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Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche

Titel: Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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etwas angesteckt, wie mit einem Virus, nur dass es keine Krankheit ist, sondern etwas anderes… die Macht der Schamanen vielleicht, oder wohl eher ein Bruchteil davon. Auf jeden Fall tauchte der Chevalier hier auf, und er war… nun, er war charmant. Aber das wissen Sie, glaube ich. Er behauptete, vor kurzer Zeit in Südeuropa gewesen zu sein und auf der Rückreise Bilder gesehen zu haben. Er wollte von uns wissen, ob wir ihm helfen könnten, diese Visionen noch einmal zurückzubringen, sie sozusagen in ihm heraufzubeschwören. Er war fasziniert von dem, was er gesehen hat, aber ich glaube, er hatte auch Angst.«
    »Ganz bestimmt hatte er Angst«, sagte Salome ernst.
    »Was hat das mit mir zu tun?«, fragte Aura. »Warum wollte er, dass ich zu Ihnen komme?«
    Lucrecia hob eine Braue. »Möglicherweise glaubt er, Sie hätten etwas Ahnliches erlebt.«
    »Visionen? Wohl kaum.« Sie überlegte, ob das die Wahrheit war, doch dann kam sie sich albern vor und schüttelte den Kopf.
    »Haben Sie ihm helfen können?«
    »Erst müssen Sie mehr über die Art und Weise wissen, in der wir mit den Menschen arbeiten. Von uns werden Sie keine Geisterstimmen hören, kein albernes Geplapper in tiefen Tonlagen oder irgendwelchen sentimentalen Blödsinn. Alles, was wir tun, ist, die Leute auf den Weg zu führen, auf dem sie selbst den Kontakt herstellen können.«
    Salome spielte mit einer Haarsträhne, ohne Aura aus den Augen zu lassen. »Falls sie bereit dazu sind.«
    »Bei manchen funktioniert es, bei anderen nicht. Einige behaupten nur, sie hätten etwas gesehen, weil sie Angst haben, sich zu blamieren. Andere verlangen ihr Geld zurück. Aber beim Chevalier… Um ehrlich zu sein, am Anfang habe ich geglaubt, er spielt uns etwas vor. Er behauptete, die Sitzung hätte Erfolg gehabt. Und er fragte gleich, ob wir das Gleiche auch mit anderen tun könnten.«
    »Anderen?«, fragte Aura.
    »Anderen wie ihm«, sagte Lucrecia. »So hat er sich ausgedrückt.«
    »Wie hat er das gemeint?«
    »Wenn Sie es nicht wissen…« Lucrecia zuckte die Achseln.
    »Keine Ahnung. Aber man konnte ihm ansehen, dass er ganz außer sich war.«
    »Vollkommen aufgewühlt«, sagte Salome.
    »Aber wir waren trotzdem nicht sicher, ob er die Wahrheit sagt. Er hätte uns etwas vorspielen können. In unserer Branche gibt es genug Männer und Frauen, die jede noch so intensive Regung vortäuschen können, und ich hatte die Befürchtung, dass er nur versuchte, uns auf die Probe zu stellen. Oder, schlimmer noch, sich auf diese Weise an uns heranzumachen.«
    Ihre Schwester lächelte. »So was passiert gar nicht mal selten. Es kommen Männer, die von uns gehört oder uns irgendwo gesehen haben. Aber sie sind nicht wirklich an einem Kontakt interessiert – zumindest nicht an der Art von Kontakt, den wir für gewöhnlich anbieten.«
    »Wann hat er den heutigen Termin mit Ihnen vereinbart?«, fragte Aura.
    »Vor etwas über einer Woche. Seitdem haben wir ihn nicht mehr gesehen.«
    Eine Woche! Sie war wie ein ausgehungertes Kind den Brotkrumen nachgelaufen, die er für sie ausgelegt hatte. Wäre es nicht so beschämend gewesen, sie hätte darüber lachen können.
    »Wann hat er Ihnen von Gian erzählt?« Lucrecia legte den Kopf schräg. »Gian?«
    »Mein Sohn.«
    »Er hat ihn nie erwähnt.«
    »Aber Sie haben mich vorhin nach meinem Sohn gefragt.«
    Lucrecia nickte. »Ich kann ihn spüren. In Ihnen.« Aura schnaubte abfällig. »Kommen Sie, das ist doch…«
    »Frau Institoris«, sagte Salome, »vertrauen Sie uns! Wir stecken nicht mit dem Chevalier unter einer Decke, wenn es das ist, was Sie befürchten. Meine Schwester hat Recht. Wir beide können Ihren Sohn spüren. Und da ist noch ein Mädchen, aber es ist nicht Ihre Tochter, nicht wirklich, auch wenn Sie so für sie empfinden.«
    Aura spürte, wie das Blut aus ihrem Gesicht wich. »Tess. Meine Nichte.« Im Grunde war es ein Witz. Alles sprach dafür, dass die beiden diese Dinge vom Chevalier erfahren hatten. Er wusste genug über sie, ihren wahren Namen und vermutlich noch einiges mehr. Und doch war es beinahe zu offensichtlich. Dazu kam noch etwas anderes, das sie an einem derart plumpen Betrug zweifeln ließ – ihre Menschenkenntnis. Lucrecia mochte ein Biest sein, aber sie war keine Lügnerin. Und Salome strahlte so viel Unschuld und Freundlichkeit aus, dass es schwer fiel, ihr zu misstrauen.
    Nun gut. Sie war bis zu diesem Punkt gegangen. Jetzt konnte sie das Spiel auch zu Ende bringen.
    »Sie spüren Gian in

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