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Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)

Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)

Titel: Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Dahlquist
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Rohrs. Er wand sich hindurch und schoss an die Kanaloberfläche, wo er keuchend nach Luft schnappte. Die anderen dümpelten neben ihm, blass und schwer atmend, das Haar an den Kopf geklatscht. Chang fuhr herum und suchte die Ufer nach Männern mit Karabinern ab.
    »Wir müssen weiter«, keuchte er. »Sie werden bald hier sein.«
    »Wohin?«, rief Phelps mit klappernden Zähnen. »Wo sind wir? Wir holen uns den Tod!«
    »Hierher, Sir! Hier ist ein Seil!«
    Ein Mann in einem langen braunen Mantel, der sich einen Hut tief ins Gesicht gezogen hatte, stand geduckt am Kanalufer.
    »Oh, Mr. Cunsher!«, rief Phelps aus. »Gott sei Dank haben Sie uns gefunden!«
    Die kleine Hütte fühlte sich an wie ein Raum in einem russischen Badehaus. Ihre Kleidung hing über Wäscheleinen und dampfte in der Hitze eines kleinen Stahlofens, der so mit Kohlen gefüllt war, dass man höchstens bis auf einen Meter herangehen konnte. Auf einer Extraleine hing ein Laken von der Pritsche der Hütte, hinter dem Miss Temple ungesehen herumschlich.
    Chang wickelte sich in eine Decke und räusperte sich, als bekäme er davon einen klaren Kopf. Svenson saß in eine muffige Decke gehüllt da. Phelps hatte das andere Laken genommen und stand nun da wie die jammervolle Gestalt eines Römers, die nackten Füße in einer Schüssel mit heißem Wasser.
    Der seltsame Fremde hatte sie aus dem Kanal gezogen und unerbittlich durch braunes Unterholz zu einer Ansammlung kleiner Hütten – Steinmetze, wie er sagte – geführt und eine mit einem hakenförmigen Metallstück geöffnet. Cunsher sprach nur mit Phelps, nickte Svenson hin und wieder respektvoll zu und ignorierte sowohl Chang als auch Miss Temple. Er hatte ihre Kutsche in Raaxfall gefunden, hatte die Explosion gehört, die Bewegungen der Wachen am Tor beobachtet und war zu dem Schluss gekommen, dass der Kanal der einzig mögliche Ausgang innerhalb seiner Reichweite war. Dann hatte Cunsher sie verlassen, wobei er seinem Herrn etwas zuflüsterte, das Chang nicht verstehen konnte. Nach Changs Meinung war das Abflussrohr keine kluge Lösung. Er war froh über seine zweite Rettung, traute dem Kerl allerdings nicht mehr als Phelps.
    Jedoch war es nicht das Misstrauen, das an seinem Seelenfrieden nagte. Chang stellte fest, dass seine Gedanken unwiderstehlich von der Nacktheit der jungen Frau angezogen wurden, die sich keine drei Meter entfernt hinter einem fadenscheinigen Stück Stoff befand. Er konnte ihre nackten Füße auf den Bodendielen und das Knarren des Holzstuhls unter ihrem Gewicht hören. Hatte sie die Arme wärmend oder aus Scham um sich gelegt – oder hatte sie sie gehoben, um ihr Haar zu locken, die entblößten Brüste hoch auf dem schmalen Brustkorb? Chang rutschte selbst auf dem Stuhl herum und hätte seine Gedanken gern auf etwas anderes gerichtet. Wie lang war es her, dass er eine Frau gehabt hatte?
    »Ist Ihnen warm genug, Celeste?«, rief Doktor Svenson.
    »Ja, danke«, antwortete sie hinter dem Vorhang. »Sie werden sich doch erholen?«
    »Gewiss.« Svenson nahm eine Zigarette aus seinem Silberetui, und seine Stimme hatte bereits wieder einen normalen Klang. »Obwohl ich gestehen muss – als das Wasser stieg, ist mir das Herz in die Hose gerutscht. Sie hatten vollkommen recht damit, uns vorwärtszudrängen«, sagte er zu Phelps. »Das geringste Zögern hätte uns allen den Garaus gemacht.«
    Phelps erschauerte. »Nicht auszudenken. Obwohl man zu verstehen beginnt, warum Abenteurer so unerbittlich sind.« Dabei blickte er zu Chang. Chang sagte nichts, sondern starrte gebannt die lange bleiche Narbe auf der Brust des Doktors an. Svenson inhalierte tief und wollte dann sein Silberetui den anderen anbieten.
    »Sind sie nicht nass geworden?«, fragte Chang.
    »Ah – es ist das Etui, sehen Sie.« Svenson klappte das Silberetui zu, sodass sie alle hörten, wie der Verschluss einrastete, und ließ es dann wieder aufschnappen. »Dicht wie eine Venusmuschel. Möchten Sie eine? Tabak ist ein stärkendes Mittel.«
    »Er brennt mir in den Augen«, sagte Chang.
    »Wirklich? Wie seltsam.«
    Chang wechselte das Thema, bevor sich Svenson seines Interesses entsann, ihn zu untersuchen. »Sobald unsre Sachen trocken sind, müssen wir weiter.«
    »Wir brauchen etwas zu essen«, krächzte Phelps, der Svensons Angebot angenommen hatte. Seine Worte wurden von Husten unterbrochen. »Und Erholung. Und Informationen.«
    »Aber wir haben eine Menge erfahren«, sagte Svenson. »Der neue Sprengstoff, die

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