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Die Alchemie der Naehe

Die Alchemie der Naehe

Titel: Die Alchemie der Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaia Coltorti
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reden.«
    Â»Entschuldige«, hast du gesagt und sie zur Wiedergutma chung auf den Scheitel geküsst. Zurück blieb ein Meer an Fragen: Wie lange waren sie zusammen gewesen? Hatte sie Liebeskummer gehabt? Hatte er sie betrogen oder schlecht behandelt? War sie einverstanden gewesen, als sie das erste Mal miteinander vögelten? Wenn er sie dazu gezwungen, ja ihr auch nur ein Haar gekrümmt hatte, wärst du glatt in der Lage gewesen, nach Genau zu fahren, ihn ausfindig zu machen und so lange auf ihn einzuprügeln, bis er halb tot am Boden lag: Niemand durfte es wagen, deiner Schwester wehzutun.
    Da begann sie, deinen Körper mit ihrem Blick zu erforschen, jeden Zentimeter deiner Arme zu mustern – und da du nur eine Boxershorts trugst, auch deine Beine. Daraufhin legte sie sich auf dich, um deinen Rücken unter die Lupe zu nehmen.
    Â»Was machst du da?«, sagtest du lachend im Halbdunkel und spürtest ihr Fliegengewicht auf dir.
    Â»Ich suche nach einer Tätowierung«, gab sie zurück, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt.
    Â»Ich habe keine. Ich stehe nicht auf so was, außerdem ist es schmerzhaft.« Dann hast du das Thema gewechselt. »Erzähl mir von Mama! Wie ist sie so? Was ist sie eigentlich für ein Mensch?«
    Selvaggia schüttelte den Kopf. »Normalerweise wechselt sie alle zwei Monate den Freund, und der Typ, der als Nächstes kommt, ist immer noch seltsamer als sein Vorgänger. Schön ist das nicht. Einmal ist einer aufgetaucht, den ich nicht kannte, mit dem sie sich aber angeblich prima verstand. Und einmal bin ich auf einen Wildfremden gestoßen, der sich im Bad rasiert hat. Eine erbärmliche Szene.«
    Â»So habe ich mir Mama eigentlich nicht vorgestellt«, unterbrachst du sie. »Bist du sicher, dass du nicht übertreibst?«
    Selvaggia sagte nichts darauf, sondern zog zwei Kekse aus der Schachtel, die ihr mit ins Zelt genommen hattet.
    Â»Alles wird gut, du wirst schon sehen«, hast du ihr ver sichert.
    Knabbernd schmiegte sie sich an dich, verschwand förmlich in deinen Armen.
    Â»Das hoffe ich sehr«, sagte sie kauend. »Gute Nacht.«
    Â»Gute Nacht«, sagtest du, auch wenn du alles darum gegeben hättest, bis zum Morgengrauen mit ihr zu reden. In deinen Armen wurde sie ruhiger, doch irgendwann schlug sie erneut die Augen auf, und ihr saht euch noch eine Weile an, während du ihr übers Haar strichst.
    Sie zog dich an sich. Und drückte dir auf einmal diesen fantastischen, nach Keks schmeckenden Kuss auf den Mund.

20
    Du bist davon aufgewacht, dass du von Licht überflutet wurdest. Die Zelttür war zur Hälfte zurückgeschlagen, und zwei miteinander verschwimmende Gestalten schützten dich vor dem grellen Lichtbündel. Gähnend hast du dir das Haar aus dem Gesicht gestrichen und die Augen gerieben. Du hast versucht herauszufinden, ob da draußen Aliens waren. Du hattest das Gefühl, kaum geschlafen zu haben, sodass das viele Licht auch von einem Ufo stammen konnte, das beschlossen hatte, mitten in der Nacht Kontakt zu euch aufzunehmen. Schade, dass es schon längst Tag war und du dich deinen Eltern gegenübersahst, die allerdings kein bisschen weniger alienmäßig aussahen als die Aliens im Kino und dich amüsiert musterten.
    Â»Giovi, was machst du denn da?«, fragte dein Vater neugierig, während deine Mutter, die den Arm um ihn gelegt hatte, ebenfalls den Kopf zum Zelt hereinstreckte. Die beiden mussten lauthals lachen.
    Â»Was ist denn los, verdammt noch mal?«, hast du gebrüllt. »Hört auf damit, so kommt nur Hitze rein!« Als du versucht hast, dich auf die andere Seite zu drehen, hast du gemerkt, dass du halb mit Selvaggia verschlungen warst: Ihre Beine lagen quer über deinem Bauch, und ihr unter einem Wasserfall von Haaren verstecktes Gesicht befand sich dicht neben dem deinen. Du hast darauf verzichtet, dich zu bewegen, um sie nicht zu wecken, und dich wieder auf eure Eltern konzentriert, die sich einfach nicht dazu durchringen konnten, die Zelttür zu schließen.
    Â»Jetzt geht schon!«, sagtest du. »Lasst mich noch zehn Minuten in Frieden, ich bin müde!«
    Â»Es ist Zeit fürs Mittagessen«, sagte dein Vater nur.
    Â»Was ist bloß in euch gefahren?«, fragte deine Mutter vielsagend. Da hast du dich vorgebeugt und den Zeltreißverschluss zugezogen. Eure Erzeuger gingen lachend, aber auch etwas

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