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Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche

Titel: Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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doppelflügeligen Tür aus Eichenholz. Sehr stabil und offenbar nachträglich eingebaut. Doch alle Stabilität war nutzlos, wenn die Tür nicht geschlossen wurde: Sie stand einen Spalt weit offen.
    Wieder rief sie den Namen des Verlegers. Und wieder gab niemand ihr Antwort.
    Sie wusste, dass dies der Augenblick war, an dem sie hätte umkehren müssen. Doch ihre Neugier trieb sie weiter. Ich muss irgendwo anfangen, hatte sie zu Philippe gesagt. Erst Grimaud, dann die Kaskadens.
    Vorsichtig gab sie der Tür einen Stoß. Sie war schwer und schwang nur wenige Fingerbreit nach innen. Sie musste fester drücken, um die Tür zu öffnen. Dahinter lag ein kurzer Flur. Erstaunt sah sie das zerwühlte Bett vor der linken Wand. Schlief Grimaud im Korridor?
    »Monsieur? Sind Sie zu Hause?«
    Nur vollkommenes Schweigen. Dann wieder das Wasserplätschern in der Tiefe.
    »Ich würde mich gerne mit Ihnen unterhalten. Die sechs Finger des Magus – das ist Ihr Buch, nicht wahr?«
    Sie betrat den Flur, ging mit einem Rumoren im Bauch am Bett vorüber und näherte sich einer halb geöffneten Verbindungstür.
    »Bitte, Monsieur. Sagen Sie mir, falls ich Sie störe.« Und obwohl sie nicht im Ernst daran dachte, fügte sie hinzu: »Ich kann auch ein andermal wiederkommen.«
    Sie schaute über die Schulter zurück zum Eingang. Falls irgendwer aus dem Keller heraufkam, würde sie ihn hoffentlich früh genug bemerken. Ihre Rufe mussten im ganzen Haus zu hören gewesen sein.
    Er will es nicht anders, dachte sie verbissen und öffnete die Tür am Ende des Korridors.
    Dahinter lag die größte Privatbibliothek, die sie in ihrem Leben gesehen hatte. Und sie kannte einige.
    Vor ihr erstreckte sich ein gewaltiger Raum über drei Stockwerke nach oben, wie das Innere eines Turms. Rundum standen prall gefüllte Bücherregale. Die beiden oberen Etagen waren schmale Galerien, auf denen Rollleitern auf Schienen verankert waren. Das Zentrum der Bibliothek bildete eine mächtige Wendeltreppe aus Eisengittern. In den oberen Etagen führten Gitterstege von den Stufen zu den Regalen.
    Auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes sah Aura einen großen Schreibtisch, bedeckt mit Blättern, Buchumschlägen, Tintenfässern, Schreibgeräten, Kerzenleuchtern und Büchern, hohen Stapeln, die den Blick auf den Stuhl dahinter verwehrten.
    »Monsieur Grimaud?«
    Licht fiel durch ein großes Oberlicht herein. Die Sonne stand noch nicht allzu hoch, sodass ihre Strahlen nur den oberen Teil des Bücherturms erhellten. Hier unten aber, wo Aura sich befand, herrschte wässriges Dämmerlicht.
    »Monsieur?«
    Etwas stimmte nicht. Diese Sammlung war ein Vermögen wert, das konnte sie auf den ersten Blick erkennen. Warum also standen, in einem Viertel wie diesem, alle Türen offen? Sie hatte zusätzliche Schlösser an der Innenseite des Eingangs bemerkt. Keines war verriegelt gewesen.
    Sie fasste sich ein Herz und stieg langsam die Wendeltreppe hinauf. Vergeblich versuchte sie, durch die Gitter zu erkennen, ob sie weiter oben von jemandem erwartet wurde. Aber die Stufen waren zu engmaschig; übereinander versetzt waren sie so blickdicht wie eine Stahlplatte.
    Mit klopfendem Herzen erreichte sie die erste Zwischenetage. Beim Anblick des Steges, der von der Treppe zu den Regalen führte, wurde ihr schwindelig. Das Geländer an beiden Seiten reichte ihr kaum bis zu den Oberschenkeln.
    Wieder rief sie den Namen des Verlegers, rechnete aber schon nicht mehr mit einer Antwort.
    Weiter hinauf, in das obere Stockwerk.
    Auf halbem Weg dorthin bemerkte sie das Blut auf den Gitterstreben. Erst vor ihren Füßen, dann auch auf den Stufen über ihrem Kopf.
    Sie hatte keine Waffe, nichts, um sich zu verteidigen. Ihr wurde ü-bel.
    Trotzdem ging sie weiter. Es fiel ihr schwer, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Philippe hatte sie gewarnt, zu den Kaskaden-Zwillingen zu gehen – dabei drohte ihr die wahre Gefahr hier, zwischen all diesen Buchrücken. Es geschah ihr ganz recht. Sie hatte hier nichts zu suchen. Es war gewiss nicht Grimaud gewesen, der den Handabdruck in seinem eigenen Buch platziert hatte. Und alle Fragen, die sie zum Stern des Magus hatte, würde sie vermutlich in seinem Werk beantwortet finden. Sie musste ihn nicht persönlich tref-fen.
    Das Blut war braun und trocken. Wenn ihre Sohlen es berührten, rieselte es in staubigen Schuppen in die Tiefe. Sie konnte es jetzt auch riechen und fragte sich, warum der Geruch nicht schon unten viel stärker gewesen war. Vielleicht würde

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