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Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
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hatte innezuhalten, war er fortgefahren, offenbar berauscht von der Wirkung seiner Worte.
    »Zunächst begannen wir, Patienten mit jungen Tieren zu behandeln, die wir aufschnitten und auf gelähmte Glieder und Geschwüre legten. So wie man es bereits in der Antike praktiziert hat. Als die Ergebnisse hinter den Erwartungen zurücklagen, versuchten wir es mit dem Atem junger Mädchen. Schon der alte Grieche Hermippus lehrte, dass man sich mit kleinen unschuldigen Mädchen umgeben und von ihnen anhauchen lassen solle, um seine Lebenskraft zu erhalten und zu stärken. Und erst das Blut …« Vogt hatte in die Ferne geblickt, hinauf in den Nachthimmel, und seine Augen schienen auf einmal mit den Sternen wetteifern zu wollen. »Während die Ärzte hier, in Frankreich und überall auf der Welt den Menschen ihren Lebenssaft aus den Adern pumpen, um all das Gift aus dem Körper hinauszupressen, während man sich noch damit rühmt, die absonderlichsten Leiden mit diesem barbarischen Relikt vergangener Zeiten zu heilen, haben wir entdeckt, dass es genau das Gegenteil ist, was die Menschen verjüngt.« Er hatte sich Hufeland zugewandt und ihn angesehen, abwartend. Der aber schwieg.
    »Die Entgiftung des Körpers muss auf anderem Wege vorgenommen |128| werden, durch Erbrechen oder Darmentleerung. Nicht aber durch das kostbare Blut«, fuhr Vogt schließlich fort. »Um die Lebenskraft wahrhaftig zu stärken, ist es notwendig, jungen gesunden Körpern frisches Blut zu entnehmen und es dem Erkrankten über kleine Röhrchen zuzuführen.«
    »Erspare mir die Details.« Hufeland hatte sich angewidert abgewandt. Die Wissenschaft in Ehren, aber das ging zu weit. Wollte man etwa mit der Vermengung des Lebenssaftes Gott spielen? War es nicht wider die Natur, eine verlöschende Flamme mit fremder Kraft neu zu entfachen? Dann war ihm ein Gedanke gekommen. »Und das Minchen? War das Minchen Teil eurer Experimente?«
    »Ja. Aber sie tat es aus freien Stücken und wurde dafür entlohnt!«
    »Womit? Mit einem Balg?«
    Vogt hatte ihn zunächst erstaunt angesehen, dann erschrocken. »Nein, das kannst du nicht ernst meinen, Christoph. Ich bin Wissenschaftler, kein Mädchenschänder. Was immer dem Minchen oder anderen zugestoßen ist, ich habe nichts damit zutun.«
    »Du nicht. Aber vielleicht Albert Steinhäuser oder Ludwig Gerstel?«
    Hufeland hatte nicht weiter nachgefragt an jenem Abend, der Schrecken saß zu tief. Nun aber konnte er den Gedanken daran nicht loslassen. Beinahe ärgerte es ihn. Seine Neugierde und sein Gerechtigkeitssinn würden ihn noch ins Unglück stürzen. Doch er wusste, er würde nicht ruhen können, bis Licht in die Sache gebracht wäre. Und er sollte es jetzt tun, noch vor der Vorlesung von Christian Gottfried Gruner, dem Professor für Medizintheorie, zu der auch Vogt gehen würde.
    Er hatte sich dazu entschlossen, Vogt auf dem Weg zur Vorlesung abzupassen, und eilte zum Haus der Familie Trautmann, in dem der Kommilitone untergebracht war und das nur eine Straße von seiner Unterkunft entfernt lag. Auf den Stufen vor dem Eingang fand er Minchen, die einer trächtigen Katze eine Schale dünner Milch hinstellte und ihr sanft über den Rücken strich. Ihm fiel auf, dass sie die Haare anders trug. Nicht in geflochtenen Zöpfen, |129| sondern hochgesteckt, mit kleinen Schlangenlocken, die zu beiden Seiten des Gesichts hinabfielen.
    Sie bemerkte seinen Blick, sah auf und errötete.
    »Hallo Minchen.«
    »Hallo Christoph.«
    »Ich suche Johann Vogt«, sagte er und kam sich furchtbar ungeschickt vor. Er hätte sich nach ihrem Befinden erkunden sollen, doch ihm fehlten die Worte.
    »Er ist in seiner Kammer.«
    Natürlich. Hufelands Herz pochte. Einen kurzen Moment erwog er, sich zu ihr zu setzen. Doch er nickte kurz und trat an ihr vorbei ins Haus, durch einen dunklen kalten Korridor, die abgewetzte Holztreppe hinauf.
    Auf dem Absatz zur Dachkammer kam ihm Vogt entgegen. Erstaunt, beinahe erschrocken blickte er ihn an. »Lass mich in Ruhe«, sagte er dann gefasst und wollte an ihm vorbei, doch der Aufgang war eng, und Hufeland wich nicht zur Seite.
    Seit jenem Abend waren sie sich aus dem Weg gegangen, hatten keine drei Worte miteinander gesprochen. Vogt schien es ihm übelzunehmen, dass er seine Aufforderung, der Verbindung beizutreten, abgelehnt hatte. Vielleicht war ihm auch die Vertrautheit, die an diesem Abend zwischen ihnen geherrscht hatte, unangenehm aufgestoßen und er hatte sich daran erinnert, dass er in Hufeland einen

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