Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)
und schwang, obgleich linkhändig, seinen Säbel so wacker, daß er sich jedesmal, kraft harten Kampfes, wieder auf den Thron schwang. Statt aber aus dem Unglück Weisheit zu lernen, wurde er halsstarriger, und sein linker Arm in Eigenwille gestärkt. Das öffentliche Unglück, das er so auf sich und sein Königreich brachte, kann man in den arabischen Jahrbüchern Granada’s nachlesen; die gegenwärtige Sage hat es nur mit seinem häuslichen Leben zu thun.
Als dieser Mahomed eines Tags mit einer Schaar seiner Höflinge den Fuß des Berges von Elvira entlang ritt, begegnete er einem Reiterhaufen, der von einem Streifzug in das Gebiet der Christen zurückkam. Sie führten einen langen Zug Maulthiere, welche mit Beute und vielen Gefangenen beiderlei Geschlechts beladen waren; unter den letztern fiel dem König ein schönes, reich gekleidetes Fräulein auf, das weinend auf einem kleinen Zelter saß, und der tröstenden Worte einer Duenna, die neben ihr ritt, nicht achtete.
Der von ihrer Schönheit geblendete König erfuhr von dem Anführer der Schaar, sie sey die Tochter des Alcalde einer Grenzveste, welche während des Streifzugs überrumpelt und geplündert worden sey. Mahomed nahm sie als königlichen Antheil an der Beute in Anspruch, und ließ sie in seinen Harem in der Alhambra führen. Hier that man alles Ersinnliche, um ihre Schwermuth zu besänftigen, und der mehr und mehr verliebte König suchte sie zu seiner Gemalin zu machen. Die spanische Maid wieß erst seine Anträge zurück – er war ein Ungläubiger – er war der offene Feind ihres Landes – was noch schlimmer, er war bei Jahren.
Als der König sah, daß seine Bemühungen fruchtlos blieben, beschloß er, die Duenna, welche mit dem Fräulein gefangen genommen worden, für sich zu gewinnen. Sie war von Geburt eine Andalusierin, ihr christlicher Name ist aber vergessen worden, denn in den maurischen Sagen hat sie keinen andern Namen, als den der klugen Kadiga – und klug war sie in der That, wie ihre ganze Geschichte deutlich zeigt. Der maurische König hatte nicht sobald eine kurze geheime Unterredung mit ihr gehabt, so begriff sie auch schon das dringliche seiner Gründe, und unternahm es, seine Sache bei ihrer jungen Herrin zu führen.
»Ei was,« sagte sie, »wozu denn all dieß Weinen und Jammern? ist es nicht besser, die Gebieterin dieses schönen Palastes mit allen seinen Gärten und Brunnen zu seyn, als sich in Eures Vaters alten Grenzthurm einsperren zu lassen? Daß dieser Mahomed ein Ungläubiger ist, was thut dieß zur Sache? Ihr heirathet ihn, nicht seine Religion, und wenn er ein wenig alt zu werden anfängt, so werdet ihr um so eher eine Wittwe und Eure eigne Herrin seyn; in jedem Falle seyd Ihr in seiner Gewalt, und müßt entweder eine Königin oder eine Sclavin seyn. Wenn man in die Hände eines Räubers gefallen ist, so ist es besser, seine Waare um einen guten Preis abzusetzen, als sie sich mit Gewalt abnehmen zu lassen.«
Die Gründe der klugen Kadiga siegten. Die spanische Dame trocknete ihre Thränen, und wurde die Gattin Mahomed des Linkischen; sie bequemte sich sogar, dem Anscheine nach, zu dem Glauben ihres königlichen Gemals; und ihre kluge Duenna bekannte sich alsbald zu den Lehren des Moslemim; in dieser Zeit erhielt letztere den arabischen Namen Kadiga, und die Erlaubniß, die Vertraute der Königin zu bleiben.
Zur gehörigen Zeit wurde der König zu dem stolzen und glücklichen Vater von drei liebenswürdigen Prinzessinnen gemacht, die alle drei zur selben Stunde das Licht der Welt erblickten; er mochte sich wohl Söhne gewünscht haben, tröstete sich aber mit dem Gedanken, daß drei auf einmal geborne Töchter etwas ganz hübsches für einen Mann von Jahren wäre, zumal für einen linkischen.
Wie es bei den moslemitischen Monarchen Sitte ist, berief er bei diesem glücklichen Begebniß seine Astrologen. Sie stellten die Nativität der drei Prinzessinnen, und schüttelten die Köpfe. »Töchter, o König,« sagten sie, »sind immer ein unsicheres Gut; aber diese werden deine Wachsamkeit am meisten vonnöthen haben, wenn sie in das mannbare Alter kommen; zu jener Zeit nimm sie unter deine Schwingen, und vertraue sie keinem andern Schutze.«
Mahomed der Linkische war seinen Höflingen als ein weiser König bekannt, und betrachtete sich gewiß selbst als einen solchen. Die Prophezeihung der Astrologen verursachte ihm nur wenig Unruhe, denn er baute auf seinen Scharfsinn, seine Töchter zu hüten, und das Schicksal
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