Die alte Villa (German Edition)
einzelner machte kehrt und kam nun genau auf sie zu.
Jetzt erst erkannte Rebecca, dass es sich bei dieser einzelnen Person um ihren verhassten Physiklehrer handelte. Wie gut, dass sie nicht alleine war. Sie hatte wirklich keine Lust, wieder von ihm angesprochen zu werden. Aber sie spürte auch, dass Torsten plötzlich zögerte und seine Gangart verlangsamte.
Als sich ihre Wege kreuzten, rechnete Rebecca damit, dass der hakennäsige Lehrer ihr zumindest einen seiner hämischen Blicke zuwerfen würde. Sonderbarerweise aber schien er sie gar nicht weiter zu beachten, wendete seinen Blick stattdessen Torsten zu.
Man sah, wie die Muskulatur in seinem Gesicht nervös zuckte und konnte Überraschung, ja sogar Erschrecken darin erkennen.
Erst als sie Herrn Kelbel endlich hinter sich gelassen hatten und ein Stück schweigend nebeneinander her gegangen waren, wagte Rebecca, wieder zu Torsten zu blicken.
Sein ernster Gesichtsausdruck erinnerte sie an die Situation auf der Fete vor zwei Tagen, als er Hannelore und Michael beim Schmusen auf dem Sofa erblickt hatte.
Rebecca drehte sich um und sah Herrn Kelbel gerade noch in der aufkommenden Dämmerung des hereinbrechenden Abends verschwinden.
Ein schwarzer Schatten, der mit der Dunkelheit verschmolz.
„Komm“, sagte Torsten, „Lass uns noch etwas trinken gehen.“
„Nein, tut mir leid, ich muss gleich nach Hause.“
Er streichelte zärtlich über ihre Haare.
„Deine schönen Haare passen zu dir. Sie sind genau so außergewöhnlich und wild wie du.“
Er küsste sie auf die Stirn, dann auf den Mund und Rebecca spürte wieder dieses drängende Gefühl, bei ihm zu bleiben. Wie gerne würde sie mit Torsten die Liebe entdecken.
Am liebsten jetzt sofort. Sie wusste, dass sie sich völlig hingeben würde, wenn sich eine Gelegenheit ergäbe.
Doch hatte sie auch etwas Angst davor. Es wäre ihr erstes Mal und sie wusste nur aus Erzählungen einiger allzu redseliger Mitschülerinnen, oder aus Zeitschriften und Büchern, wie es ist, mit einem Mann richtigen Sex zu haben.
An diesem Abend kam Rebecca gut gelaunt nach Hause, was anscheinend auch ihrer Mutter auffiel. Doch statt zu fragen, was los wäre, schaute sie ihre Tochter nur misstrauisch an und Rebecca tat dieser Blick regelrecht weh.
Konnte ihre Mutter vielleicht Gedanken lesen und wusste, was sich Rebecca in ihrer Fantasie vorgestellt hatte? Sie kam sich in diesem Moment wie eine Verbrecherin vor.
Etwas missgelaunt ging sie in ihr Zimmer und ließ sich aufs Bett fallen. Jetzt spürte sie auch die Erschöpfung nach dem doch sehr anstrengenden Spiel.
Ihr fielen die Briefe und auch die alten Bücher ein. Sie hatte die Bücher immer noch nicht ausgepackt.
Sie öffnete ihren Schrank und nahm den Stapel Wäsche heraus, mit dem sie den alten Karton zugedeckt hatte, dann holte sie ihn ebenfalls aus dem Schrank und nahm sorgfältig ein Buch nach dem anderen heraus.
Am Ende hielt sie das Fotoalbum in Händen, in dem sie auf dem Speicher schon geblättert hatte, aber worin sie auf Grund des schlechten Lichtes nichts hatte erkennen können.
Sie schlug es auf.
Die Personen auf den Fotos erschienen ihr alle fremd. Etwas gelangweilt blätterte sie die nächste Seite um.
Womöglich gehörte das Album gar nicht ihnen, sondern einer anderen Familie hier aus dem Haus? Durfte sie die Fotos von Fremden überhaupt so ungeniert betrachten, oder würde es sich nicht sogar um Diebstahl handeln, da sie das Album einfach so vom Dachboden entfernt hatte…?
Doch dann, auf der dritten Doppelseite blieb ihr Blick erstaunt an einem Foto hängen.
Das gibt’s doch nicht!!
Fast glaubte sie ihren Augen nicht zu trauen!
Abgebildet war hier eine junge Frau mit schulterlangen welligen roten Haaren.
Und diese Frau erinnerte sie tatsächlich an sich selber! Sie war ihr selbst wie aus dem Gesicht geschnitten, aber schon einige Jahre älter, vielleicht Ende 20, vermutete sie.
Hastig blätterte sie weiter und fand diese Frau noch auf weiteren Fotos wieder, nun gemeinsam mit einem Mädchen, das ihr nur zu bekannt war.
Dieses Mädchen war ihre Mutter. Das erkannte sie sofort, denn sie hatte einige Kinder- und Jugendfotos ihrer Mutter gesehen und hier war sie vielleicht 6 oder 7 Jahre alt.
Rebecca bekam eine Gänsehaut. Vor lauter Aufregung begann sie zu zittern, was sie an ihrer Hand erkannte, die voller Ehrfurcht nach der nächsten Seite des Albums griff.
Diese Frau, die ihr so ähnlich sah, musste ihre Großmutter
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