Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche
einzuschleichen!«
»Man kann es ihm nicht verübeln, nicht wahr? Es ist… nett hier.« Sie zwinkerte dem Mann zu und wandte sich ab, nicht ohne zuvor mit Genugtuung festzustellen, dass sich sein Gesicht puterrot färbte.
Eilig ging sie zurück zum Kaminzimmer. Unter diesen Umständen würde Philippe ihr öffnen müssen.
»Philippe! Bist du noch da drin?«
Eine Tür klapperte im Inneren, möglicherweise ein Schrank. Vielleicht wurde auch nur ein Sessel zurückgeschoben. Dann hörte sie einen Schlüssel im Schloss. Philippe lächelte sie durch den Türspalt an, zögerte einen Augenblick, ließ sie dann ein.
»Aura… tut mir Leid.«
Sie trat an ihm vorbei. Die Glastür zur Balustrade stand offen. Die Vorhänge waren gewölbt, als stände jemand dahinter. Nur eine nächtliche Brise, die aus dem Park hereinwehte.
»Bist du allein?«, fragte sie. »Ja, sicher.«
Sie konnte den Blick nicht von der Glastür nehmen. War jemand hier gewesen? Nein, Philippe hatte nur frische Luft geschnappt.
Sie durchquerte das Zimmer, trat hinaus auf die Veranda und schaute sich um. Niemand. Nur Schatten.
Sie zog die Glastür hinter sich zu, als sie wieder ins Zimmer trat. Im Kamin brannte ein Feuer, trotz der warmen Sommernacht. Philippe hatte den Schlüssel wieder herumgedreht.
»Wenn du wegen Raffael gekommen bist…«, sagte er.
»Nein. Das ist deine Angelegenheit.«
»Gut.«
»Kennst du einen Chevalier Weldon?«
Philippe sah sie einen Moment lang verwundert an, dann grinste er. »Du hast jemanden kennen gelernt.« Eine unumstößliche Feststellung.
»Möglich.« »Und der Name ist wie?« Sie seufzte. »Chevalier Weldon. Er hat gesagt, du hättest ihn eingeladen.« Philippe zuckte die Achseln. »Mag schon sein. Ich sollte eigentlich alle persönlich kennen, aber hin und wieder…« »Seine Einladung ist gefälscht.« Er legte die Stirn in Falten. »Wer sagt das?« »Der Concierge.« »Nun«, er stöhnte leise, »das ist nicht nett, aber es wäre nicht das erste Mal. Man spricht über meine Bälle, weißt du? Es gibt viele, die gerne daran teilnehmen würden.« Begreifen erhellte seine Züge. »Du hast doch nicht etwa mit ihm…«
»Philippe, ich kümmere mich nicht um das, was du mit Raffael treibst. Lass es uns umgekehrt genauso halten.«
Sein Grinsen wurde noch breiter. Sie sah ihm an, dass ihm tau-send Fragen auf der Zunge brannten, musste ihm aber zugute halten, dass er keine einzige aussprach.
»Chevalier Weldon ist nicht sein wahrer Name«, sagte sie. »So?« »Ich kenne diesen Namen. Er ist ein Pseudonym.« »Ich verstehe noch immer nicht, worauf du hinauswillst. Es ist mein Ball. Müsste nicht eigentlich ich mich darüber aufregen?« Sie ließ sich in einen Sessel am Kamin fallen. »Du weißt doch,
welchen Namen ich benutze, wenn ich nach Paris komme.« »Marquise de Montferrat.« »Hast du eine Ahnung, wie ich daraufgekommen bin?« Er schüttelte den Kopf. »Sollte ich?« »Du weißt doch, wer der Graf von Saint-Germain war, oder?« »Ein Betrüger, der im achtzehnten Jahrhundert durch Europa zog und behauptete, unsterblich zu sein. Er war ein gern gesehener Gast an den Höfen der damaligen Zeit.«
»Richtig. Er hatte eine ganze Reihe falscher Namen, die er benutzte, wenn er in Schwierigkeiten steckte – was nicht gerade selten war. Einer davon war Marquis de Montferrat. Ich dachte, dass das eine hübsche Anspielung wäre – natürlich nur solange niemand dahinterkommt. Ein Spaß, mehr nicht.«
»Vermutlich einer, über den du nur selbst lachen konntest.« »Bis heute Abend, wie es scheint.«
»Hat dich jemand erkannt?«
»Herrgott, Philippe!« Sie zog die Knie an und hob die Füße auf den Sessel. Am liebsten hätte sie sich zwischen den Polstern verkrochen, um in Ruhe nachzudenken. »Verstehst du denn wirklich nicht?«
»So Leid es mir tut.«
»Der Graf von Saint-Germain hatte viele falsche Namen, mindestens zehn davon sind überliefert. Einer war Marquis de Montferrat. Ein anderer Chevalier Weldon!«
Philippe sah sie stumm an, dann ging er nachdenklich ein paar Schritte auf und ab. Schließlich blieb er stehen. »Er weiß, wer du wirklich bist. Das glaubst du doch, oder?«
Sie nickte. »Er hat mich draußen angesprochen, auf der Terrasse. Und der Grund war nicht der, dass ihm mein Hintern gefallen hat.«
»Dennoch ein nicht zu unterschätzender Vorzug, wohlgemerkt«, sagte Philippe lächelnd.
»Dieser angebliche Chevalier wusste, wer ich bin – und was ich bin. Er muss gewusst haben, unter
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