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Die Alptraumritter

Die Alptraumritter

Titel: Die Alptraumritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Spitze der Lanze riß rechts und links tiefe Rillen in das Gestein.
    Der Reiter warf dem Krieger auf dem fahlbraunen Pferd einen langen, schweigenden Blick aus dem Schlitz seines Visiers zu.
    Dann hob er die Lanze wieder und ritt davon, ohne sich umzusehen.
    »Das… das kann nicht wirklich geschehen sein«, keuchte Necron auf.
    Arruf faßte sich schnell. Seine Erleichterung, nicht mehr in der Falle zu sitzen, war größer als seine Überraschung. Ein nordischer Ritter! Ihm fiel ein, was er über Coerl O’Marn aus Erzählungen wußte, den einzigen Alptraumritter, den er kannte. War der Gepanzerte, der ihn soeben befreit hatte, ein Artgenosse des Mannes aus Gorgan?
    Fragen und noch mehr Fragen. Ash’Carons Geheimnisse wurden zahlreicher und größer, je länger er in der Stadt weilte.
    Er lenkte das Tier aus dem Spalt, der in dem Augenblick, als er die Stichstraße verließ, wieder die vorherige Breite erreichte.
    Der Ritter bewegte sich auf die reich verzierte Säule an einer Ecke des Platzes zu. Arruf folgte ihm.
    Er wußte, daß Necron ihm folgen würde, aber in unmittelbarer Nähe des Alptraumritters der Gigantenstadt würde er nicht wieder einen der schmutzigen Tricks versuchen. Er mußte sicher sein, daß die Bewohner der Stadt Arruf lebend haben wollten oder zumindest verhinderten, daß ein Besucher aus Horiens Steppen einen anderen tötete.
    Das erschöpfte Tier fiel abermals in einen schnellen Trab, als Arruf den Hengst anfeuerte.
    Aber je schneller er selbst ritt, desto schneller bewegte sich auch der Ritter von ihm fort. Und schließlich hörte er auch hinter sich Hufschlag. Er brauchte sich nicht umzuwenden, denn er wußte genau, daß der Alleshändler ihn verfolgte.
    Unter der Führung des Gepanzerten drangen sie tiefer in die Gigantenstadt ein. Hoch über den Schluchten funkelten ein paar Sterne. Und noch immer zeigten sich keine Stadtbewohner auf den Straßen und Plätzen.
    Arruf starrte auf den breiten, eisenbewehrten Rücken des Ritters und sah die Lanzenspitze im fahlen Licht funkeln. Schließlich trieb er das Pferd zu einer letzten, entscheidenden Anstrengung an und versuchte den Ritter einzuholen. Es gelang ihm nicht – der Abstand blieb gleich.
    »Höre mir zu, Ritter!«
    Der Gepanzerte tat so, als sei er taub. Unbeirrbar ritt er in scharfem Trab weiter.
    »He! Ich suche Shaer O’Ghallun! Bringst du mich zu ihm?«
    Schweigen blieb die einzige Antwort. Arruf gab noch nicht auf.
    »Oder bist am Ende du selbst der legendenumwitterte, gerechte und hilfsbereite Shaer? Dann halte an, denn ich bringe dir Botschaft von Elejid, dem Nomaden.«
    Der Ritter hob nicht einmal die gepanzerten Schultern.
    »Ich wußte nicht, daß die Alptraumritter stimmlos sind!« rief er nach einer Weile. Der Ritter schien ihn und seinen Verfolger auf verschlungenen Wegen tatsächlich tiefer ins Zentrum der Gigantenstadt zu führen.
    Arruf sah die Nutzlosigkeit seines Versuchs ein und folgte ihm langsamer und schweigend. Und nach einer Weile änderte sich das Aussehen der Stadt. Sie war nicht leer. In ihren Gassen und Straßen, auf Rampen, Stegen und Plätzen sah er Menschen. Die erste schwache Hoffnung keimte in ihm auf.

5.
    Tief unter sich, in einer Straßenschlucht, sah Arruf eine Karawane aus Horien. Die Nomaden lagerten auf einem Stück der Straße und hatten ihre Zelte nahe einem Brunnen aufgeschlagen. Kurze Zeit später erblickte er zwei Ritter zu Pferde, die seinen Weg kreuzten. Sein Führer verschwand ganz plötzlich hinter einer Ecke, das Hufgeräusch riß ab. Arruf versuchte, den Weg zu erraten, den der Gepanzerte genommen hatte, aber er schaffte es nur, Necron abzuschütteln.
    Arruf glaubte, inzwischen ein wenig mehr von der Anlage der Stadt zu verstehen. Zumindest war er sicher, ohne Hilfe wieder hinauszufinden. Er hing müde im Sattel und ritt erneut um eine Ebene weiter hinauf. Dort oben hatte er viermal Ritter gesehen, die zu Fuß gingen.
    Geruch nach Wasser, feuchtem Stroh und warmen Tierleibern schlug in seine Nase. Nach einigen Herzschlägen sah er neben sich den Eingang zu einem Stall. Er ließ sich aus dem Sattel gleiten, führte sein Pferd auf den Stall zu und sah, daß der dunkle Raum voller Pferde war. Rasch schnallte er den Sattel ab, nahm dem Tier die Trense ab und band das Pferd mit einem Strick vor einer Futterkrippe an. Hier gab es Ruhe, Wasser und Futter. Und er war die Verantwortung für das Tier los.
    »Was nun, Arruf?« fragte er sich.
    Die Reiter und die Ritter, die ohne Pferde zu sehen

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