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Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)

Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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Lieblichkeit der Nachtluft wiegte sie in Schlaf, als ihr Auge von einem Glanze in der Entfernung getroffen ward und sie zu ihrem Staunen einen langen Reiterzug maurischer Krieger erblickte, welche die Bergseite hinab und die laubigen Gänge entlang eilten. Einige waren mit Lanzen und Schildern bewaffnet; andere mit Säbeln und Hellebarden, und mit polirten Harnischen, welche im Mondschein glänzten. Ihre Rosse hoben sich stolz und knirschten auf ihr Gebiß, aber ihr Schritt brachte nicht mehr Klang hervor, als wenn ihre Hufen mit Filz belegt gewesen wären, und die Reiter waren alle blaß wie der Tod. Unter ihnen ritt eine schöne Dame mit einer Krone auf dem Haupt und langen, goldnen, mit Perlen durchflochtnen Locken. Die Schabrake ihres Zelters war von Scharlachsammt mit Gold gestickt und schleifte auf dem Boden. Aber sie ritt ganz trostlos dahin, und heftete ihre Augen stets auf den Boden.
    Dann folgte ein Zug von prachtvoll in Gewänder und Turbane von verschiedenen Farben gekleideten Höflingen, und in ihrer Mitte ritt auf einem weißen Rosse König Boabdil el chico, in einem königlichen mit Juwelen bedeckten Mantel und eine von Diamanten funkelnde Krone auf dem Haupte. Die kleine Sanchica erkannte ihn an seinem gelben Bart und der Aehnlichkeit mit seinem Portrait, das sie oft in der Gemälde-Galerie des Generalife gesehen hatte. In Staunen und Bewunderung sah sie auf dieses königliche Gepränge, das glänzend unter den Bäumen vorüber zog; aber obgleich sie wußte, daß diese Monarchen und Höflinge und Krieger, die so blaß und so stumm, außer dem gewöhnlichen Kreis der Natur, und Zauber-und Hexenwerk waren, schaute sie doch kühnen Herzens auf sie, solcher Muth gab ihr der geheimnißvolle Talisman der Hand, der um ihren Hals hing.
    Als der Reiterzug vorüber war, stand sie auf und folgte. Er ging durch das große Thor der Gerechtigkeit, das weit offen stand; die alten Invaliden, welche die Wache hatten, lagen auf den Steinbänken des Thurms, in tiefen und augenscheinlich bezauberten Schlaf begraben und das Schattengepränge schwebte geräuschlos mit fliegendem Banner und stattlicher Haltung an ihnen vorüber. Sanchica wäre gern gefolgt; aber zu ihrem Staunen sah sie in dem Thurm eine Oeffnung in der Erde, welche in die Tiefe desselben hinab führte. Sie trat ein wenig näher und wurde ermuthigt, weiter zu schreiten, als sie rohe Tritte in den Felsen gehauen und einen gewölbten Gang fand, welcher da und dort mit silbernen Lampen erhellt war, welche zumal Licht und lieblichen Duft ausströmten. Sie wagte sich weiter und kam zuletzt an einen großen Saal, welcher in der Tiefe des Berges eingehauen und prachtvoll im maurischen Style ausgeschmückt und durch Lampen von Silber und Crystal erleuchtet war. Hier saß auf einer Ottomane ein alter Mann in maurischer Tracht, mit einem langen weißen Barte, schläfrig nickend und einen Stab in der Hand haltend, der ihm stets aus den Fingern schlüpfen zu wollen schien. In einiger Entfernung saß eine schöne Dame in altspanischer Tracht, mit einer kleinen von Diamanten ganz funkelnden Krone, die Locken mit Perlen durchflochten und einer silbernen Laute sanfte Töne entlockend. Die kleine Sanchica erinnerte sich nun einer Geschichte, welche sie von den alten Leuten der Alhambra hatte erzählen hören und welche eine gothische Prinzessin betraf, die ein alter arabischer Zauberer in die Mitte des Berges eingeschlossen hatte, wo sie ihn durch die Gewalt der Musik in einen magischen Schlaf gebannt hielt.
    Die Dame hielt erstaunt inne, als sie eine Sterbliche in dem bezauberten Saal sah. »Ist es der heilige Johannisabend?« sagte sie.
    »So ist’s,« versetzte Sanchica.
    »Dann ist für eine Nacht der magische Zauber aufgehoben. Komm hierher, Kind, und fürchte dich nicht. Ich bin eine Christin, wie du, obgleich mich ein Zauber hier fesselt. Berühre mit dem Talisman, der an deinem Halse hängt, meine Bande und ich werde diese Nacht frei seyn.«
    Bei diesen Worten öffnete sie ihre Gewänder und zeigte einen breiten goldnen Ring, der ihren Leib umschloß, und eine goldene Kette, welche sie an den Boden fesselte. Das Kind zauderte nicht, die kleine Gagathand an den goldnen Ring zu halten und augenblicklich fiel die Kette zu Boden. Bei dem Klang erwachte der Alte und rieb sich die Augen; aber die Dame ließ ihre Finger über die Saiten der Harfe gleiten und er fiel wieder in Schlaf und begann zu nicken und sein Stab in seiner Hand zu schwanken. »Jetzt,« sagte die Dame,

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