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Die alte Jungfer (German Edition)

Die alte Jungfer (German Edition)

Titel: Die alte Jungfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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verheiratet oder nicht, ein glänzendes Geschäft; sein Haus war ihm nur auf siebenundzwanzigtausend Francs zu stehen gekommen. Die Gläubigen waren durch diese treffende Bemerkung der Ungläubigen getroffen. Chesnel, der Notar von Mademoiselle Cormon, habe noch kein Wort vom Ehekontrakt gehört, sagten die Ungläubigen wiederum. Die in ihrem Vertrauen unerschütterlichen Gläubigen trugen am zwanzigsten Tag einen völligen Sieg über die Ungläubigen davon. Monsieur Lepressoir, Notar der Liberalen, kam zu Mademoiselle Cormon, wo der Kontrakt unterzeichnet wurde. Dies war das erste der zahlreichen Opfer, die Mademoiselle Cormon ihrem Manne bringen sollte. Du Bousquier hegte gegen Chesnel einen glühenden Haß; er schob ihm die erste Abweisung zu, die ihm Mademoiselle Armande erteilt hatte, und die Abweisung von Mademoiselle Armande hatte seiner Meinung nach die Weigerung Mademoiselle Cormons herbeigeführt. Der alte Athlet des Direktoriums hatte sich in dem Herzen der edelmütigen Jungfer, die glaubte, die edle Seele des Lieferanten falsch beurteilt zu haben, schon so festgesetzt, daß sie ihr Unrecht wiedergutmachen wollte: sie opferte ihren Notar der Liebe. Nichtsdestoweniger machte sie ihm von dem Kontrakt Mitteilung, und Chesnel, der ein Mann würdig Plutarchs war, verteidigte die Interessen Mademoiselle Cormons schriftlich. Dieser Umstand allein zögerte die Heirat hinaus. Mademoiselle Cormon erhielt verschiedene anonyme Briefe. Sie erfuhr zu ihrem großen Erstaunen, Suzanne wäre ein ebenso jungfräuliches Mädchen wie wahrscheinlich sie selbst, und der Verführer mit dem Toupet würde in diesen Dingen niemals etwas ausrichten. Mademoiselle Cormon verachtete anonyme Briefe; aber sie schrieb an Suzanne mit der Absicht, den Mütterfürsorgeverein aufzuklären. Suzanne, die zweifellos die bevorstehende Heirat Du Bousquiers erfahren hatte, gestand ihre List ein, schickte der Gesellschaft tausend Francs und brachte den Lieferanten dadurch stark in Mißkredit. Mademoiselle Cormon rief den Mütterfürsorgeverein zusammen, der eine außerordentliche Sitzung abhielt, wo beschlossen wurde, daß der Verein nicht mehr dem erst bevorstehenden, sondern einzig dem bereits eingetroffenen Unglück seine Hilfe zuteil werden lassen sollte. Trotz dieser Umtriebe, welche die Stadt hinreichend mit destilliertem Klatsch versorgten, den sie begehrlich einsog, wurde das Aufgebot in der Kirche und im Rathaus veröffentlicht. Athanase mußte die Akten vorbereiten. Mit Rücksicht auf die öffentliche Sittlichkeit und Ordnung begab sich die Braut nach Le Prebaudet, wohin Du Bousquier, mit gräßlich prunkvollen Buketts bewaffnet, am Morgen kam und am Abend zum Diner wieder zurückkehrte. Schließlich, an einem regnerischen trüben Junitage, fand in der Pfarrkirche im Beisein von ganz Alençon die Eheschließung Mademoiselle Cormons mit Sieur Du Bousquier, wie die Ungläubigen sagten, statt. Die Gatten begaben sich in einer für Alençon prachtvollen Kutsche, die Du Bousquier hatte heimlich aus Paris kommen lassen, von ihrem Haus ins Rathaus, vom Rathaus in die Kirche. Die Abschaffung der alten Kalesche war in den Augen der Stadt ein gewisses Unglück. Der Sattler von der Porte de Séez erhob ein Ach- und Wehgeschrei, denn er büßte fünfzig Francs ein, die ihm das Ausflicken der Kalesche sonst eingebracht hätte. Alençon sah mit Schrecken, welchen Luxus das Haus Cormon in die Stadt einführte. Jedermann befürchtete die Verteuerung der Lebensmittel, die Erhöhung der Mietpreise und das Eindringen Pariser Möbel. Es gab ein paar von Neugier angestachelte Personen, die Jacquelin ein Zehnsoustück gaben, um die Kutsche, dieses Attentat auf die Sparsamkeit der Gegend, aus der Nähe besehen zu dürfen. Die beiden in der Normandie gekauften Pferde flößten gleichfalls großen Schrecken ein.
    »Wenn wir für uns selbst solche Pferde kaufen«, sagte der Kreis du Roncerets, »werden wir an die, die uns welche abkaufen wollen, keine mehr loswerden.«
    Obwohl diese Logik dumm war, so schien sie doch insofern tiefgründig, als sie verhinderte, daß man im Lande mit fremdem Gelde Wucher trieb. Denn für die Provinz besteht der Reichtum der Nationen weniger in einer aktiven Zirkulation des Geldes als in einer sterilen Anhäufung. Die mörderische Verwünschung der alten Jungfer ging in Erfüllung. Penelope erlag der Brustfellentzündung, die sie sich vierzig Tage vor der Hochzeit geholt hatte; nichts konnte sie retten. Madame Granson, Mariette,

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