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Die Albertis: Roman (German Edition)

Die Albertis: Roman (German Edition)

Titel: Die Albertis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Pfannenschmidt
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ihre Eltern abholte. Ebba wünschte ein paar Dinge mit ihm zu regeln, hatte sie ihm, nach Rücksprache mit Anne, gesagt, Dinge, die keinen Aufschub duldeten. Und tatsächlich gab es ein paar tausend Mark, die auf dem Girokonto lagen und die man Ebba zufolge in Blue Chips anlegen könne. Während seines Termins gingen Anne und ihre Mutter shoppen. Danach trafen sie sich im Grill des Vier Jahreszeiten. Seit jener Nacht mit Paul liebte Anne das Hotel. Bewusst hatte sie dieses Restaurant ausgewählt, und, obwohl ihr Vater es völlig übertrieben fand, darauf bestanden, dorthin zu gehen. Sie waren, bis auf zwei amerikanische Geschäftsleute, die einzigen Gäste.
    «Scheint nicht sehr beliebt zu sein!», konstatierte Annes Vater und sah sich in dem Restaurant, das im Stil der zwanziger Jahre eingerichtet war, um. «Dein Nobelschuppen!» Wurzelholzgetäfelte Wände, eine gekalkte Decke, mit strengen, graphischen Streifen, Sternen und Blättern stuckatiert; zweistöckige, runde Deckenlampen aus Milchglas, gefasst in blankes Messing; entlang den Wänden Sitzbänke, ebenso wie die halbrunden Walnussholzstühle mit anthrazitfarbener Rohseide bespannt, eine Galerie, eingefasst mit einer Brüstung aus Messing, die an einen Luxusliner erinnerte, Palmen, Orchideen und Callas in silbernen Röhrenvasen, schließlich die bodenlangen Gardinen in blassem Weiß vor großen Fenstern, die den Blick freigaben auf die Alster und das Stadtpanorama: Alles an diesem Platz strahlte eine perfekte Harmonie aus, ja, die Gegenstände schienen in Freundschaft zueinander zu stehen. Doch Anne und ihre Eltern waren so miteinander beschäftigt, dass sie nichts davon spürten oder bemerkten.
    «Es ist ja auch erst halb zwölf», erklärte Anne. «Normale Leute essen nicht so früh zu Mittag.»
    «Normale Leute, normale Leute. Normale Leute interessieren mich nicht.» Zu Annes Entsetzen zog er seine Anzugjacke aus. Man sah seine schmalen grauen, straff anliegenden Hosenträger, die das Oberhemd gegen den mageren Oberkörper drückten. «Oder willst du damit sagen, wir wären nicht normal?»
    Das Fach Unsachlichkeit beherrscht er perfekt, dachte Anne, fängt ja gut an.
    Der Oberkellner, Herr Nährig, ein reizender Österreicher, der jedem das Gefühl gab, Stammgast zu sein, eilte an den Tisch: «Wenn Sie erlauben, Herr Doktor ...» Das wiederum gefiel Ernst Hofmann. Lehrer, Oberstudienrat, Schulleiter zum Doktor hatte es nie gereicht. Er empfand das als Makel, denn wenn einer das Zeug zum Doktor gehabt hätte, dann er.
    Flott hatte Herr Nährig die Jacke am Kragen: «Ich darf das auf einen Bügel hängen?»
    «Sehr freundlich!», antwortete Annes Vater jovial.
    «Wir hätten gerne ein großes Wasser!», bat Anne.
    «Gerne, gnädige Frau!» Der Oberkellner ging.
    «Wasser! Ich trinke kein Wasser!», grummelte Ernst Hofmann. «Wer trinkt denn Wasser zum Essen?»
    «Ich!», erwiderte seine Tochter und klappte die Speisekarte auf.
    «Du kannst doch nachher ein schönes Bier trinken!», sagte Annes Mutter und legte wie zur Versöhnung ihre Hand auf seinen Unterarm. Schön, dachte Anne: Alles was mit Essen und Trinken und überhaupt dem Alltag zu tun hatte, war schön bei ihr, es gab von jeher sonntags schönen Schweinebraten, eine Suppe konnte ebenso schön sein wie Spargel, Erdbeeren, Grünkohl, Brot, Käse oder Wein. Ausflüge waren schön, das Fernsehen war schön, es konnte schön ordentlich regnen, und selbst die Malesche, die sich ereignete, war eine schöne Malesche. Sie liebte das Schöne, alles sollte schön sein, und wenn sie sich auch nur die Dinge schön redete. Doris Hofmann trug ein schönes Kleid, weiß mit Veilchensträußchen überstreut, ihren Lieblingsblumen. Im Märzsonnenlicht, das durch die Fenster hereinstrahlte, bemerkte Anne, wie stark ihre Mutter geschminkt war. Pinkfarbenes Rouge lag auf ihren runden Wangen, ihr Lippenstift war pink, der Lack ihrer Fingernägel ebenso. Selbst ihr Parfüm war so süß und schwer, dass Anne das Gefühl hatte, sie röche die Farbe Pink.
    Der Oberkellner kehrte zurück und schenkte Wasser ein. Ernst Hofmann winkte ab: «Ich hätte gerne ein Bier.»
    «Gern, Herr Doktor.» Der Oberkellner sah Doris Hofmann fragend an. «Für Sie, gnä' Frau?»
    «Einen Schoppen Wein. Weißwein. Nicht zu trocken, lieber etwas süßer ...»
    «Haben Sie Aragosta?», fragte Anne.
    Er bejahte und wollte die Weinkarte holen. Doch Anne winkte ab und bestellte eine Flasche Aragosta.
    Annes Vater guckte verwundert: «Willst du

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