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Die Alchimistin 01 - Die Alchimistin

Titel: Die Alchimistin 01 - Die Alchimistin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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aber lächelte er beflissen. »Machen Sie sich keine Sorgen um die Kinder, Madame. Die Küchenmädchen sind hingerissen von den beiden, und auch wir anderen werden nach bestem Wissen für sie sorgen. Und was Ihre Frau Mutter angeht, so seien Sie auch wegen ihr ganz beruhigt. Ich bin seit so vielen Jahren hier im Schloß, daß ich Ihre Mutter noch als Dame des Hauses erlebt habe. Ich und viele der anderen haben ihr einiges zu verdanken. Wenn es zu ihrem Besten ist, daß sie in ihrem Zimmer bleibt, werde ich persönlich dafür Sorge tragen.«
    »Meine Mutter ist eine sehr kranke Frau. Sie hat eigenwillige Anwandlungen, das wissen Sie, Jakob. Ich möchte nicht, daß sie Gian und Tess verängstigt.«
    »Das wird nicht geschehen, Madame.«
    Ihr drängten sich weitere Ermahnungen auf, aber sie wußte, daß sie den alten Diener damit verletzen würde. Er hatte sich nie etwas zuschulden kommen lassen, das ihren Argwohn gerechtfertigt hätte. Als Konrads Nachfolger mangelte es ihm nicht an Sorgfalt und Pflichterfüllung.
    Aura streckte ihm ihre Hand entgegen. Er erwiderte ihren Händedruck, als werde damit ein Abkommen zwischen ihnen besiegelt.
    »Geben Sie auf sich acht, Madame«, bat er. »Wir alle wünschen uns, daß Sie bald zurückkehren. Am allermeisten Gian und Tess.«
    »Ja, das wünsche ich mir auch.«
    Christopher wirkte ungeduldig, als sie zu den anderen zurückkehrte. Sein Rausch vom Vorabend hatte keine Spuren hinterlassen. Als Aura ihm von ihren Plänen erzählt hatte, war er sogleich Feuer und Flamme gewesen. Christopher hätte sein Leben für Sylvettes Rettung gegeben.
    Als sie zu ihm trat, hatte er sich bereits von den Kindern verabschiedet. Nun war die Reihe an ihr.
    »Komm bald zurück, Mama«, wisperte Gian ihr ins Ohr, als sie ihn lange umarmte. Sie spürte, daß er weinen würde, wenn sie die Abfahrt noch länger hinauszögerte; sie wußte, daß sie weinen würde.
    Tess schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. Noch etwas, das nicht zu ihrem kindlichen Äußeren passen wollte. Tess wie auch Gian hatten sich in den vergangenen Tagen verändert. Ein Außenstehender hätte sie vielleicht für altklug gehalten, aber Aura ahnte, daß es viel mehr war als das. Die Kinder entwickelten eine für ihr Alter erstaunliche Vernunft und Besonnenheit, die Aura ebenso freute wie verunsicherte.
    Schließlich legte das Boot ab, und Jakob und die Kinder blieben am Rande der Bucht zurück. Aura sah, wie Tess nach Gians Hand tastete – oder war es umgekehrt? Gemeinsam winkten sie dem davongleitenden Boot hinterher.
    »Hier sind sie sicher«, sagte Christopher leise, der neben Aura an der Reling stand und zurückblickte. »Gott wird ein Auge auf sie haben.«
    Sie gab keine Antwort. Das Boot entfernte sich zügig von der Insel. Aura sah zu, wie die Kinder mit dem Dunkel der Zypressen verschmolzen.

KAPITEL 4
    Die Reise führte sie abermals über Wien, doch diesmal sahen sie nichts von der Stadt außer der nächtlichen Leere eines Bahnhofs. Aura und Christopher waren froh darüber. Zu viele Erinnerungen schlummerten unter den Dächern der Häuser und Paläste, zu viel Leid und Zorn und Resignation. Es war tiefschwarze Nacht, als sie die Stadt an der Donau erreichten, und als sie drei Stunden später den nächsten Zug nach Budapest bestiegen, schlummerte die Sonne noch immer hinter dem Horizont.
    Auch Budapest erwies sich als nebelbegrabene Ansammlung aus Turmspitzen und Giebeln. Hier bezogen sie für eine Nacht ein Hotel unweit des Bahnhofs, mußten aber auf das Frühstück verzichten, um ihren Anschluß nach Bukarest nicht zu verpassen.
    Die Grenze von Österreich-Ungarn zu Rumänien verlief entlang der Karpaten, jenseits des wilden Siebenbürgens. Die Bewohner nannten diese Gegend Transsilvanien; der Name allein beschwor märchenhafte und romantische Phantasien in Aura herauf. Als sie die Landschaft am Fenster ihres Zugabteils vorübergleiten sah, mußte sie feststellen, daß ihre Vorstellungen tatsächlich der Wahrheit entsprachen.
    Transsilvanien – das Land hinter den Wäldern. Sonnenbeschienene Hochplateaus und schroffe, steile Bergketten wechselten sich mit tief zerklüfteten Schluchten ab, in die tosende Wasserfälle stürzten. Über unwegsamen Tälern thronten Burgen wie aus den Illustrationen eines Kinderbuchs, einsam und stolz schauten sie auf versteckte Dörfer hinab. Mittelalterliche Städte reckten ihre Kirchtürme weithin sichtbar über grüne Hügel. Immer wieder zeigten sich nahe den Bahnschienen Luchse, Rehe,

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