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Die Alchimistin 01 - Die Alchimistin

Titel: Die Alchimistin 01 - Die Alchimistin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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im selben Zimmer empfangen, und er hatte ihr Gespräch mit ähnlichen Worten begonnen:
    »Der Ruf der Templer ist schlecht, und das ist nur einer der Gründe, die uns dazu verdammen, die Existenz des Ordens verborgen zu halten. Dennoch haben wir, meine Brüder und ich, nichts mit den Verleumdungen zu tun, die man im Allgemeinen mit den Templern in Verbindung bringt.« Lascari hatte damals wie heute vor dem lodernden Kaminfeuer gesessen und Gillian nicht aus den Augen gelassen. Sogar als er seine Pfeife stopfte, blieb sein Blick auf den Gast gerichtet. »Ist es nicht grotesk? Heutzutage verurteilt jeder die Hexenverfolgungen des Spätmittelalters als unmenschlich, wir Templer aber müssen auch nach Hunderten von Jahren noch immer als Feindbild herhalten. Wo bleibt da die Gerechtigkeit? Bis heute folgt unser Orden den Gesetzen Gottes. Wir sind eine christliche Gemeinschaft, daran hat sich nie etwas geändert.«
    »Lysander sieht das anders.«
    »Lysander und sein Meister Morgantus« – es war das erste Mal, daß Gillian diesen Namen gehört hatte, und die Bezeichnung »Lysanders Meister« hatte ihn zutiefst verwirrt – »haben ein finsteres Erbe angetreten. Damals, im Mittelalter, hat sich unser Orden gespalten. Jene Männer, die Christus und dem Papst treu ergeben waren, wurden gefoltert, getötet oder mußten dem Orden abschwören. Die übrigen aber, jene, die den Zorn der Kirche fraglos verdient hatten, ergriffen die Flucht. Sie verließen Europa und entkamen nach Osten.«
    »Wohin gingen sie?«
    »In den Kaukasus. Sie errichteten dort ein Kloster, eine Festung, die sie zu ihrem neuen Hauptquartier erkoren. Auch ich kenne seine genaue Lage erst seit wenigen Jahren. Die abtrünnigen Templer gaben sich dort ihren Ausschweifungen und Blasphemien hin, übten sich in Alchimie und, schlimmer noch, in den Künsten der Schwarzen Magie. Sie beteten zu Baal und Baphomet, frönten ihren Lüsten und dunklen Perversionen. Lysander und Morgantus entstammen diesem Pfuhl, und die Macht, die sie heute innehaben, gründet auf dem Reichtum und dem Einfluß der kaukasischen Templer.« Er machte eine kurze Pause und verzog das Gesicht, als bereite ihm diese Feststellung sogar heute noch körperlichen Schmerz. »Hier in Europa dauerte es länger, ehe aus den Resten des einstigen Ordens etwas Neues erwuchs. Über zweihundert Jahre lang trafen sich die verbliebenen Templer im geheimen und planten die Auferstehung des Ordens. Schließlich gelang es ihnen, doch im achtzehnten Jahrhundert geriet der Templum Novum abermals in Vergessenheit. Was du hier siehst, Gillian, dieser Palast, ich selbst, meine Brüder, die hier leben – das alles sind die kläglichen Reste dessen, was der Templum Novum einst war. Wir sind nur blasse Schatten unserer Vergangenheit, und Lysander und Morgantus tun alles, damit es so bleibt.«
    Gillian hatte Lascari gebeten, mehr über Morgantus zu erzählen. Im Gegenzug hatte er sich bereit erklärt, sein vollständiges Wissen über Lysanders Wiener Unterweltimperium zu offenbaren. Da erst war dem Großmeister klargeworden, welche Bedeutung dem Hermaphroditen im Kampf gegen Lysander zukam, und er hatte sich fortan unablässig bemüht, ihn für die Ziele des Templum Novum einzunehmen.
    Gillian hatte akzeptiert. Er hatte den katholischen Glauben angenommen und war dem Orden beigetreten. Gemeinsam mit seinen neuen Brüdern hatte er Lysander und Morgantus eine empfindliche Niederlage beigebracht, als sie das Sankt-Jakobus-Stift, die Quelle für Morgantus’ Bedarf an Mädchenblut, dem Erdboden gleichmachten.
    Und nun, sieben Jahre nach seinem ersten Besuch im Palazzo Lascari, saß er wieder in diesem Zimmer und hörte zu, wie der Großmeister sich redliche Mühe gab, zwei kleinen Kindern die Ziele des Templum Novum nahezubringen. Doch mochten Gian und Tess auch noch so früh entwickelt und geistig rege sein, die Worte über uralte Orden, Rituale und Regeln mußten zwangsläufig auf Desinteresse stoßen. Einmal mehr wurde deutlich, daß Lascari sich zwar trefflich auf vergilbte Schriften und vergessenes Wissen verstand, den Belangen der Welt außerhalb des Palazzo jedoch hilflos gegenüberstand. Der Umgang mit Kindern jedenfalls war zweifellos keines seiner Talente.
    Irgendwann machte Gillian dem Vortrag des Grafen ein höfliches Ende und brachte die Kinder zu Bett. Ein Gästezimmer war für sie hergerichtet worden, unweit von Gillians eigener Kammer.
    Er selbst aber kehrte zurück zu Lascari, und gemeinsam berieten sie ihr

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