen Job hier, meinen Traumjob, habe ich schließlich ihm zu verdanken. Kurzes Gespräch mit dem Vorstand, ratzfatz, und ich saß in diesem alten Gemäuer. Wie viel Ehrfurcht ich anfangs hatte vor alledem hier. Wie schnell man sich an das Schöne gewöhnt. Wie selbstverständlich mir alles geworden ist: die Karriere, die Macht, das Geld. Ist doch alles Unsinn von wegen hochschlafen. Man kann sich helfen lassen. Man muss sich helfen lassen. Man braucht Förderer im Leben. Aber beweisen muss man sich dann selbst. Wie oft hatten die Säcke an ihrem Stuhl gesägt. Die lieben Kollegenmänner. Aber ich habe mich gewehrt, ich habe durchgehalten. Jetzt habe ich das Sagen in dieser Abteilung. Und so wird's bleiben. Auf alles andere pfeif ich. Ehe, Kinder, Haus und Küche. Das fehlte mir noch! Bloß nicht. Wie schön, wenn man abends nach Hause kommt, und da hockt keiner, der was will und sich beklagt und einen kontrolliert und ein schlechtes Gewissen macht. Zur Unabhängigkeit gehört Mut. Den habe ich von zu Hause mitgekriegt. Das hat man mir eingeprügelt. Stelle dich auf dein Leid und du wirst größer. Nichts kann mir heute mehr wehtun und schon gar nicht ein Mann. Na ja, Steven ... das war gefährlich. Hockt jetzt drüben in New York und tobt an der Börse rum und denkt jede freie Minute an mich, und wenn der Krankenwagen ihn nach seinem ersten Herzinfarkt mit Geheule ins Krankenhaus düst, wird er seine blauen Lippen zu einem Wort formen, das keiner versteht und das man kaum hören kann: Mutzifutzi. Dass ich nicht lache. Ich bin doch kein Mutzifutzi. Steven ist schon ein toller Mann, trotz allem. Wie ich mir damals extra das Käfer-Cabrio gekauft habe, um ihn am Flughafen abzuholen, weil er Käfer-Cabrios so liebte. Wie ich auf den Beifahrersitz den weißen Kaschmirrollkragenpullover gelegt habe, weil es so kalt war in Hamburg, achthundert Mark, und wie er ihn gleich übergezogen hat und wir in meiner alten Dachwohnung vor dem Kamin geknutscht haben. Küssen konnte er. Und das andere auch. Wie gut er aussah! Seine Zähne, sein Körper: Irre!

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