Die alte Villa (German Edition)
schwarzen Cordhose trug er einen schwarzen Wollpullover, ja, eigentlich waren alle seine Kleidungsstücke schwarz, auch die Schuhe, und die Haare ja sowieso. Nur sein Gesicht hob sich kreidebleich darin ab.
„Mir wird langsam kalt, wenn ich hier noch länger rumstehe. Ich glaube, ich mach ’ dann mal weiter mit meinem Lauftraining“
„Ja, ich will dich nicht aufhalten. Wir werden uns bald wiedersehen, Kleine“, sagte er und Rebecca lief anschließend einen Schritt zu schnell davon, bis sie starke Seitenstiche bekam und sie ihr Tempo drastisch drosseln musste.
Sie nahm den Weg, der sie aus dem Wald heraus zur nächstgelegenen Siedlung führen würde. Hier ging’s zur Villa und weiter zum Friedhof. Sie grübelte über die Begegnung mit Michael nach.
Schrecklich, dieser Typ . Schlagartig wurde ihr klar, dass sie ihn doch hätte fragen können, was er gestern mit Torsten in der Villa gemacht hatte. Rebecca ärgerte sich über die entgangene Gelegenheit. Das wäre doch mal interessant gewesen, zu hören, was die beiden dort zu erledigen gehabt haben.
An der Villa schien alles ruhig zu sein. Keine Menschenseele war zu sehen. Auf dem Friedhof war es genau so einsam und menschenleer wie zuvor in der ganzen Straße. Bei dem nasskalten Wetter blieb man am liebsten zuhause und machte es sich bei einer Tasse Tee gemütlich. Die Weihnachtszeit rückte näher und näher heran.
Ob sie ihre Tante Greta bald kennen lernen würde? Zuerst müsste sie ja noch herausfinden, wo genau sie lebte. Ihr fiel auch ein, dass sie in der letzten Zeit kaum noch geträumt hatte. Nur einmal hatte sie wieder vom Scheiterhaufen geträumt. In ihrem Traum kamen auch ein kleiner Junge, also der kleine Bruder der als Hexe hingerichteten jungen Frau und eine alte Großmutter vor. Sie hatte deren Traurigkeit mitfühlen können. In ihrem Traum erlebte sie, wie die alte Frau ganz alleine in einer ärmlichen Holzhütte lebten. Der kleine Junge war fortgegangen. Immer weiter fort. Und die alte Frau war nun ganz alleine in ihrer Hütte. Sie saß in der Sonne auf einer Lichtung und schaute zum Himmel hinauf.
Und noch etwas kam in dem Traum vor, was ihr beinahe wieder entfallen war. Sie kann sich nur noch an große Steine erinnern, genau wie die in Tamaras Garten, aber sie hatte vergessen, was es damit auf sich gehabt hatte.
Ganz gezielt ging sie Gang für Gang die Gräber entlang und suchte nach weiteren geheimen Schriftzeichen auf den Grabsteinen. Doch wurde sie nicht fündig. Es blieb bei den drei Grabsteinen, die mit den seltsamen Inschriften versehen waren. Sie betrachtete den Grabstein von Marianne Kolb, die 1945, also bei Kriegsende gestorben war und fragte sich, ob ein Bombenangriff der ‚Alliierten’ ihr Leben beendet hatte. Sie würde Tamara von den Inschriften erzählen. Vielleicht wusste sie, was die Zeichen bedeuteten.
Am Grab ihrer Großmutter blieb sie stehen und fühlte tief in ihrem Inneren eine noch viel tiefere Verbundenheit mit der Verstorbenen. Sie stellte sich die Großmutter vor, wie sie gelitten haben muss bei dem Gedanken an ihren eigenen Tod, ihre Ohnmacht, die Kinder einer ungewissen Zukunft zu überlassen. Tränen schossen in ihre Augen. Der Gefühlsausbruch erwischte sie dermaßen heftig, dass sie erschrocken den Blick zu Boden senkte, aus Furcht, jemand könnte sie sehen, wie sie hier weinte, in aller Öffentlichkeit.
Kaum hatte sie ihren Blick gesenkt, erstarrte sie! Das, was sie dort zu ihren Füßen im grobkörnigen Belag der gepflegten Friedhofswege entdeckte, traf sie wie ein Blitz aus heiterem Himmel!
Merkwürdig geformte Z eichen, in der gleichen Art, wie die auf den Grabsteinen eingravierten, hatte jemand in den Boden gleich unterhalb der Grabumrandung geritzt. Mit dem Finger oder mit einem kleinen Stock vielleicht.
Wer hatte die Buchstaben hier auf den Boden geschrieben, genau vor dem Grab ihrer Großmutter? Wer wollte ihr damit einen Schreck einjagen? Und wer wusste überhaupt, dass sie sich neuerdings für diese Schriften interessierte?
Sie schaute sich die Buchstaben näher an, doch war es ihr unmöglich, irgendeinen Sinn darin zu erkennen. Wie sollte sie auch, denn sie war des Runenalphabetes immer noch in keiner Weise mächtig geworden und wie es aussah, handelte es sich bei den Zeichen um Runen, soviel immerhin meinte sie erkennen zu können.
Sie kramte in ihrer Jacke nach einem Zettel und tatsächlich fand sie einen kleinen Notizblock mit einem winzigen rosafarbenen Stift, der an einer kleinen
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