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Die Alptraumritter

Die Alptraumritter

Titel: Die Alptraumritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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liegen.
*
    Der Hengst blieb zuerst stehen und stemmte sich gegen Arrufs Griff.
    Arruf packte fester zu und zog das Tier weiter ins Innere des Turmes hinein. Von oben fiel schräg eine unregelmäßige Bahn Sonnenlicht herein und tauchte eine kleine Zone etwa in der Mitte in helles Licht.
    Dann wieherte das Tier kurz, bäumte sich auf und wirbelte Luxons Füße vom Boden weg, tänzelte auf den Hinterbeinen und machte einige unbeholfene, aber schnelle Sprünge auf den Lichtfleck zu. Arruf wurde mitgerissen und wußte, als er das entsetzliche Knirschen hörte, daß das Gewölbe über ihm zusammenbrach.
    Er dachte nicht mehr.
    Er vermochte nicht mehr klar zu denken – er handelte. Er ließ sich vom Tier mitreißen und suchte sein Heil darin, daß sie sich an die Mauern schmiegen und versuchen würden, dem Zentrum des einstürzenden Gewölbes auszuweichen.
    Als sie beide gegen die gegenüberliegende feuchte Mauer prallten, begriff Arruf, daß ihn das Tier gerettet hatte.
    Der Eingang, eben noch ein etwa halbrunder Fleck Helligkeit, schloß sich. Zerbröselndes Gestein, Quader und die keilförmigen Brocken, aus denen das Gewölbe gebaut waren, fielen herab. Der Eingang füllte sich von unten nach oben auf, der Schuttberg wuchs innerhalb weniger Augenblicke mit ohrenbetäubendem Krachen, das durch den gewaltigen Hohlraum noch verdoppelt und vervielfacht wurde. Dann knirschte ein Teil der Frontmauer, schwankte kurz nach außen und kippte dann endültig gegen den letzten Teil der Öffnung. Eingeschlossen.
    Arruf lehnte mit beiden Schulterblättern an der Mauer.
    Neben ihm tänzelte aufgeregt der Hengst, beruhigte sich erstaunlicherweise aber wieder sehr schnell.
    »Du Hund. Du Wechselbalg unbeschreiblicher Mütter und zahlloser Vager. Deine Moral hast du in der Dunkelwelt gegen deine Stundenwurzel eingetauscht!« flüsterte Arruf, keuchend vor heillosem Zorn.
    Noch ein letztes Ächzen ging durch das Gemäuer, dann war Ruhe.
    Eine tote Fledermaus fiel Arruf vor die Füße. Vorsichtig hob er den Fuß und stieg darüber hinweg.
    Er bemächtigte sich der fremden Augen und sah: nichts. Er versuchte es ein zweitesmal. Dunkelheit. Er unterdrückte seine Wut und versuchte es, langsamer und konzentrierter, ein drittesmal.
    » Celen vom Hungerturml « , stöhnte er. »Jetzt verstehe ich nichts mehr.«
    Er schüttelte sich und sah, daß er noch nicht verloren war. Er setzte in einigen zaghaften Sprüngen – noch lähmte die ausgestandene Furcht seine Knie – quer durch den Innenraum und kletterte die Rampe hinauf. Vorsichtig, jeden Moment einen Angriff des Alleshändlers gewärtig, schob er seinen Körper durch die Öffnung.
    Er stand auf der Oberfläche eines großen Quaders. Der Stein, sechs Ellen breit und etwa zwanzig Ellen lang, bildete mit seiner Breite die Dicke des Turmgemäuers. Unten schrie ängstlich oder zornig der Hengst. Arruf befand sich etwa fünfundzwanzig Mannslängen hoch über dem Boden.
    Er ging einmal um den gesamten Turm herum. Dabei kletterte er aufwärts und wieder abwärts, je nachdem, an welchen Stellen die obere Hälfte des Turmes fehlte.
    Nach eineinviertel Umrundungen blieb er stehen und sagte sich, daß er möglicherweise gerettet war.
    Er trat einen lockeren Eckstein ab, packte ihn und warf ihn schräg nach außen. Er verfolgte dessen Flug und auch, wie er aufschlug und versank.
    »Es wird schwierig werden, Luxon«, sagte er laut, um sich umzustimmen. »Aber du hast schon ganz andere Unmöglichkeiten bezwungen.«
    Er dachte bezeichnenderweise daran, wie er in Sarphand von der Großen Klippe in den Hafen hinuntergesprungen war.
    Auch diesen weiten Fall hatte er überlebt, mit Sadagar und Mythor zusammen.
    Sarphand! Wie unendlich weit war diese Zeit entfernt.
    »Es ist nicht das Abenteuer«, sagte sich Arruf und kletterte wieder hinunter zu seinem Reittier, »das mich umbringt, sondern der Ehrgeiz, zu überleben. Eines weiß ich. Necron wird bezahlen müssen. Mit Zins und Zinseszins.«
    Der Hengst wieherte aufgeregt, als er die laute, menschliche Stimme hörte. Er blieb ruhig und wehrte sich nicht, als ihm Arruf mit einem Tuch aus der Satteltasche die Augen verband.
*
    Arruf faßte nach dem Zügel.
    Er redete beruhigend auf das Tier ein. Der Hengst folgte ihm, als er ihn vorsichtig am Rand des Trümmerbergs entlang und auf die Rampe zuführte. Nur die aufgeregt spielenden Ohren verrieten, daß sich das Tier nicht wohl fühlte.
    Langsam ging Arruf über die trümmerbedeckte Rampe. Das Tier folgte. Er

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