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Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche

Titel: Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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eine bizarre Krone aus Stahl. Aura stieg vom Pferd und klopfte an der Tür des winzigen Pfarrhauses. Der Geistliche, ein kahlköpfiger junger Mann mit einer Brille aus Drahtgestell, musterte sie durchdringend, erwies sich dann jedoch als hilfsbereiter, als sie erwartet hatte. Er sprach Französisch mit ihr, gefärbt vom Katalanischen, das in Andorra und weiten Teilen der Pyrenäen gesprochen wurde. Er erinnerte sich an den Namen Institoris und wusste von den Besitzansprüchen ihrer Familie auf das alte Kastell. Nein, sie werde wohl keine Probleme mit den Einheimischen bekommen. Keiner treibe seine Herden so weit hinauf in die Berge, und außer ein paar wilden Bergziegen würde sie dort niemanden antreffen. Ruinen gebe es hier im Gebirge im Überfluss, keiner kümmere sich darum. Die Menschen hätten genug damit zu tun, die kargen Ernten einzubringen und das Vieh über die harten Winter zu retten. Für Geschichte interessiere sich hier niemand, abgesehen vielleicht von ihm selbst – »ich habe in Pamplona studiert, wissen Sie« –, und sie sei herzlich eingeladen, ihn zu besuchen, wenn es ihr dort oben zu einsam würde. Aura versicherte ihm, dass sie nur einige Tage bleiben werde, im Höchstfall vielleicht zwei Wochen. Angesichts der Tatsache, dass sie nicht einmal genau wusste, weshalb sie überhaupt hier war, war das eine einigermaßen gewagte Schätzung.
    »Mein Vorgänger hat Ihren Vater einmal erwähnt«, sagte der Pfarrer. »Ich will ehrlich sein. Die Menschen hier haben keine guten Erinnerungen an ihn.«
    Das kann ich mir vorstellen, dachte sie. Aber sie fragte nur:
    »Warum?«
    »Ich weiß nicht viel darüber, ich bin noch nicht lange hier. Ihr Vater muss die Gegend vor über dreißig Jahren verlassen haben.«
    Sie nickte. »Im Frühjahr 1877.« Ein Jahr später hatte er in Berlin um die Hand ihrer Mutter angehalten. »Was hatten die Leute denn gegen ihn?« Abgesehen davon, dass er dort oben junge Mädchen ermordet hat, um aus ihrem Blut das Elixier des Lebens zu destillieren – aber das sagte sie nicht. Sie hoffte inständig, dass niemand in Soldeu die Wahrheit kannte, sonst lief sie Gefahr, anstelle ihres Vaters am höchsten Baum des Dorfes zu baumeln.
    »Oh, wie gesagt, ich weiß nichts Genaues. Dunkle Geschäfte, nehme ich an, was immer das bedeuten mag.« Er lächelte unsicher. »Er hatte wohl mit Schmugglern zu tun, die alles mögliche für ihn über die Berge geschafft haben.«
    Mädchenhändler, dachte sie. Junge Frauen, die in Frankreich und Spanien entführt worden waren und in seinem Laboratorium ihr Le-ben ließen. Aura wurde hundeelend. Aber was konnte man von einem Vater erwarten, der seine eigene Tochter erst schwängern und dann umbringen wollte? Erst nach seinem Tod hatte sie erfahren, was für eine Bestie er gewesen war.
    Zum ersten Mal fragte sie sich, auf was für Spuren sie in den Ruinen des Kastells stoßen würde. Ganz sicher nicht auf Leichenteile, davon hätte der Pfarrer sicher gewusst. In den siebenunddreißig Jahren seit Nestors Flucht waren doch gewiss Menschen dort oben gewesen, Wanderer, Neugierige oder Kinder, die dort spielen wollten.
    Dann aber wurde ihr klar, was die Unwissenheit des Pfarrers noch bedeuten konnte: Die Menschen im Dorf fürchteten den Ort und hielten sich davon fern. Nach kurzem Zögern fragte sie den Geistlichen danach.
    Er bestätigte ihre Vermutung. »Die Menschen hier sind anders als dort, wo Sie herkommen, Mademoiselle. Der alte Aberglaube ist tief verwurzelt. Den Kampf dagegen führe ich jeden Tag von neuem. Übrigens ohne großen Erfolg.«
    »Ich habe eine Geschichte gehört über den Heiligen Geist, der angeblich…«
    »Der angeblich auf dem Berg Hof gehalten hat«, unterbrach er sie lächelnd. »Ja, das ist eine alte Sage über den Ort, an dem das Kas-tell steht. Es gibt vermutlich noch ein halbes Dutzend andere, an die sich hier kaum noch jemand erinnert. Aber falls Sie ihm begegnen sollten, grüßen Sie ihn von mir und erzählen Sie ihm, was für großartige Arbeit ich hier in seinem Namen leiste.«
    Sie lachte höflich und dankte ihm für die Auskunft. Keine Ursache, sagte er, und gab ihr den Rat, erst am Morgen aufzubrechen. »Es ist beinahe Vollmond.«
    »Nun, das heißt immerhin, dass ich im Dunkeln nicht in irgendeinen Felsspalt stolpern werde, oder?«
    »Die Menschen hier bleiben bei Vollmond in ihren Häusern.«
    Sie lächelte, auch wenn ihr nicht wirklich danach war. »Ich habe keine Angst vor Gespenstern.«
    »Nein«, sagte er und

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