Die alte Villa (German Edition)
was hat Greta gesagt?“, fragte Rebecca vorsichtig.
„Sie war unglaublich berührt von dem Jungen. Ja, ganz angetan war sie von ihm und hat ihn sogar gefragt, ob er sie einmal auf dem Bauernhof besuchen möchte. Das fand ich wirklich nett von den beiden, dass sie Rolf für die Sommerferien eingeladen haben und ich glaube sogar, dass Rolf tatsächlich hinfahren möchte. Das hat mich schon sehr gewundert.“
Ja, das ist alles sehr sonderbar. Anscheinend ahnt meine Mutter tatsächlich nicht, dass Rolf ihr Neffe ist...irgendwann müssen wir es ihr aber sagen… Bei diesem Gedanken war ihr nicht sehr wohl, denn sie wusste um das empfindliche Nervenkostüm ihrer Mutter…
Während der Erzählung seiner Frau war Heinrich Stein leise aufgestanden und hatte etwas aus einem Fach ihrer großen Wohnzimmerschrankwand geholt.
„Hier, der Brief ist von Herrn Klimm, ....Fred hat ihn mir gegeben“, sagte er und reichte den Brief seiner Tochter. Verwundert nahm Rebecca den Brief und sie fühlte, wie ihr Herz anfing, wie wild zu schlagen.
Vielleicht würde sich jetzt alles aufklären ?
In ihrem Zimmer öffnete sie den Brief mit zitternden Händen und begann hastig zu lesen:
‚Liebe Rebecca,
zuerst möchte ich mich dafür entschuldigen, dass ich so Hals über Kopf abgereist bin, ohne mich persönlich von dir zu verabschieden. Aber nach unserem gemeinsamen Besuch in der Villa, wobei wir diesen grausigen Fund machten, und du so seltsam weggetreten warst, war ich doch sehr verwirrt und wollte nur noch weg hier, um ein wenig Abstand und Klarheit zu gewinnen.
Die Zeit mit dir war wunderschön und ich habe dich sehr lieb. Vielleicht werde ich dich sogar immer lieben.
Ich wünschte mir so sehr, du könntest mich verstehen und mir von Herzen verzeihen, befürchte aber, dass du sehr böse auf mich sein wirst.
Ich kann es kaum erklären, aber es stand auf einmal etwas zwischen uns, irgendeine unheimliche Energie, die mir meine Kraft geraubt hat und mir meine Lebenswerte nehmen wollte.
Ich weiß immer noch nicht, was ich von den beiden Frauen halten soll, mit denen du dich in letzter Zeit so häufig getroffen hast.
Die eine der beiden kenne ich sogar, ich habe sie gleich erkannt an dem Abend unserer Befreiung aus dem eingestürzten Geheimgang. Sie unterrichtet bei uns an der Uni, aber ist dort sehr umstritten, was ihre gewagten Thesen angeht. Du solltest nicht auf sie hören und besser deinen eigenen Weg gehen.
Wenn ich doch nur irgendetwas für dich tun könnte , ich wäre sofort zur Stelle.
In unendlicher Liebe
Dein
Torsten’
Rebecca ließ den Brief sinken und spürte, wie ihr der Schmerz die Kehle zuschnürte und sie am Atmen hindern wollte. Sie warf sich auf ihr Bett. Sie wollte weinen, aber es g elang ihr nicht. Viel zu betäubt war sie von den soeben gelesenen Zeilen.
Nur wegen Tamara und Maja , dachte sie verbittert. Er hat mich nur wegen ihnen verlassen !
Mit einem einzigen Schlag schlich sich eine gewaltige Erkenntnis in ihr Bewusstsein .
Eine Erkenntnis, die Zeit und Raum überdauern konnte.
Eine Art gemeinschaftliches Wissen, das sich in ihren Genen eingraviert hatte, fast so, wie die bizarren Buchstaben in den Grabsteinen ihrer aller Vordenkerinnen verewigt waren.
Sie wusste nun, was schon ihre Vorfahren wussten, dass es nur die Angst war, die Menschen zu den absurdesten Entscheidungen und manchmal sogar zu grausamen Entgleisungen veranlasst hatte und es immer noch tut.
Angst, dass ein anderer Mensch mehr Wissen oder mehr Macht haben könnte als man selber je besitzen würde.
Oder eine undefinierbare Angst, die Kontrolle über sich selbst zu verlieren oder über die Menschen ihrer Umgebung. Durch ihren versessenen Wunsch nach Macht hatten sie es als bedrohlich empfunden, dass es andere Menschen gab, - und bei diesen anderen hatte es sich nicht selten oder sogar überwiegend um Frauen gehandelt - , die diese Macht auf ganz einfache und selbstverständliche Weise in ihren zarten Händen gehalten hatten.
Frauen, die durch ihren Liebreiz, ihre Intelligenz oder ihren Mut aufgefallen waren und damit den allergrößten Argwohn bei ihren männlichen Neidern ausgelöst hatten.
Diese waren nicht in der Lage gewesen, zu verstehen, dass es diesen ‚Weisen’ oder ‚Wissenden’ gar nicht um Macht gegangen ist, sondern sie sich lediglich auf sich selbst und ihre innere Weisheit konzentriert hatten, dass ihnen ihre innere Stärke diese Macht über andere verliehen hatte und dass sie doch
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