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Die Albertis: Roman (German Edition)

Die Albertis: Roman (German Edition)

Titel: Die Albertis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Pfannenschmidt
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das verstand sie. Anne ging in die Küche zurück. Luis trank aus einer Literflasche Cola. Normalerweise hätte sie gesagt: «Es gibt Gläser!», aber jetzt schwieg sie, ließ ihn gewähren, setzte sich wieder an den Tisch.
    Edward ergriff als Erster das Wort. «Er beruhigt sich wieder.»
    «Ich weiß.»
    «Obwohl er Recht hat.»
    Sie nickte.
    «Da bist du ja ganz schön durch die Hölle gegangen, oder?»
    Sie nickte wieder.
    «Und Sybille?», fuhr er fort. «Und Anuschka und Laura? Was sagen die?»
    «Ich weiß es nicht, Edward», antwortete sie wahrheitsgemäß. «Frag mich nicht. Ich habe keine Ahnung!»
    Edwards analytischer Charakterzug obsiegte, er begann die ganze Geschichte und alle Beteiligten in Einzelteile zu zerlegen und ihr eine Frage nach der anderen zu stellen, unter dem Gesichtspunkt der Berechenbarkeit: Was war, wissen wir, was kommt, wollen wir steuern können. Bisher war ihr Edwards rationale Art immer etwas unheimlich und fremd gewesen. Aber offenbar war er doch nicht so cool, wie Anne immer gedacht hatte, im Gegenteil, seine nüchterne Distanz half ihr, sich ihm anzuvertrauen. Sie diskutierte und redete fast die ganze Nacht hindurch mit Edward, Luis saß stumm und gedankenversunken daneben. Sie wurden nur von Pauls kurzem Anruf unterbrochen. Schließlich, gegen drei Uhr morgens, schlief Luis am Küchentisch ein. Und auch Anne merkte, wie müde sie war. Der Aschenbecher quoll über. So viel hatte sie seit Jahren nicht mehr geraucht. Edward gab das Familienoberhaupt, er schickte Anne ins Badezimmer, trug den schlafenden Luis ins Bett, räumte die Küche auf, löschte überall das Licht und legte sich schließlich auch hin. Wie gut, dachte Anne, dass ich einen großen, vernünftigen Sohn habe. Wenn man schon selber nicht groß und vernünftig ist. Das war ihr letzter Gedanke, dann schlief sie ein, und morgen ist wieder ein anderer Tag ...

KAPITEL 8
    Besuch von einem anderen Stern
    Nun also zu Annes Eltern. Sie hatten ihren Besuch in Hamburg angekündigt. Es war bereits März, doch noch immer winterkalt. Kein Hauch von Frühling. Unglaublich viel war in der Zwischenzeit passiert.
    Nachdem es geheißen hatte, Wolf würde nur zwei Tage im Krankenhaus bleiben und dann nach Hause zurückkommen, hatte ihm sein Arzt vorgeschlagen, zunächst eine dreiwöchige Kur zu machen. Wolf stimmte sofort zu. Eine Unruhe, ja fast Angst hatte ihn bei dem Gedanken ergriffen, mit Anne und seinen Söhnen wieder unter einem Dach zu wohnen, so als wäre nichts passiert. Er entschied sich nach einigem Hin und Her für eine Kur im verschneiten Schwarzwald. Edward hatte ihn mit dem Volvo hingefahren. Nachher wollte Anne genau wissen, wie es gewesen sei, was Wolf gesagt habe, was für Gespräche die beiden geführt hätten, aber Edward gab sich bedeckt. «Regelt eure Sachen unter euch!», hatte er nur knapp erklärt, und damit war der Fall für ihn erledigt. Anne schrieb Wolf einen langen Brief. Er schrieb nicht zurück. Ein paar Mal telefonierten sie zusammen. Es waren seltsame Gespräche. Er erzählte vom Essen, von den Anwendungen, von den Gästen in der Pension, in der er untergebracht war. Lauter banale Dinge tauschten sie aus, er erkundigte sich nach Edward, Pavel und Luis, bat darum, dass sie ihm seine Post nachschicken solle und einen Pullover. Sie mieden das Thema Trennung, sprachen kein Wort über die Krise, der Name Paul fiel nicht einmal. Anne wusste, dass Paul ebenfalls einen Brief an Wolf geschrieben hatte und dass Wolf auch darauf nicht geantwortet hatte.
    Kurz vor dem Ende der Kur überraschte er sie mit der Nachricht, dass er ausziehen würde. Ein Freund von ihm, der Journalist war bei einer Zeitschrift, für die Wolf früher gezeichnet hatte, und den Anne kaum kannte, hatte Wolf ein Apartment am anderen Ende der Stadt besorgt. Als Wolf nach Hause zurückkehrte, wohnte er noch für eine Woche bei ihnen. Es herrschte eine fremde und kühle Atmosphäre. Sie kam an ihn nicht mehr heran. Auch gegenüber seinen Söhnen war er eigenartig verschlossen. Zwei-, dreimal versuchte Anne, ein Gespräch mit ihm zu führen, doch er wiegelte ab, stellte nur knapp die Frage, ob sie Paul weiterhin sehen würde, was sie bejahen musste. Damit war die Sache, so schien es, für ihn abgeschlossen. Komisch, dachte sie, er kämpft nicht, aber natürlich wollte auch sie keinen Neustart oder eine Trennung auf Probe. Sie liebte ihn nicht mehr. Sie liebte Paul. Punkt. Aus.
    Alle drei Söhne halfen ihm beim Umzug. Luis kam dabei am besten

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