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Die Albertis: Roman (German Edition)

Die Albertis: Roman (German Edition)

Titel: Die Albertis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Pfannenschmidt
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Badezimmer in einen süßen, schweren Duft nach Mandelblüten tauchte.
    «Es riecht nach Frühling», jauchzte Anne, als sie in die Badewanne stieg, «herrlich! Und das Wasser hat genau die richtige Temperatur!»
    «Wie immer!», meinte Ebba selbstbewusst. Sie war in der Tür stehen geblieben.»
    «Pass auf, du badest, ich donnere schnell die Sachen in meine Koffer.»
    Nach einer Viertelstunde kam sie zurück, zwei brennende Zigaretten und zwei kleine Aschenbecher in den Händen. Sie steckte eine der Zigaretten ihrer Freundin zwischen die Lippen und strich ihr dabei beiläufig und zärtlich über die Wange. Dann machte sie es sich mit hochgezogenen Beinen im Korbstuhl gemütlich. Anne fragte sie aus, wie es ihr in der letzten Zeit ergangen war. Ebba berichtete. Von der Arbeit, von ihren Reisen, von ihrer Untermieterin, von Kollegen und Nachbarn und Bekannten, sprach über ihre Pläne für das neue Jahr, über Gott und die Welt, nur nicht über sich.
    Anne drückte ihre Zigarette in dem Aschenbecher aus, den Ebba auf dem Rand der Badewanne platziert hatte. «Ebba: Ich will was von dir wissen!»
    «Wieso? Ich erzähle doch gerade alles.»
    «Du hast vorhin in der Küche gesagt: Ich war bockig.» «Verstehe ich nicht.»
    «Du verstehst mich ganz genau.»
    Ebba machte ihre Zigarette auch aus und trank einen Schluck Wein, ehe sie antwortete. «Ach weißt du ... müssen wir noch darüber reden?»
    «Natürlich müssen wir das.»
    «Bist du so blöd? Du kennst mich doch. Du weißt doch, wie ich ticke.»
    Anne schüttelte den Kopf, bildete mit ihren Händen eine Schale, ließ Wasser hineinlaufen und goss es sich über das Gesicht. «Du lässt doch nie was raus. Du lässt doch immer mich reden. Warum bist du sauer auf mich?»
    Ebba zögerte: «Ich bin nicht sauer auf dich ... es ist nur so ...» Sie machte eine lange Pause.
    Anne ließ ihre Freundin nicht aus den Augen.
    «Na ja», fuhr Ebba fort. «... ich denke halt: Unsere Freundschaft funktioniert all die Jahre doch so gut, weil jeder von uns seinen festen Platz darin hat. Ich bin die toughe Tante, du die brave Familienziege, ich bin ruppig und direkt, du ehrlich und rücksichtsvoll und lieb ...»
    «Und ich habe dich benutzen wollen.»
    «Das ist es nicht. Schau, Anne: Als das anfing mit deinem Paul, und als ich merkte, es wird ernst, da habe ich es mit der Angst gekriegt, Vielleicht weil ich fürchtete, unsere Freundschaft würde aus dem Ruder laufen ...»
    «Was ja auch passiert ist.»
    «Ich hatte einfach die Befürchtung: unser System – nennen wir es mal so – würde sich verändern. Wahrscheinlich wird es das auch.» Sie lachte auf. «Nicht nur du hast Angst, Darling. Ich auch. Ich habe Angst, wenn ich jetzt mal ganz ehrlich bin: dass du dich emanzipierst, mir gegenüber. Dass du mir meine Rolle streitig machst. Dass du mir verloren gehst. Als Freundin an Paul. Und dann auch: als mein Vorbild.»
    «Dein Vorbild?» Anne riss die Augen auf. «Ich bin dein Vorbild? Was ist das denn für ein Quatsch?»
    «Ach, Scheiße, Mensch: Ich liebe dich doch als meine Freundin, die all das hat, was ich auch gerne hätte. Einen treuen Ehemann, Kinder, eine intakte Familie. Ich war enttäuscht. Enttäuscht, verärgert, was weiß ich: dass du mir das nimmst, diese Illusion, es gäbe sie doch noch, die heile Welt. Dass du dich veränderst. Dass wir uns verändern, unsere Freundschaft sich ändert. Dass alles in die Grütze geht.» Sie hörte auf zu reden und versenkte ihren Blick im Weinglas.
    Anne war vollkommen überrascht. So hatte sie Ebba noch nie reden hören.
    «Ja!» Ebba sah Anne an. «Guck mich an, wie ich hier sitze, am vorvorletzten Tag des Jahres, eine allein lebende Frau, die nie zugeben will, wie beschissen kitschig und romantisch sie in Wahrheit ist, die nie ihre Gefühle zeigen will, die geborene Kämpferin, die immer härter wird. Weil ich alles habe. Und mir so furchtbar vieles fehlt.»
    Anne hätte ihre Freundin am liebsten in den Arm genommen. Aber sie tat es nicht und hörte weiter zu.
    Fast schrie Ebba es heraus, ihre Stimme wurde laut: «Ich bin eifersüchtig, verdammt, ich bin neidisch. Ich hab dich gehasst. Und mehr noch: mich.» Sie sprach leise weiter: «Ich habe gedacht, die hat doch alles, jetzt kriegt die auch noch ihren Traummann, setzt alles aufs Spiel, hat diesen Mut, von dem ich glaubte, nur ich hätte ihn für mich gepachtet, es waren alles so seltsame Gefühle, alles durcheinander, deshalb bin ich auf Abstand gegangen. Es lag nicht an dir, Anne,

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