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Die Alptraumritter

Die Alptraumritter

Titel: Die Alptraumritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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waren, hatten alle eine Richtung eingeschlagen, grob ausgedrückt. Vielleicht strebten sie einem Treffpunkt zu. Arruf beschloß, ihnen zu folgen. Er stapfte los und erblickte weit vor sich eine Gruppe von zwei Rittern und einen, der ihnen allein folgte. Diesmal schien keine Magie im Spiel zu sein, denn Arruf, der dem Ritter folgte, kam näher und näher.
    Wenn es ihm gelang, unbemerkt dorthin zu gelangen, wohin die Ritter gingen, würde er unweigerlich früher oder später auf den Shaer stoßen. Ob man ihn, der mehr wie ein Nomade aussah, weitergehen ließ, war fraglich. Also mußte er sich abermals einer List bedienen.
    Er handelte schnell.
    Als er den einzelnen Ritter erreichte, waren sie in einer schmalen, leeren Gasse. Niemand beobachtete sie. Arruf schnellte sich von hinten unhörbar an den Mann heran, riß ihm den Helm vom Kopf und schlug mit dem Griff des Dolches gegen die Schläfe. Stöhnend und mit rasselnder Rüstung ging der hochgewachsene Recke zu Boden. Er war so groß wie Arruf, aber als der Sohn des Shallad sein Gesicht sah, wußte er, daß der Ritter nicht aus dem Süden stammte.
    Ein Mann mittlerer Jahre, mit hellem Haar und einem blonden Bart und heller Haut. Ein Nordländer.
    Arruf plünderte den Ritter aus. Er hatte Glück, denn niemand störte ihn, als er in die Rüstung des Mannes schlüpfte, sich den Helm aufsetzte und die Waffen anlegte. Er wurde unruhig, als er die vielen Schnallen und Verschlüsse schließen mußte. Seine Ausrüstung ließ er neben dem Bewußtlosen liegen; man würde vermuten, wenigstens für eine Zeit, daß ein Horier diese Untat begangen hatte.
    Zuletzt nahm Arruf das riesige Langschwert an sich, einen Beidhänder oder Bidenhänder den er im Wehrgehenk auf dem Rücken befestigte. Jetzt war er es, der klirrend davonstapfte, einem unbekannten Ziel entgegen.
    Nomaden kreuzten seinen Weg, andere Stadtbewohner, Ritter zu Fuß und zu Pferde. Er wanderte durch Straßen, über Plätze und treppauf, treppab. Hinter einem Torbogen trat ein Ritter auf ihn zu, hob den Arm in einer gebieterischen Geste und sagte aus den Tiefen seines geschlossenen Helmes:
    »Komm mit mir, Bruder. Die Stunde des Kampfes hat für uns Alptraumritter geschlagen.«
    »Ich komme«, antwortete Arruf, und auch für ihn klang seine Stimme hohl und dumpf.
    Die Rüstung war zweckmäßig und erstaunlich wenig schwer. Arruf-Luxon, zu dessen Leben wechselnde Maskierung gehörte, bewegte sich binnen kurzer Zeit, als habe er niemals etwas anderes als Brustpanzer und Armschienen getragen. Der Schild schlug bei jedem Schritt gegen seine Schultern und gegen den Griff des Zweihänders.
    Schweigend bewegten sie sich durch ein Gewirr von Gassen. Hier schien der eigentliche Mittelpunkt von Ash’Caron zu sein. Fackeln loderten an verrußten Wänden, in Türeingängen, Nischen und Fenstern standen blakende Öllampen. Menschen aus Fleich und Blut waren in den ausgehöhlten Felsquadern zu sehen. Stimmengewirr schwoll an, und von überall her hörten Arrufs scharfe Ohren die schweren Schritte einzelner Ritter. Die Verzerrung der Laute existierte hier nicht; und Arrufs innere Anspannung nahm zu, denn er wartete auf einen neuen Täuschungsversuch seines Gegners Necron.
    Dann blieb der Bewaffnete an seiner Seite stehen und deutete nach vorn.
    »Wir haben heute den Kreis zu bilden. Der Schwarzstein wartet in der Großen Halle auf uns.«
    »Ich verstehe«, erklärte Arruf unverbindlich, »eine schwere Nacht harrt unser.«
    »So ist es.«
    Sie standen vor dem reich verzierten, aus Säulenkolonnaden gebildeten Eingang, der sich in der Mitte, auf halber Höhe eines mächtigen Felsquaders befand. Arruf fühlte sich fest am Arm gepackt und vorwärtsgezogen. Entlang der Wände eines eckigen Ganges loderten aus bronzenen Schalen mächtige Ölflammen. Der Korridor führte abwärts, und dann öffnete sich vor Arrufs verwundertem Blick eine riesige Halle. Sie war rund, und die Kuppel verschwand in rußiger Dunkelheit.
    Schweigend betrachtete Arruf die Einzelheiten der Versammlungshalle. Ein doppelter Kreis von Ölflammen zog sich entlang der Wand hin. Der Boden bestand aus ringförmigen Ebenen, die durch flache Stufen getrennt waren. Im Zentrum der Stufen und an der tiefsten Stelle stand ein schwarzer Felsblock, der wie ein Opferstein aussah. Ein bandförmiges Fries lief über sein unteres Drittel. Mehr als drei Dutzend Alptraumritter warteten, schweigend oder sich murmelnd unterhaltend. Sie bildeten einen Halbkreis auf der dem Eingang

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