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Die Alchimistin 01 - Die Alchimistin

Titel: Die Alchimistin 01 - Die Alchimistin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Verunsichert sah sie an ihr vorbei zum offenen Tor der Templerfestung. »Es gab keinen Plan, es hat nie einen gegeben. Die Herren dieses Klosters waren immer gut zu den Menschen Uschgulis. Sich gegen sie zu wenden wäre in einer Gegend wie dieser ein Todesurteil. Ich hatte gehofft, daß es zu einem Kampf kommen würde. Die Männer und ich hätten die Flucht ergriffen, und Sie beide wären gefangengenommen worden. Das wäre eine saubere Lösung gewesen.«
    »Ganz gewiß«, spie Aura ihr verächtlich entgegen.
    Christophers Oberkörper war gebeugt, er blickte zu Boden. Aura hoffte, daß er sich nicht zu einer Dummheit hinreißen ließ. Dummheiten hatten sie wahrlich schon genug begangen.
    »Ich hätte mir denken sollen, daß Sie blind in eine Falle laufen«, sagte Marie. »Es war mein Fehler, mich auf Ihr Vorhaben einzulassen. Die Herren des Klosters erwarten Sie, und fraglos wissen sie längst, daß Männer Uschgulis mit Ihnen hierhergekommen sind.«
    Jetzt klang sie fast verzweifelt. »Verstehen Sie denn nicht?« Nur mühsam festigte sich ihre Stimme. »Wenn ich jetzt nicht zeige, daß wir die ganze Zeit über geplant haben, Sie auszuliefern, werden Uschguli und die Menschen dort jahrelang für meine Tat büßen müssen. Die Templer sind keine nachsichtigen Lehnsherren.«
    »Sie wollen sagen«, meinte Aura gepreßt, »Sie hätten nicht geplant, uns zu hintergehen, und doch wollen Sie jetzt so tun als ob? Das ist lächerlich.«
    »Es ist der einzige Weg, Uschguli zu retten.«
    »Warum haben Sie dann nicht einfach abgelehnt, uns hierherzuführen?«
    »Mein Dorf muß nehmen, was ihm geboten wird. Sie haben es selbst gesehen, die Menschen dort leben in bitterer Armut.«
    Aura verzog das Gesicht. »Nehmen Sie das Geld, hier, Sie können es haben. Immerhin beweist das, daß ich recht hatte. Sie sind Räuber, sonst nichts. Und verschonen Sie uns mit Ihrem Gerede über Schuld und Buße.«
    Maries Wangen zuckten, doch sie behielt sich unter Kontrolle.
    »Die Templer werden Sie nicht töten – wäre es das, was sie wollten, hätten sie viel früher die Möglichkeit dazu gehabt.« Leiser setzte sie hinzu: »Es tut mir leid.«
    Im selben Moment setzte sich Christopher in Bewegung. Die lange Reise hatte seinen ausgezehrten Körper geschwächt, aber noch immer entwickelte er eine enorme Schnelligkeit. Ehe der Swane, der ihn bewachte, abdrücken konnte, stieß Christopher den Gewehrlauf beiseite, sprang vor und stürzte sich auf Marie. Die Swanin keuchte auf, als beide in einem Knäuel aus Gliedern zu Boden gingen.
    Aura war wie versteinert. Sie teilte Christophers Zorn, aber seine Enttäuschung mußte die ihre um ein Vielfaches übersteigen. Wie ein Kerzenflackern durchzuckte sie der Gedanke, ob der Geliebte ihrer Mutter in einem ähnlichen Anfall von Jähzorn hatte sterben müssen. Christopher war in diesem Augenblick nicht mehr Herr seiner selbst.
    Marie lag auf dem Rücken und versuchte, ihren Gegner von sich zu stoßen. Doch Christopher hockte auf ihr, holte aus und schlug ihr die Faust ins Gesicht. Ihre Unterlippe platzte auf, Blut besudelte Christophers Hand und Ärmel. Ein zweiter Hieb traf ihren weißen, schlanken Hals. Die Swanin schrie schmerzerfüllt auf, und im selben Augenblick waren schon die beiden Männer heran. Einer rammte Christopher den Gewehrkolben ins Kreuz, der andere packte ihn von hinten an den Haaren, riß ihn zurück. In ohnmächtiger Wut brüllte Christopher auf. Die Swanen zerrten ihn von Marie herunter und schleuderten ihn gegen eine Felswand. Aura stürzte vor, klammerte sich an einen der beiden Männer und wollte ihn von Christopher fortreißen, doch der andere holte aus und schlug ihr über die Schulter seines Gefährten hinweg vor die Stirn. Als sie zurückprallte, traf sie ein zweiter Hieb kraftvoll und ungleich schmerzvoller zwischen die Brüste. Die Qual fuhr ihr wie ein giftiger Dorn ins Gehirn, ihre Fäuste öffneten sich, sie sackte zu Boden.
    Marie war von Christophers Schlägen kaum weniger benommen. Mit glasigem Blick versuchte sie, sich aufzusetzen, aber ihre Ellbogen knickten immer wieder ein. Sie murmelte etwas in ihrer Heimatsprache, wandte den Kopf und sah erschrocken, wie die Männer mit ihren Gewehrkolben auf den reglosen Christopher einhieben. Schlag um Schlag krachte in sein Gesicht, in seinen Magen, auf seine Brust. Noch einmal versuchte sie zu sprechen, eine Hand nach den Männern auszustrecken, aber beides wollte ihr nicht gelingen.
    Derweil schaffte es Aura, sich unter

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