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Die Alchimistin 01 - Die Alchimistin

Titel: Die Alchimistin 01 - Die Alchimistin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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war weit größer, als Aura erwartet hatte. Sein Haupttrakt war achteckig und mochte gut und gerne einen Durchmesser von hundertfünfzig Metern haben; damit war es um ein Vielfaches weitläufiger als das Sankt-Jakobus-Stift in der Schweiz. Es gab einige Anbauten, aber sie wirkten verschwindend winzig in Anbetracht dieser steinernen Monstrosität. So gewaltig die Fläche der Anlage auch war, so niedrig waren ihre Zinnen. Alles in allem mochte das Gebäude drei oder vier hohe Stockwerke besitzen, was sich nur aufgrund der Lage vereinzelter Schießscharten abschätzen ließ. Fenster gab es keine. Hinter den Zinnen verlief ein breiter Wehrgang. In der Mitte des Klosters klaffte ein achteckiger Hof, den im oberen Teil zwei Steinbrücken mit roten Ziegeldächern durchschnitten. Sie kreuzten sich in der Mitte und liefen zu den Enden hin breit auseinander, so daß beide Brücken gemeinsam die Form eines Templerkreuzes ergaben.
    Jenseits des Klosters verlor sich die Landschaft in Leere. Die kahlen Hügel eines Hochplateaus wellten sich dem Horizont entgegen, ohne eine Spur von Leben. Erst weit im Osten erhoben sich neue Felsmassive aus dem Dunst, bleiche Schemen, so unwirklich wie ein Traum.
    Der trutzige Anblick des Klosters zerstörte den kleinen Rest von Optimismus, den Aura bis zuletzt gehegt hatte, und die öde Weite im Hintergrund führte ihr die eigene Bedeutungslosigkeit vor Augen. Sie hatte keinerlei Vorstellung, über wie viele Männer Lysander verfügte, aber wenn es nur halb so viele waren, wie sie befürchtete, dann wurden sie mit der Macht dieser Festung im Rücken zu unüberwindlichen Gegnern – selbst für so furchtlose Kämpfer wie die achtzehn Swanen. Einen offenen Sturm auf das Kloster hatte Marie ohnehin von Anfang an ausgeschlossen. Lysanders Leute sollten nicht bemerken, daß es die Bewohner Uschgulis waren, die sich gegen das Kloster wandten. Einen Konflikt, der sich über Generationen hinziehen mochte, wollte niemand riskieren.
    Aura fragte sich in einem Anflug von Verzweiflung, was wohl Gillian an ihrer Stelle getan hätte. Wahrscheinlich hätte er, der von derlei Dingen etwas verstand, gleich zu Beginn einen anderen Weg gewählt. Ihr selbst schien die Vorstellung, mit ein paar tollkühnen Männern in die Festung einzudringen, mit einem Mal leichtfertig, geradezu kindisch. Was hatte sie sich nur dabei gedacht?
    Da, plötzlich, sagte Christopher: »Ich glaube, wir können es schaffen.«
    »Mit einem Gebet vielleicht?« Ihr Spott tat Aura gleich darauf leid; es war dumm, ihre Wut auf sich selbst gegen Christopher zu richten.
    Er aber lächelte nur. »Das könnte nicht schaden, zweifellos. Aber das meinte ich nicht. Fällt dir gar nichts auf, wenn du das Kloster anschaust?«
    Sie versuchte zu erkennen, worauf er hinauswollte, aber auch bei näherem Hinsehen wirkte die Festung uneinnehmbar.
    »Sag’s mir«, verlangte sie grob.
    Es war Marie, nicht Christopher, die eine Antwort gab – was Aura nur noch zorniger machte. »Es gibt keine Wachen. Das meinst du doch, nicht wahr? Die Zinnen sind unbesetzt!«
    »Genau.« Er schenkte Marie ein dankbares Lächeln. »Dort unten ist weit und breit keine Menschenseele.«
    Aura schnaubte verächtlich. »Sie haben es selbst gesagt, Marie. Wir sind nicht mehr im Mittelalter. Heutzutage ist es nicht nötig, alle paar Meter einen Wächter mit Lanze und Helm zu postieren. Lysander wird andere Mittel haben, die Gegend zu überwachen.«
    Marie wies zum Himmel. »Ich glaube kaum, daß ihm die Vögel Bericht erstatten«, gab sie trocken zurück.
    Einen Moment lang funkelten Aura und sie sich an wie zwei Katzen, die auf den nächsten Krallenhieb ihrer Gegnerin warteten.
    Dann aber sagte die Swanin ruhig: »Wenn wir davon ausgehen, daß es auf den Zinnen tatsächlich keine Wächter gibt, sondern allerhöchstens ein paar hinter den Schießscharten, dann sollten wir versuchen, zu so wenigen wie möglich dort hinunterzugehen. Für drei oder vier Leute stehen die Chancen viel besser, ungesehen bis zur Mauer zu gelangen.«
    Aura stimmte zu. Zwar verspürte sie den Drang, sich gegen andere Eventualitäten abzusichern – etwa einen Hinterhalt –, aber ihr war klar, daß ihnen dazu die Zeit und die Mittel fehlten.
    »Lysander scheint nicht mit uns zu rechnen«, sagte Christopher nachdenklich.
    »Man kann’s ihm kaum verübeln«, meinte Aura.
    Marie wandte sich an ihre Leute und gab ihnen auf swanisch ein paar Anweisungen. Die Männer stellten einige Fragen, die sie knapp

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