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Die Alchimistin 01 - Die Alchimistin

Titel: Die Alchimistin 01 - Die Alchimistin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Zweisamkeit störe, aber könnten wir wohl zum eigentlichen Grund unseres Hierseins kommen?« Sie nahm ein amüsiertes Funkeln in Maries Augen wahr, und das reizte sie nur noch mehr. »Wie weit ist es noch bis zu dieser Festung?«
    »Mit den Pferden etwa drei Stunden«, erwiderte die Swanin. »Sie liegt hinter den beiden nächsten Bergen.«
    Aura entging nicht, daß sich Maries Mutter bei diesen Worten bekreuzigte. Obwohl die Alte selbst kein Wort sprach, schien sie doch alles zu verstehen.
    »Sie haben gesagt, wir könnten hier Männer anwerben.«
    »Noch heute abend, wenn Sie wollen.«
    »Je früher, desto lieber.«
    Marie nickte bedächtig. »Ich kümmere mich darum.«
    »Wirst du mitkommen?« fragte Christopher und schenkte Marie einen sorgenvollen Blick. »Ich meine, in die Festung?«
    »Wenn es sich ergibt.«
    »Was, bitte, soll das heißen?« erkundigte sich Aura scharf.
    Marie beugte sich vor und schaute sie eindringlich an. »Ich möchte, daß Sie sich dieses Kloster aus der Ferne ansehen, bevor Sie konkrete Pläne schmieden. Mag sein, daß Sie Ihr Vorhaben dann noch einmal überdenken.«
    Christopher schüttelte vehement den Kopf. »Wir haben keine andere Wahl«, sagte er, ehe Aura etwas erwidern konnte. »Unsere Schwester wird dort gefangengehalten, das weißt du.« Offenbar hatte er Marie die ganze Geschichte erzählt, ohne daß Aura es bemerkt hatte. Sie fragte sich, was ihr noch alles entgangen war.
    Maries Mutter schlug zum zweiten Mal ein Kreuzzeichen, dann stand sie auf und trat unter eines der Widderhörner an der Wand. Dort hielt sie stumme Zwiesprache mit ihren Göttern.
    »Wie ihr wollt.« Marie trank auf einen Zug ihre Brühe aus und erhob sich. »Wartet hier. Es kann eine Weile dauern, aber dann habe ich die Männer, die ihr braucht.« In Auras Richtung fragte sie:
    »Zwanzig, sagten Sie?«
    »Ich hoffe, das reicht.«
    »Wenn Sie mit einer ganzen Armee vor dem Kloster aufmarschieren, werden Ihre Gegner schwerlich überrascht sein. Irgendwer könnte sie warnen.« Sie wollte sich umdrehen und durch die Tür verschwinden, aber Aura rief sie zurück. Dabei gab sie sich Mühe, ihrer Stimme einen versöhnlichen Klang zu verleihen.
    »Marie, warten Sie.« Sie stand auf und blieb vor der Swanin stehen. »Christopher und ich haben sieben Jahre auf diesen Tag gewartet. Mag sein, daß wir die Dinge jetzt überstürzen. Wenn Sie einen besseren Vorschlag haben, als mit Waffengewalt ins Kloster einzudringen, würde ich ihn gerne hören.« Allein das Wort Waffengewalt aus ihrem eigenen Mund schien ihr grotesk. Sie war die Tochter eines Alchimisten, nicht die Jungfrau von Orleans.
    »Ich fürchte, es gibt keine andere Möglichkeit«, entgegnete Marie zu ihrer Enttäuschung. »Die Festung steht dort oben seit Hunderten von Jahren. Mehr als einmal wurde versucht, sie einzunehmen, immer erfolglos. Aber beim letzten Versuch gab es noch keine Schußwaffen – und die Männer in diesem Dorf verstehen sich gut auf den Umgang damit. Sie beide werden lernen müssen, ihnen zu vertrauen.«
    »Es geht nicht um Vertrauen, sondern darum, daß weder Christopher noch ich Erfahrung in diesen Dingen haben.«
    Maries harter Gesichtsausdruck entspannte sich. »Machen Sie sich keine Sorgen. Wir verstehen uns wirklich darauf. Uschguli ist einer der abgelegensten Orte des Landes, aber gerade das wird Ihnen jetzt zugute kommen. Seit Generationen sind die Rebellen, Verbrecher und Geächteten des ganzen Gebirges hierher geflohen. Hier gibt es kaum einen, der nicht schon einmal mit einer Waffe auf einen anderen angelegt hat.«
    »Sie auch?«
    Marie antwortete mit einem flüchtigen Lächeln, dann huschte sie lautlos ins Freie. Draußen war es dunkel geworden, und schon nach zwei Schritten war die junge Frau nicht mehr zu erkennen. Ein kalter Wind pfiff durch die offene Tür herein und zerzauste Auras Haare.
    »Ich hoffe, sie weiß, was sie tut«, murmelte sie leise zu sich selbst.
    »Das weiß sie«, sagte hinter ihr eine rauhe Stimme. Zum ersten Mal hatte Maries Mutter das Wort an die beiden Fremden gerichtet. »Das hat sie von ihrem Vater geerbt. Marie weiß immer genau, was sie tut.«
    Aura drehte sich zu der alten Frau um, doch die wandte ihr nach wie vor den Rücken zu. Andächtig starrte sie zu den Hörnern an der Wand empor. Der Feuerschein warf die Schatten der beiden Spitzen riesenhaft über die Decke.
    »Marie ist ein gutes Mädchen«, flüsterte die Alte.
    »Die letzte Bergkuppe«, sagte Marie mit gedämpfter Stimme und wies

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