Die Alchemie der Naehe
sagtest du.
»Nein, überhaupt nicht. Ehrlich gesagt war ich das noch nie. Aber er war gut im Bett. AuÃerdem hat er mich überallhin mitgenommen und mir gekauft, was ich wollte. Er hatte auch ein paar interessante Freunde. Mit einem davon hatte ich mal was, und wenn ich behaupten würde, es hätte mir nicht gefallen, wäre das gelogen. Einmal habe ich es, glaube ich, auch mit einer Freundin von ihm gemacht. Vielleicht waren wir sogar zu dritt, genau weià ich das nicht mehr, dafür war ich viel zu betrunken. Aber ich war bestimmt gut.«
Diese Worte verletzten dich tief. Sie waren so krass und brutal im Vergleich zu der niedlichen Ausstrahlung, die Selvaggia noch kurz zuvor gehabt hatte. War sie tatsächlich bislang nie in jemanden verliebt gewesen? Und dann hatte sie auch noch Sex mit einer Frau gehabt ⦠Schluck! Du hast geschwiegen und versucht, diese verwirrenden Enthüllungen zu verarbeiten.
»Aber von flüchtigen Abenteuern mal abgesehen â¦Â« Wieder musstest du nachhaken. »Bist du wirklich nie verliebt gewesen?«
Sie dachte nach und bemerkte dann zynisch: »Im Grunde liebt man doch niemals wirklich. Man tut nur so.«
»Wie kannst du so etwas sagen? Ich war durchaus schon verliebt, und wie!«
Sie setzte eine so überraschte Miene auf, als hätte sie sich verhört und hielte dich für einen Angeber.
»Du hast mich vorschnell für einen One-Night-Stand-Typen gehalten«, hast du protestiert und dich gezwungen zu grinsen.
Deine Schwester sagte nichts darauf. Inzwischen hattest du das Becken ebenfalls verlassen und nahmst neben ihr Platz, lieÃt sie nicht aus den Augen.
»Und wie war das?«, fragte sie, wandte den Blick ab und versenkte ihn im Pool: Der Widerschein, der vom Wasser ausging, verlieh ihrem Gesicht einen opalisierenden Schimmer.
»Schön. Erfüllend«, sagtest du.
»Mit anderen Worten, es hat Spaà gemacht.«
»Du hast eine merkwürdige Auffassung von Sex, weiÃt du das?«
»Die habe ich von unserer Mutter übernommen. Ich habe dir doch erzählt, dass wir ein etwas ausschweifendes Leben führen.«
»Nein, ich finde nicht, dass du genauso bist wie sie.«
»Ach ja? Und was siehst du dann in mir?«
Einen nicht enden wollenden Moment lang kam es dir so vor, als bliebe die Zeit stehen und die Welt hörte auf, sich zu drehen, damit du ihren Blick festhalten konntest, während du dich bemühtest, die ernsthafteste Frage zu beantworten, die sie dir bis dahin gestellt hatte.
»Eine Art desillusionierten Engel.«
Du wähltest deine Worte mit Bedacht. Selvaggia reagierte nicht darauf, deshalb hast du die Hand ausgestreckt und ihr damit übers Haar gestrichen.
»Und sonst?«, fragtest du weiter. »Gab es sonst noch jemanden?«
»Ja, mehrere. Aber nicht immer kam es zu Sex.«
Daraufhin hast du innerlich erleichtert aufgeseufzt.
»Und du? Wen gab es bei dir?«
So, jetzt warst du an der Reihe. Während du erzähltest, gingt ihr erneut ins Haus und trenntet euch für wenige Minuten, um euch abzutrocknen und so. Sie stellte den Fön auf die höchste Stufe, damit der Lärm sie daran hinderte, an das zu denken, was sie dir gerade eben anvertraut hatte: Das hast du dir zumindest eingebildet.
»Von den flüchtigen Abenteuern und den weniger ernsten Geschichten einmal abgesehen«, sagtest du und kamst endlich ins Zelt, »gab es vor allem ein Mädchen, in das ich richtig verliebt war. Sie war blond, hatte lange Haare und grüne Augen. Ich glaube, unsere Beziehung war ziemlich stabil. Aber sie hatte etwas an sich, das ich nie richtig begriffen habe und das mich ehrlich gesagt etwas beunruhigt hat: Sie war nie beleidigt, hat mich nie kritisiert, wurde nie wütend. Unglaublich!«
»Mit anderen Worten, sie war eine Null«, murmelte Selvaggia in einem verächtlichen, spöttischen Tonfall.
»Ja, ja, das schon«, sagtest du und kehrtest auf den Boden der Tatsachen zurück. »Deshalb ist es auch schiefgegangen. Du kennst das ja.«
»Allerdings.«
Ihr schwiegt einvernehmlich. Du hast dich neben ihr ausgestreckt und sie umarmt, dann hast du ihren noch nassen Zopf gelöst. Es gefiel dir, ihre Haare zu spüren, ihre Seidigkeit zu liebkosen.
»Und dieser Tommaso?«, fragtest du. »Hat er irgendwann gemerkt, dass du ihn gar nicht liebst?«
»Hör auf damit, Johnny! Ich will nicht darüber
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