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Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche

Titel: Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Chevalier?« Salome wirkte einen Moment lang hilflos.
    »Schlank. Attraktiv. Dunkles Haar.«
    »Dunkles Haar! Das ist es!«
    Die Kaskadens starrten sie verständnislos an.
    Gillians Haar war blond. Dunkelblond, und doch eindeutig blond.
    »War er sehr… nun, maskulin?« Dafür erntete sie noch verdutztere Blicke. »Ich weiß, die Frage muss Ihnen sonderbar vorkommen. Aber hätte man den Chevalier als Frau verkleiden können?«
    »Als Frau?«
    »Ja. Mit Kleid und… vielleicht… hm, einem Hut.«
    Salome blickte auf das leere Glas, als überlege sie, ob sie wohl Auras Wasser mit etwas Hochprozentigem vertauscht hatte.
    Lucrecia seufzte. »Ich denke nicht, dass er eine überzeugende Frau abgegeben hätte. Nein, bestimmt nicht.«
    »Dann war er kein Hermaphrodit?«
    Lucrecias Ausdruck verwandelte sich in Empörung. »Das war er ganz sicher nicht!«
    Aura hätte es nicht ertragen, wenn Gillian ein solches Versteckspiel mit ihr getrieben hätte. Wenn er zurückgekehrt wäre, ohne sich ihr zu erkennen zu geben – das wäre einem Verrat gleichgekommen, auch wenn sie die Gründe dafür nicht in Worte fassen konnte. Es war ein Gefühl, mehr nicht, und mit einemmal wurde ihr klar, dass sie ihn immer noch liebte.
    Als hätte es daran je einen Zweifel gegeben.
    Er hatte sie vor acht Jahren verlassen, und sie hing noch immer an ihm, ganz gleich, was sie mit dem Jungen auf dem Pier oder mit dem Chevalier getrieben hatte. Gillian war der einzige Mann, der ihr jemals etwas bedeutet hatte. Und daran hatte sich auch nach all den Jahren nichts geändert.
    Sie wollte etwas sagen, den beiden versichern, dass sie sehr wohl noch bei Sinnen sei, und dass sie sie nicht anzustarren brauchten wie eine Verrückte – all das und noch mehr wollte sie sagen, als die Zwillinge zusammenschraken.
    Es hatte an der Haustür geklingelt.
    »Wer kann das sein?«, fragte Salome mit belegter Stimme.
    Lucrecia zuckte die Achseln, machte den Mund auf und zu, als wären ihr die Worte im Hals stecken geblieben, dann stieß sie scharf die Luft aus. »Es ist so weit.«
    Aura blickte von einer zur anderen. »Was ist so weit?« Die Schwestern sprangen auf. »Kommen Sie! Schnell!«
    Aura folgte ihnen in die Diele. Jetzt erst fielen ihr die beiden Koffer auf, die gepackt neben einer Zimmertür standen. »Es ist nicht das, was ich befürchte, oder?«
    »Vermutlich doch«, sagte Lucrecia ohne sie anzusehen, lief zum Eingang und blickte durch das Guckloch. »Verdammter Mist!«
    Erneut klingelte es. Dann ertönte eine männliche Stimme.
    »Salome und Lucrecia Kaskaden? Öffnen Sie die Tür! Polizei!«
    Aura brauchte nur einen Augenblick, um sich auf die neue Situation einzustellen, vielleicht weil sie selbst längst mit so etwas gerechnet hatte. Sie waren drei deutsche Frauen in der Hauptstadt eines Landes, dem Deutschland vor ein paar Stunden den Krieg erklärt hatte. Was hatten sie erwartet?
    »Zur Feuerleiter«, flüsterte Salome und schnappte sich einen der beiden Koffer. »Wenn wir Glück haben, rechnen sie nicht damit, dass wir fliehen.«
    Lucrecia ergriff den zweiten Koffer, während Aura sich suchend nach ihrer Tasche umschaute. Darin steckten zwar nicht ihr Papiere, wohl aber die Adresse ihres Hotels. Falls die Geheimpolizei sie fand, war es vermutlich nur eine Frage von Minuten, bis sie die Gästelisten des Trois Grâces überprüften. Irgendwer würde wissen, dass die letzte Marquise de Montferrat vor über hundert Jahren verstorben war.
    Salome erschien noch einmal in der Tür. »Nun kommen Sie doch!«
    Aura fand ihre Tasche, hängte sie über den Arm und folgte den Zwillingen. »Bin schon unterwegs.«
    Der Polizist hämmerte mit der Faust gegen die Wohnungstür.
    »Machen Sie es sich und uns doch nicht so schwer, meine Da-men.«
    Sie eilten durch zwei hintereinander liegende Schlafzimmer, dann durch einen kurzen Flur und einen weiteren Raum. Das alles war noch immer Teil der Wohnung. Entweder hatten die Schwestern vermögende Gönner, oder sie stammten aus einer wohlhabenden Familie.
    Das letzte Zimmer, vor dessen Fenster eine rostige Feuerleiter abwärts führte, war ähnlich eingerichtet wie die Diele. Die meisten Kunstschätze, Andenken und Kultgegenstände waren afrikanischer Herkunft.
    »Ein Jammer, all das zurückzulassen«, sagte Aura, als Lucrecia das Fenster aufriss und gehetzt in die Tiefe blickte.
    Salome brachte ein flüchtiges Lächeln zustande. »Das meiste werden sie in ein Lager der Polizei bringen. Der Verwalter ist einer unserer besten

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