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Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche

Titel: Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Wunderbar, dachte sie, auch das noch. Offenbar waren zumindest zwei der Anwesenden vom Chevalier verführt worden. Vielleicht sogar alle drei, doch was Salome anging, war sie nicht sicher. Möglich, dass sie die Wahrheit nur besser verbarg als ihre Schwester.
    »Legen Sie bitte beide Hände vor sich auf den Tisch, die Finger gespreizt, die Handflächen nach unten«, sagte Salome. »Ja, genau so. Das ist nicht Ihre erste Séance, oder?«
    »Nein.«
    »Wie waren die anderen?«
    »Albern.« Auras Mutter hatte einmal ein stadtbekanntes Medium aus Berlin ins Schloss kommen lassen, um mehrere Sitzungen mit ihm abzuhalten. Aura und Sylvette hatten widerwillig nachgegeben und Charlottes wegen daran teilgenommen. Der Mann hatte ausgesehen wie die Karikatur eines Hochschuldirektors, hochgewachsen, dürr, in schwarzem Frack und mit einem goldgefassten Monokel im linken Augenwinkel. Er hatte allerlei Krauter und Tinkturen dabeigehabt, ein Dutzend schwarzer Kerzen und – als traurigen Höhepunkt der Lächerlichkeiten – eine ausgestopfte Fledermaus. Aura war sich vorgekommen wie bei den Vorbereitungen eines Kindergeburtstags. Eine Woche lang hatte er mit Charlotte eine Sitzung nach der anderen abgehalten. Auras Mutter war seit Jahren blind, und er hatte leichtes Spiel mit ihr gehabt. Ein paar seltsame Geräusche, verstellte Stimmen – das war genug gewesen, um ihr etwas vorzugaukeln, das es nicht geben konnte.
    Am achten Tag hatte Aura den Kerl aus dem Schloss geworfen und damit die Abneigung, die Charlotte für ihre älteste Tochter empfand, einmal mehr aufgefrischt. Es spielte keine Rolle. Die Kluft zwischen ihnen war längst nicht mehr zu überbrücken.
    »Albern?«, wiederholte Lucrecia und hob missbilligend eine Augenbraue.
    Aura erwiderte ihren Blick. »Ich vermisse die Kristallkugel. Und die Räucherstäbchen.«
    Salome hatte auf dem dritten Stuhl Platz genommen. »Nur Betrüger haben solchen Kinderkram nötig.«
    Aura zuckte die Achseln. »Wie geht es jetzt weiter?« Sie fragte sich ernstlich, warum sie sich auf diesen Unsinn einließ. Sie hatte Wichtigeres zu tun: Ihre Abreise zu organisieren beispielsweise. Aber der Chevalier hatte etwas bezweckt, als er sie hierher gelockt hatte. Er wollte, dass sie diese Sitzung über sich ergehen ließ. Und natürlich war sie neugierig.
    Sie hatten jetzt alle die Hände auf die Tischdecke gelegt. Die einzige Lichtquelle war eine Lampe, die von oben auf die Mitte des Tisches herableuchtete; sie sorgte dafür, dass sich ihre Hände leichenhaft weiß vom dunklen Rot der Decke abhoben.
    »Gibt es jemanden, mit dem Sie Kontakt aufnehmen möchten?«, fragte Lucrecia.
    »Nein.«
    Wieder wechselten die Schwestern einen Blick. »Niemanden? Vielleicht jemand, der Ihnen nahe gestanden hat?«
    Sie dachte an Gillian, an Gian: Es sind keine Geister, die ich Wiedersehen will. Für mich sind schon die Lebenden unerreichbar geworden.
    Lucrecia hatte die Augen geschlossen. »Was ist mit Ihrem Sohn?«
    Aura sprang auf. Ihre Stuhllehne stieß dumpf gegen den Samtvorhang in ihrem Rücken. »Das reicht!« Sie beugte sich über den Tisch auf Lucrecia zu, ihre Unterlippe zuckte vor Wut.
    »Woher kennen Sie ihn? Hat Ihnen der Chevalier auch von ihm erzählt?«
    Salome sah aus, als wollte sie etwas Beschwichtigendes sagen, doch ihre Schwester kam ihr zuvor. »Erst will ich Sie etwas fragen, Frau Institoris. Was wissen Sie über den Chevalier?«
    »Wollen Sie hören, wie gut er küsst? Ich denke, das wissen Sie aus eigener Erfahrung.«
    Gütiger Gott, auf was lässt du dich hier ein? Der Ausbruch war ihr peinlich, noch ehe er beendet war, und als sie Salomes erstaunten Blick auf sich spürte, sank sie erschöpft zurück auf ihren Stuhl.
    Lucrecias starre Ablehnung schmolz in sich zusammen, und nun lag fast so etwas wie Wärme in ihre Stimme. »Sie wissen nichts über ihn. Genau wie wir. Wer er ist, woher er kommt, was ihn dazu bringt, sich in unser Leben einzumischen.«
    Aura sah sie aus großen Augen an. »Sie…«
    Das Medium unterbrach sie. »Meine Schwester und ich sind ihm zum ersten Mal vor ein paar Wochen begegnet. Wissen Sie, wir sind in den Kolonien aufgewachsen, in Deutsch-Südwestafrika. Dort unten sind… Dinge passiert, seltsame Dinge. Damals kamen wir zum ersten Mal in Kontakt mit den Kräften, mit denen wir heute arbeiten. Aber erst nach unserer Rückkehr, eigentlich erst, als wir keine Kinder mehr waren, wurde uns bewusst, was für eine Gabe wir besitzen. Es ist, als hätten wir uns mit

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