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Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche

Titel: Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Gräben schlichen, »hat der Tempel der Schwarzen Isis bereits vor langer Zeit aufgehört zu existieren. Soweit ich weiß besitzt er heutzutage weder Anhänger noch Reichtümer. Ganz zu schweigen von Einfluss. Graf Cristóbal ist nicht nur der Anführer, er ist vermutlich auch das einzige Mitglied. Als ich vor hundertfünfzig Jahren herkam, waren da noch andere, die es hierher verschlagen hatte. Das Gerücht, der Tempel sei zerfallen, hatte in den geheimen Zirkeln Europas die Runde gemacht, und viele kamen, um nach dem sagenumwobenen Schatz des Ordens zu suchen. Aber keiner ist auch nur in seine Nähe gekommen. Das hier war im Mittelalter Katharerland, und erst viel später tauchte die Dynastie der Cristóbals auf, um sich unter dem Deckmantel des Weinguts ihren Ordensgeschäften zu widmen. Das Haupthaus dürfte noch aus der Zeit stammen, als sich die flüchtigen Katharer von Montségur hier niederließen. Die Cristóbals haben lediglich die Anbauten errichtet und vermutlich eine Reihe von Unterkünften in den Weinbergen. Aber wie’s aussieht, ist davon nichts übrig geblieben.«
    »Das deckt sich mit dem, was Fuente gesagt hat.« An einer Kreuzung, wo mehrere Bodenfurchen aufeinander trafen, einige mit hohen Wällen, andere fast ebenerdig, wandten sie sich bergab. »Er meinte, Cristóbal sei darauf aus, Macht für den Tempel der Schwarzen Isis zu gewinnen.«
    »Natürlich. Wie die Großmeister aller Geheimzirkel ist er darauf aus, Einfluss zu gewinnen. Neuen Einfluss, in seinem Fall.«
    »Aber was ist mit dem Gral, den Nestor hier gesehen haben will? Und mit dem Verbum Dimissum?«
    »Du hast mir erzählt, dein Sohn und deine Nichte könnten gemeinsam auf Nestors Erinnerungen zurückgreifen.«
    Sie blieb wie angewurzelt stehen. »Aber natürlich! Warum bin ich nicht schon früher darauf gekommen!« Sie stieß ein bitteres Lachen aus. »Das alles hier, die verwüsteten Hänge… das ist es! Fuente hatte Recht. Cristóbal weiß, dass die Katharer einst den Gral von Montségur hierher gebracht haben, und er vermutet, dass er noch immer irgendwo hier liegt. Er hat jeden Fingerbreit dieser Berge um-graben lassen auf der Suche nach einem Versteck, vielleicht einem Zugang zu einer unterirdischen Kammer oder etwas ähnlichem. Aber er hat es nicht gefunden!«
    »Und wenn dein Vater doch hier war und den Gral mit eigenen Au-gen gesehen hat? Cristóbal muss gehört haben, dass die beiden Kinder Zugriff auf Nestors Vergangenheit haben, und er hofft, dass sie ihm sagen können, wo sich das Versteck befindet.«
    »Aber niemand weiß, dass Gian und Tess diese Gabe haben!«
    Er winkte ab. »Du hast auch geglaubt, es sei ein Geheimnis, dass du Nestors Erbe angetreten hast. Dabei spricht man überall davon, bei den Alchimisten in Paris, sogar bei den Satanisten von Turin und Prag. Du glaubst nicht, wie oft ich in den letzten Jahren deinen Na-men gehört habe.«
    »Wir besitzen Häuser in Paris und in…«
    »In Turin und Prag, ich weiß. Und noch in einem Dutzend anderer Städte.« Er lächelte. »Man kennt dich, Aura, und nicht nur als Erbin von Nestors Reichtümern. Die Leute munkeln von deiner Unsterblichkeit.«
    Nervös fuhr sie sich durchs Haar. »Aber das erklärt noch immer nicht, wieso Cristóbal von Gians und Tess’ Gabe weiß.«
    Konstantin hob die Schultern. »Vielleicht finden wir das ja noch heraus.«
    Ein Gutes zumindest hatten ihre Schlussfolgerungen: Sie gaben ihr Hoffnung, dass Cristóbal den Kindern nichts antun würde.
    »Noch was«, sagte Konstantin plötzlich.
    »Was denn?«
    »Die Fotografie, die Fuente von Gian hatte… die aus dem Hotel. Er hat dir doch erzählt, es habe ein Brief dabei gelegen. Ein Brief, in dem stand, wo Gian gefangen gehalten wird. Das heißt aber doch, Cristóbal hatte vor, dich hierher zu bestellen.«
    »Vermutlich, ja. Jedenfalls hat Fuente das behauptet. Und sonst würde auch die Fotografie keinen Sinn ergeben.« Sie begriff, worauf Konstantin hinauswollte. »Du meinst, wir werden erwartet?«
    »Nicht wir – du! Von mir weiß Cristóbal nichts.«
    Wachsam schaute sie sich um und senkte ihre Stimme. »Er wird vermuten, dass ich die Straße nehme. In seinen Augen komme ich als Bittstellerin. Aber was will er von mir? Gian und Tess sind die einzigen, die das Talent besitzen, in Nestors Vergangenheit zu blicken. Ich nütze ihm doch nicht.«
    »Oh, ich denke, das unterschätzt du. Überleg doch mal! Bislang hast du geglaubt, Cristóbal wolle dich erpressen, indem er Gian und Tess

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