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Die Alchimistin 03 - Die Gebannte

Die Alchimistin 03 - Die Gebannte

Titel: Die Alchimistin 03 - Die Gebannte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Baronesse ersteigern. Sie hatte sich jahrelang damit in ihrem Landsitz eingeschlossen und geweigert, je wieder ein einziges Wort mit den Lebenden zu wechseln.«
    »Als Erstes haben wir selbstverständlich hineingesehen.«
    »Und?«, fragte Aura, leidlich interessiert.
    »Es ist leer«, sagte Salome lächelnd. »Es gibt keinerlei Innenleben  – bis auf einen kleinen Hocker in der Kommode, auf der das Gerät montiert ist. Der gute Edison mag eine Menge von elektrischen Kontakten verstehen, aber über die zur Geisterwelt weiß er nicht besonders viel. Er hat einfach jemanden im Inneren versteckt, der zum richtigen Zeitpunkt ein paar Laute von sich geben sollte. Und weil Edison eben
Edison ist, hat niemand gewagt, an ihm zu zweifeln und hineinzuschauen.«
    »Aber Sie sagten doch, das Gerät habe nicht funktioniert.«
    »Hat es auch nicht. Bei der ersten Vorführung im Haus zur Goldenen Quelle kam kein Ton heraus, nicht mal ein Flüstern. Unglücklicherweise war der Zwerg, der in der Kommode auf seinen Einsatz wartete, an einer Herzattacke gestorben. Es heißt, als man ihn aus seinem Versteck zog, sei sein Gesicht entsetzlich verzerrt gewesen. Sein Mund war zu einem stummen Schrei aufgerissen, beinahe so, als hätte er dort drinnen etwas gesehen, das ihn zu Tode erschreckt hat.«
    Aura war zu müde, um sich über die Geschichte lustig zu machen, zumal ihr anderes durch den Kopf ging. Aber ein Lächeln brachte sie dennoch zustande. »Und die Moral lautet: Betrüger, leg dich nicht mit den Geistern an. Oder: Bohr lieber ein paar Luftlöcher mehr in den Schrank, in dem du dich versteckst.«
    Lucrecia warf ihr einen missbilligenden Blick zu. »Er ist nicht erstickt! Wir haben es selbst ausprobiert.«
    »Sie haben sich in dieses Ding gesetzt?«
    »Selbstverständlich.«
    Salome streckte resigniert die Handflächen vor. »Sie hat darauf bestanden. Und danach zwei Wochen lang über Rückenschmerzen gejammert.«
    Aura stand auf, um Edisons Geisterautomaten aus der Nähe zu betrachten. Dabei fiel ihr Blick auf gedruckte Broschüren, die daneben an der Wand aufgestapelt waren. Titelbilder und Überschriften waren eindeutig.
    »Sexualmagie?«, fragte sie verblüfft.
    »Aber ja«, bestätigte Lucrecia. »Wir veranstalten Schulungen.«
    »Nicht auf Ihrer Chaiselongue«, bemerkte Salome, »keine Sorge.«

    »Ausschließlich per Post«, sagte ihre Schwester. »Unsere Pamphlete sind europaweit äußerst begehrt.«
    Aura nahm eines in die Hand und blätterte darin. »Kann ich mir vorstellen.«
    »Es ist nichts Anstößiges dabei«, ereiferte sich ausgerechnet Lucrecia, der sie dies am wenigsten zugetraut hätte. »Wir schreiben die Texte und lassen Sie von Künstlern hier aus dem Viertel illustrieren.«
    »Unzucht mit dem Engel«, las Aura laut vor. »Fünf Schritte, sich die Himmlischen gefügig zu machen.« Sie blickte auf. »Das haben Sie geschrieben?«
    Salome kicherte. »Ich war ein wenig beschwipst.«
    Lucrecia erhob sich, nahm Aura das Heft aus der Hand und legte es zurück auf den Stapel. »Möchten Sie nun mehr über das erfahren, was Sie bedroht, oder nicht?«
    Aura blickte von einer zur anderen. »Wie beschwipst waren Sie, als Sie von mir geträumt haben? Und von dieser Gefahr, die mir folgt?«
    Lucrecia schnaubte. »Wir wollten Ihnen helfen. Wenn Sie aber meinen, nicht darauf angewiesen zu sein, dann —«
    »Helfen wir Ihnen trotzdem«, sagte Salome beschwichtigend. »Genau genommen haben wir bereits damit begonnen.«
    Aura sah sie verwundert an. »Wie meinen Sie das?« Salome deutete auf den Tee. »Legen Sie sich lieber hin. Es dürfte jeden Moment losgehen.«
    »Was haben Sie —« Von einem Augenblick zum nächsten fühlte Aura sich, als hätte man sie kopfüber in warmes Wasser gestürzt. Sie verlor jedes Gefühl für oben und unten. Es war nicht unangenehm, nur verwirrend.
    »Nehmen Sie es uns nicht übel.« Salome war plötzlich neben ihr und nahm ihre Hand. Im nächsten Moment lag Aura schon auf der samtenen Chaiselongue, ohne so recht zu wissen, wie sie dorthin gelangt war. »Sie würden uns ja doch keinen
Glauben schenken, wenn Sie es nicht mit eigenen Augen sehen. Der Tee beruhigt Sie nur. Den Rest erledigen wir für Sie.«
    »Ich bin kein bisschen ... beruhigt«, brachte Aura hervor.
    Lucrecia beugte sich über sie. »Wir werden versuchen, Sie dorthin zu führen, wo Sie vielleicht klarer sehen. Stellen Sie es sich wie einen fremden Ort vor, den Sie betreten. Wir öffnen Ihnen die Tür dorthin. Sie müssen sich

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