Die alte Villa (German Edition)
sie sich ganz furchtbar einsam und im Stich gelassen. Ihren traurigen Gedanken nachhängend, merkte sie gar nicht, dass jemand von innen die Tür geöffnet hatte.
„Zu wem möchten sie denn?“, fragte eine blonde Frau.
Rebecca zuckte erschrocken zusammen. „Zu Torsten Klimm“, sagte sie resigniert.
„Da kommen Sie zu spät“, sagte die Frau. „Der ist schon weg! Ausgezogen! Die Möbel werden nachgeschickt.“
Die Frau schaute Rebecca neugierig an, so als erwarte sie jetzt einen filmreifen Zusammenbruch der verlassenen Geliebten.
Aber Rebecca sagte nichts mehr, sondern drehte sich um und ging zu ihrem Fahrrad. Als sie schon im Begriff war wegzufahren, besann sie sich ihrer guten Manieren und drehte sich noch einmal zu der Frau, die immer noch in der halboffenen Tür stand, um.
„Vielen Dank“, murmelte sie und schwang sich dann eilig auf ihr Fahrrad.
Wo sollte sie hingehen, was sollte sie tun? Sollte sie zu Hannelore fahren?
Sicher würde ihre Freundin sie verstehen. Doch fühlte sie sich im Haus der Freundin nie richtig wohl.
Rebecca fand Hannelores Eltern furchtbar spießig. Hannelore hatte keine Geschwister und im Hause Krüger drehte sich immer alles um die einzige Tochter. Und diese gab sich dann auch die größte Mühe, ihre Eltern nicht zu enttäuschen und spielte die stets höfliche, ja geradezu liebenswürdige Tochter in Perfektion. Es musste ein Spiel sein, dachte Rebecca oft, schließlich kannte sie ihre Freundin ganz anders und sie wusste, dass sie dann die richtige Hannelore, praktisch das Original, vor sich hatte, wogegen ihre Eltern sich mit der Fälschung begnügen mussten, oder besser gesagt, wollten.
Wichtig war ihnen der schöne Schein, die Idealtochter eben.
Rebecca hätte dieses Umfeld jetzt nicht ertragen, daher fuhr sie wieder zurück und bog nach einer anstrengenden Fahrt mit Gegenwind in die Buchenallee ein. Kurz darauf betätigte sie den Türklopfer an Tamaras Haustür. Sie atmete erleichtert auf, als sie Schritte im Innern des Hauses hörte.
Tamara öffnete und sah gleich, dass etwas mit ihrer jungen Freundin nicht stimmte. Sie nahm Rebecca bei der Hand und zog sie sachte in ihr gemütliches Heim hinein.
„Erzähl mal, meine Kleine“, sagte sie. „Es ist eine Herzenssache, nicht wahr?“
Rebecca nickte stumm. In der warmen Küche, bei vielen Tassen Tee erzählte sie von Torsten, von ihren Streitereien, von ihren schönsten Momenten und schließlich von diesem niederschmetternden Ende ihrer Beziehung.
Noch nicht einmal ein Jahr war es her, dass sie sich zum ersten Mal begegnet waren. Eigentlich hätte es mit ihnen beiden jetzt erst richtig anfangen können.
„Er wird Gründe für seine Entscheidung gehabt haben“, sagte Tamara.
„Aber wir haben uns nicht einmal aussprechen können!“
Es war schon spät und draußen fing es langsam zu dämmern an, als Rebecca sich endlich von Tamara verabschiedete und dann durch den Auwald nach Hause fuhr.
Sie war ein wenig getröstet zwar, dennoch fühlten sich ihre Eingeweide an, als beständen sie nur noch aus wundem Fleisch und jeder Gedanke an Torsten ließ sie schmerzhaft zusammenfahren.
Was hatte Tamara gesagt? Sie müsse jetzt stark sein und sich selber ganz besonders viel Liebe schenken, denn Liebe könne alles heilen. Selbstvorwürfe wären nun völlig fehl am Platz und der Hauptgrund für die meisten gebrochenen Herzen.
Ja, da musste sie Tamara schon Recht geben. Sie empfand Enttäuschung und Wut auf Torsten und vor allem auf sich selber, weil sie sicher vieles hätte besser machen können. Und nun sollte sie lieb zu sich selber sein, damit sie Torsten vergessen konnte? Sie wusste nicht, ob und wie ihr das gelingen würde, aber sicher hatte Tamara, wie immer, Recht und sie würde es vielleicht irgendwann verstehen.
Ihre Eltern saßen gerade vor dem Fernseher und unterhielten sich leise, als Rebecca ins Wohnzimmer kam. Ein seltenes Bild, die beiden hier so einträchtig sitzen zu sehen.
Sie setzte sich zu ihnen aufs Sofa und ihre Mutter erzählte in ungewohnt ruhiger Manier von dem Krankenhausbesuch bei Rolf. Zwar beschämte es Rebecca, dass sie Rolf noch nicht selbst dort im Krankenhaus besucht hatte, doch schien sie diese Angelegenheit zurzeit noch erfolgreich aus ihrer Realität zu verdrängen.
Sie waren gemeinsam mit Greta und Jeremy dort gewesen und die beiden waren gleich nach diesem Besuch zurück nach Bayern gefahren. Sie hatten sich vorsorglich schon am Abend zuvor von Rebecca verabschiedet.
„Und,
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