Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche
welchem Namen ich mich in Paris aufhalte, und er hat sogar vorausgesehen, dass ich… dass ich mit ihm schlafen würde. Und dass ich mir diese verdammte Einladung heraussuchen lassen würde.« Sie brach ab, damit sich ihre Stimme nicht überschlug. »Bin ich wirklich so leicht zu durchschauen?«
Er ging vor ihr in die Hocke, nahm ihre Hand und streichelte sie wie ein fürsorglicher Vater. »Wenn er tatsächlich Erkundigungen über dich eingezogen hat, hat er vermutlich auch erfahren, dass du allein stehend bist. Kein Mann, kein Liebhaber. Eine unbefriedigte junge Dame.«
»Herzlichen Dank.«
»Warum bist du nicht ehrlich zu dir selbst?«
»Aber das bin ich!«
»Wie lange hast du mit keinem Mann mehr geschlafen, Aura?«
»Ungefähr vierzig Minuten.«
Er lächelte mit schmalen Lippen. »Vor diesem Chevalier.«
»Zwei Jahre. Fast drei. Es gab da einen jungen Mann, in einem Seebad, nicht weit vom Schloss… Großer Gott, das ist lange her.« Sie konnte ihm plötzlich nicht mehr ins Gesicht sehen.
Er nahm ihr Kinn sanft zwischen Daumen und Zeigefinger und zog es zu sich herum. »Aura, Aura… Du solltest diesem Betrüger dankbar sein. Man sagt, irgendwann wachsen die Schenkel einer Frau zusammen, wenn sie nicht…«
»Philippe!« Ihre Empörung war nicht gespielt, auch wenn sie im nächsten Augenblick lachen musste. »Du bist ein verfluchter Lüstling! Ein alter, reicher, unmoralischer Lüstling.«
Er erwiderte ihr Lachen. »Du hast verkommen vergessen.« »Ein verkommener Lüstling.« »Ja, und ich habe meinen Spaß. Das solltest du auch, Aura.« Sie zog ihren Kopf zurück und rutschte seitlich in den Sessel, zwischen den Armlehnen zusammengekauert wie ein störrisches Kind.
»Er weiß es, Philippe«, sagte sie leise und war schlagartig wieder ernst. »Niemand sollte in der Lage sein, diese Dinge über mich herauszufinden. Und er hat es trotzdem geschafft. Wer weiß, was er noch erfahren hat.« Sie fuhr sich mit beiden Händen durch ihr langes Haar. »Er muss ein Alchimist sein. Niemand sonst könnte wissen, woher der Name de Montferrat stammt – und hätte zudem noch die Dreistigkeit, selbst ein Pseudonym des Grafen von Saint-Germain zu benutzen! Er hat gewusst, dass ich mich nach ihm erkundigen würde. Und dass ich seinen Namen erkennen würde. Er hat mit mir gespielt, die ganze Zeit über.«
»So wie es aussieht, wollte er dir aber nichts Böses. Es sei denn, du zählst darunter die Unterbrechung deiner hart erarbeiteten Männerabstinenz.«
»Ha-ha.«
Er beugte sich schmunzelnd vor und umarmte sie. Es fühlte sich gut an. Anders als die Umarmung des falschen Chevalier, ohne jede Erotik. Nur freundschaftlich. Warmherzig. Genau das, was sie jetzt brauchte, auch wenn sie ihn nie darum gebeten hätte.
»Was soll ich jetzt machen, Philippe?« »Musst du denn etwas machen?« »Was, wenn er mit der blutigen Hand zu tun hat?« »Möglich. Aber nicht sehr wahrscheinlich. Wenn er dir Angst hätte
einjagen wollen, hätte es dazu vermutlich bessere Möglichkeiten gegeben.« »Es gefällt mir nicht, dass dort draußen jetzt schon zwei Leute herumlaufen, die so viel über mich wissen. Falls es nur zwei sind!« »Das ist nicht gut, aber es ist auch keine Katastrophe.« »Noch nicht.« Er nickte. »Noch nicht.« Sie löste sich mit einem Seufzen aus seiner Umarmung. »Ich werde morgen versuchen, ihn wiederzusehen.« »Wie das?« Sie erzählte ihm von der Séance und erntete einen besorgten Blick, als sie den Namen der Zwillinge erwähnte.
»Die Kaskadens?«, sagte er. »Ich kenne die beiden. Viele Leute kennen sie. Und jeder weiß, dass sie Deutsche sind. Ich würde dir nicht empfehlen, sie ausgerechnet jetzt zu besuchen. Wenn die Geheimpolizei dich dort findet, sieht es schlecht für dich aus. Es wird nicht lange dauern, bis sie herausfinden, dass deine Papiere gefälscht sind.«
Sie winkte ab. »Es sind gute Fälschungen.«
»Ja, für eine grobe Kontrolle an der Grenze. Aber nicht für das, was die Geheimpolizei damit anstellen wird.«
»Ich habe keine andere Wahl, oder?«
»Warum willst du ihn wirklich Wiedersehen? Nur wegen seines Namens?«
Sie wandte sich ab und ging Richtung Tür. »Nur deswegen.«
»Sieh mich mal an.«
Widerstrebend drehte sie sich zu ihm um. Sie sprach sehr leise. »Es wird zu viel, Philippe. Jeden Tag kommt irgendetwas Neues dazu. Erst die Streitereien mit Gian und Sylvette. Dann die Suche nach dem Verbum…«
»Um das es dir nie wirklich ging.«
»Schließlich die blutige Hand
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