Die Alptraumritter
versuchte, selbst um die Steine und Brocken herumzugehen und das Tier so zu führen, daß es nicht strauchelte. Schließlich bugsierte er das Reittier durch die Öffnung im Gewölbe.
Er drehte den Hengst mit dem Kopf zum Rand des geborstenen Turmes. Dann ließ er das Tier einige Schritte rückwärts gehen und packte einen Zipfel des Tuches. Er holte tief Luft und hoffte, daß sich das Pferd so verhalten würde, wie er es sich ausgedacht hatte. Gleichzeitig tat er verschiedene Dinge.
Seine Hand fuhr klatschend auf den Schenkel des Tieres.
Er riß hart am Zügel. Er schrie gellend auf, in unmittelbarer Nähe der Pferdeohren.
Er wich einen Schritt aus und ließ den Zügel los, hielt aber das Tuch fest.
Der Hengst bäumte sich auf und sprang nach vorn, und der Knoten im Tuch riß auf.
Der Hengst sprang in die Luft, wirbelte hell wiehernd mit allen Läufen und fiel in einem leichten Bogen abwärts. In einer gewaltigen Fontäne aus Wasser tauchte er in einen runden Teich. Prustend, wiehernd, wild mit den Läufen rudernd verschwand er kurz in einer aufgischtenden Welle, dann schwamm das Tier mit weit hochgerissenem Kopf an den Rand des Tümpels. Arruf breitete die Arme aus und sprang hinterher. In der Luft winkelte er die Beine an und umfaßte die Knie mit den Armen. Er tauchte klatschend in der Mitte der Wasserfläche ein und schwamm hinter dem Pferd an Land.
»Mein Problem scheint gelöst zu sein«, sagte er. »Aber um den Preis einer ausgiebigen Waschung.«
Sein Pferd schüttelte sich und hatte sich beruhig. Es knabberte an den saftigen Gräsern am Rand des Tümpels.
Arruf wrang seinen Mantel aus, ließ dem Tier und sich eine lange Erholungspause und versuchte, sich etwas abzutrocknen.
Dreimal versuchte er, einen Blick aus Necrons Augen zu erhaschen.
Nichts. Dunkelheit.
Es gab nur einen Grund für diesen rätselhaften Umstand. Der Alleshändler lag irgendwo im Versteck und schlief.
Siedendheiß fiel Arruf der andere Grund ein.
»Tot? Liegt Necron etwa unter dem Geröllhaufen? Ich glaube es nicht – dazu ist er zu raffiniert.«
Nach einer Stunde schwang er sich in den nassen Sattel und verließ die Umgebung des Turmes auf demselben Weg, auf dem er gekommen war. Von selbst ging der Hengst in einen leichten Galopp über, als sie die Allee der gräßlichen Fratzengestalten hinter sich gelassen hatten.
Ein weiterer rätselhafter Umstand, sagte sich Arruf nach einer Weile, als er die Geschehnisse und Beobachtungen der ersten Hälfte des Tages noch einmal langsam an sich vorbeiziehen ließ; der Turm war zerfallen, seine Umgebung von den Trümmern der Rundmauer übersät. Keine der Statuen war von einem heruntergefallenen Stein getroffen und zerschmettert worden. Die Figuren selbst, abgesehen von kleinen Einzelheiten, waren erstaunlich gut erhalten, und die lange Zeit schien sie noch dräuender und bösartiger im Ausdruck gemacht zu haben.
Auch hier, außerhalb der Düsterzone, war die Welt voller Rätsel. Und die meisten Rätsel schienen mit der längst entschwundenen Vergangenheit der Welt zu tun haben. Arruf stellte sich im Sattel auf und merkte, daß Sonnenwärme und Wind ihn und das Pferd langsam zu trocknen begannen.
Vorläufig verschwendete er keinen Gedanken mehr an Necron. Er versuchte noch zweimal im Lauf des Rittes, durch die Augen des Alleshändlers zu sehen, aber stets war eine Wand aus Finsternis alles, was er »sah«.
Trotzdem war Arruf nicht erleichtert. Er bedauerte den Tod des Steinmanns; er hätte zu einer anderen Zeit und unter anderen Umständen ein guter Freund werden können. Seine Wut auf den hinterlistigen Versuch, ihn umzubringen, war rasch verflogen. Von Hrobon und Uinaho sah er nichts, aber sie kannten sein Ziel. Unaufhaltsam schob sich aus der Glast der Mittagshitze, nur langsam deutlicher werdend, in Form eines flimmernden Bildes, die Gigantenstadt näher heran.
Arruf-Luxon rechnete damit, daß er die untersten Riesenblöcke von Ash’Caron in der Stunde der Abenddämmerung erreichen würde.
*
Rasende Schmerzen weckten ihn.
Er blinzelte. Vor seinen Augen sah er giftgelbe Halme, weiße Äste und fahles Laub. Jeder Knochen schien gebrochen zu sein, und sein Schädel dröhnte bei jedem Atemzug, als würde ein Krieger mit der Breitseite des Schwertes gegen seinen Schläfen schlagen. Er stemmte sich ächzend hoch, drehte sich auf die Schulter und spürte, wie sich ein scharfkantiger Stein schmerzhaft in seine Hüfte bohrte. Dann gelang es ihm, sich auf den Rücken zu legen. Hoch
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