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Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche

Titel: Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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zuckte die Achseln. »Das habe ich auch nicht angenommen. Aber, einen Augenblick… Warten Sie kurz.« Er verschwand im Nebenzimmer und kehrte kurz darauf mit einer Petroleumlampe zurück. »Hier, nehmen Sie die. Das Mondlicht wird Ihnen zwar im Freien weiterhelfen, aber im Kastell werden Sie die brauchen können.«
    Sie nahm die Lampe dankbar entgegen, genauso wie die Blechdose mit Zündhölzern, die er ihr dazu reichte. »Sie sind sehr freundlich«, sagte sie.
    »Teil meiner Berufung«, sagte er mit einem Augenzwinkern.
    Sie verabschiedete sich von ihm und schlug die angegebene Rich-tung ein. Die Fenster der meisten Häuser waren mittlerweile erleuchtet. Hier und da erschienen knorrige Gesichter hinter den Scheiben, wenn der Hufschlag ihres Pferdes von den Mauern widerhallte. Bald stieß sie auf einen gewundenen Pfad, der den Hang hinaufführte.
    Sie ritt eine halbe Stunde, ehe sie über ihre Schulter den Berg hinabblickte und überrascht feststellte, dass sie noch immer die Dächer des Dorfes sehen konnte. Das Mondlicht lag wie eine Staubschicht über den Schindeln und Giebeln. Sie erkannte das helle Fenster des Pfarrhauses. Es blickte ihr nach wie ein wachsames Auge.
    Sie folgte dem Pfad um eine Kehre. Soldeu blieb auf der anderen Seite des Berges zurück. Die Hänge waren hier spärlicher bewachsen als rund um die Hauptstadt, ein Hinweis darauf, dass sie seit Stunden beständig bergauf geritten war.
    Felswände erhoben sich über steilen Wiesen. Anfangs sah sie noch vereinzelte Schafherden auf den weiten Flächen, zusammengedrängt für die Nacht, doch nach einer Weile blieben auch diese zurück. Sie war jetzt ganz allein im Gebirge. Zumindest musste sie sich nicht vor Räubern in Acht nehmen; es kamen zu wenige Reisende hierher, als dass es sich gelohnt hätte, Hinterhalte zu legen.
    Sie konnte sich nicht erinnern, jemals einen so hellen Mond gesehen zu haben. Es musste an der Höhe liegen, in der sie sich befand. Die Zahl der Sterne schien sich seit gestern verdoppelt zu haben. Der Anblick war atemberaubend. Wäre da nicht die Anspannung in ihrem Inneren gewesen, die nervöse Erwartung, die sie von Kopf bis Fuß erfüllte, so hätte sie die Nacht wohl genießen können. Sie hatte das Gefühl einer Klarheit, die vom Himmel und der Nachtluft auf sie selbst übergriff, als vertreibe das Licht des Mondes die Schatten aus ihrer Seele. Mit jedem Kilometer, den sich das Pferd den Berg hinaufkämpfte, fühlte sie sich ruhiger und reiner. Sie beobachtete sich selbst wie eine Fremde, ein Gefühl, das sie zuletzt vor ein paar Ta-gen in Paris gehabt hatte, kurz bevor sie den Abdruck der sechsfingerigen Hand auf ihrem Bett entdeckt hatte. Damals war das Gefühl zu schnell geschwunden, als dass es einen bleibenden Eindruck hätte hinterlassen können. Jetzt aber fühlte sie es wieder, und mit dem Gefühl kam die Erkenntnis, wie kindisch sie sich aufgeführt hatte. Sie war einem Phantom nachgejagt, dem Verbum Dimissum, nur einem Wort, Herrgott noch mal! Als ob sie sich damit irgendeiner ihrer anderen Sorgen hätte entledigen können. Und es war ja auch nie wirklich um das Verbum gegangen. Sie war nur fortgelaufen, vor ihrer Familie, vor ihrem Erbe, vor sich selbst.
    Heute aber, in dieser Nacht, auf diesem Berg, fühlte sie die Bereitschaft, sich ihren Problemen zu stellen. Dem Gedanken an ihre Unsterblichkeit. Ihren eigenen Fehlern und Versäumnissen. Und sogar dem Mörder, der hinter ihr her war.
    Sie blickte sich um, aber der Pfad lag nach wie vor verlassen da. Kein Mensch, der ihr folgte. Nicht einmal ein Raubtier, falls es hier welche gab. Bären, vielleicht, dachte sie, aber irgendwie schien ihr die Vorstellung im Augenblick wenig bedrohlich.
    Fühl dich nur nicht zu sicher. Werd’ ja nicht unvorsichtig.
    Sie streichelte dem Pferd die Mähne und flüsterte ihm ein paar aufmunternde Worte zu. Es hielt sich wacker, trotz der Anstrengung des Aufstiegs. Sie hoffte, dass es im Kastell einen Brunnen oder eine Quelle gab, das Tier würde Wasser brauchen. Sie selbst hatte weder Durst noch Hunger, und obwohl sie in Andorra la Vella eine Ration aus Brot und trockener Hartwurst gekauft hatte, hatte sie beides bis-lang nicht angerührt.
    Vor sich, hinter einer Kuppe aus hohem Gras, sah sie jetzt einen mächtigen Felskegel. Der Gipfel.
    Guten Abend, Heiliger Geist, eigentlich bin ich gar nicht wegen dir gekommen. Du hast nicht zufallig meinen Vater gekannt? Ist vermutlich besser so, ihr wärt keine Freunde geworden.
    Mit einem

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