Die alte Villa (German Edition)
sein!
Sie war sich jetzt ganz sicher, dass sie es war.
Welch unglaubliche Entdeckung!
Aber warum war dieses Album auf dem Speicher in einem Karton gewesen, versteckt unter Tischdecken und jeder Menge unbrauchbarer Dinge, für die sich niemand mehr interessierte?
Wie oft hatte sie ihre Mutter schon gefragt, ob es Fotos von der Großmutter gab und jedes Mal hatte ihre Mutter behauptet, dass keine existierten.
Erwartungsvoll blätterte sie weiter. Wie vertraut ihr dieses Gesicht erschien. Die Anordnung der Fotos schien chronologisch zu sein, da die abgebildeten Personen mit jeder Seite langsam immer älter wurden.
Sie entdeckte ein Foto, auf dem ihre Mutter etwa 11 oder 12 Jahre alt war und ein Baby auf dem Arm hielt.
Auf dem nächsten Foto war aus dem Baby schon ein Kleinkind geworden und die Großmutter sah furchtbar krank aus. Ihre Mutter war im Teenageralter und schaute besorgt und traurig.
Es folgten F otos von einer Beerdigung…Rebeccas Mutter in schwarzer Kleidung, der Sarg mit den vielen Blumen und Kränzen …
Niemals hatte sie der Anblick von Blumen so schockiert, wie auf diesem Foto hier, auf dem ihre Mutter in etwa in Rebeccas Alter gewesen sein mochte, vielleicht auch ein paar Jahre jünger.
An der Hand hielt sie ein kleines Mädchen von 3 oder 4 Jahren. Dieses Mädchen hatte lange blonde Locken und sah haargenau aus wie ihre Schwester Olga als kleines Mädchen ausgesehen hatte, was sie von zahlreichen Familienfotos her wusste.
Es schaute so traurig, dass der Anblick Rebecca fast das Herz zerriss..
Doch konnte das Mädchen auf dem Foto unmöglich Olga sein!
Wer ist dieses Mädchen?
Sie saß wie versteinert auf ihrem Bett und nur eine einzige Frage hämmerte in ihrem Kopf. Wer ist die Kleine auf den Fotos?
Hatte ihre Mutter eine Schwester gehabt? Wenn ja, was war mit ihr geschehen?
Sie schlug die letzte Seite des Albums auf …
Was sie hier sah, ließ ihre Verwirrung noch unendlich größer werden.
In ihrem Kopf drehte sich alles.
Auf dieser letzten Seite des Fotoalbums befand sich, - sorgfältig mit Fotoecken eingeklebt – eine schöne große Aufnahme dieses geheimnisvollen Mädchens mit den blonden Locken. Die Aufnahme war eindeutig bei einem Fotografen gemacht worden, darauf deutete der einheitlich bronzefarbene Hintergrund hin. Ein perfektes Bild. Das Mädchen trug ein vornehmes grünes Kleid und hatte ihre blonden Locken aufwändig frisiert.
Sie war allem Anschein nach zu einem bildhübschen Teenager herangewachsen und musste auf dem Bild 14 oder 15 Jahre alt gewesen sein. Sie sah ihrer Schwester Olga tatsächlich sehr ähnlich, wenn sie auch viel zierlicher wirkte.
Sie lächelte ein für Rebecca so vertrautes Lächeln, dass sie davon eine Gänsehaut bekam, so sehr berührte sie der Anblick.
Warum hatte man sie die ganze Zeit so sehr belogen? Wie sie ihre Eltern dafür hassen musste!
Aber sollte sie das einfach so hinnehmen?
Voller Wut packte sie das Album und stürmte damit in die Küche. Sie hielt immer noch die letzte Seite des Albums aufgeschlagen und schrie ihre Mutter, die gerade ahnungslos am Herd stand und in einem Kochtopf rührte, regelrecht an:
„Wer ist das hier auf dem Foto? Warum weiß ich nichts von ihr?“
Die Mutter starrte auf das Bild, dann entwich alle Farbe aus ihrem Gesicht. Vollkommen verstört schaute sie ihre Tochter an.
In ihren Augen erkannte man eine so große Furcht, als wäre das nicht ihre Tochter, die vor ihr stand, sondern ein furchteinflößendes Ungeheuer, das vorhatte, sie im nächsten Augenblick zu verschlingen.
Doch wie es schien, brachte die schiere Verzweiflung sie dazu, fast wie in einem Reflex, wieder die Kontrolle über sich selber und diese ungewöhnliche Situation zu gewinnen.
„Gib mir das Album!“, sagte sie in scharfem Ton zu ihrer Tochter und Rebecca tat es hinterher noch lange leid, dass sie wieder einmal völlig unbesonnen gehandelt hatte.
Es stellte sich nämlich heraus, dass aus ihrer Mutter absolut nichts Brauchbares herauszukriegen war und diese ihr zusätzlich noch das Fotoalbum wegnahm, was Rebecca als eine unglaubliche Gemeinheit empfand.
Verwirrt, verzweifelt und mit einem Gefühl, als wäre sie aus der eigenen Familie verstoßen worden, ging sie schließlich in ihr Zimmer und legte sich ins Bett.
11. September 1979
Als sie am nächsten Morgen wach wurde, fühlte sie sich zwar wie gerädert, verwundert stellte sie aber fest, dass sie tief und traumlos geschlafen hatte.
Sie stand auf
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