Die alte Villa (German Edition)
füllen. Sie verkaufte die Kräuter an den Wochenenden auf dem Wochenmarkt. Ebenso Schnittblumen und einige Elixiere. ‚Die gehen weg wie warme Semmeln’ sagte sie immer.
„Es sind wohl keine guten Neuigkeiten, was?“
„Nein, es ist ziemlich schlimm. Es geht um Greta, meine Tante.“
Als Rebecca ihr erzählt hatte, was sie wusste, lehnte sie sich erschöpft auf ihrem Stuhl zurück.
„Das sind wirklich schlimme Dinge“, sagte Tamara. „Aber so schlecht sind diese Neuigkeiten auch nicht“, fügte sie hinzu und ihr Gesichtsausdruck wurde richtig lebhaft.
Einige graue Strähnen fielen ihr in die Stirn. Anscheinend hatte sie heute keine Zeit gehabt, sich anständig zu frisieren.
„Denn nun wissen wir wenigstens, dass sie lebt und wo sie ist.“
„Meinst du, es hat Sinn, sie dort aufzusuchen?“
„Aber sicher. Natürlich! “
Tamara schien nachzudenken, denn sie legte einen Finger auf die Lippen und Rebecca kannte diese Angewohnheit ihrer neuen Freundin nun schon. Kurz darauf hatte sie dann meistens eine ihrer überraschenden Ideen, wie man eines Problems am ehesten Herr werden würde.
Alle ihre Ideen schienen einer unerschöpflichen Quelle von Optimismus zu entspringen. Niemals jammerte sie oder beschwerte sich über ihr Leben, so wie Rebecca das so oft, vor allem bei älteren Menschen, aber manchmal auch bei jüngeren, beobachtet hat.
Man konnte über ihren grenzenlosen Lebensmut immer wieder staunen. Wo andere schockiert oder verzweifelt waren, fiel Tamara immer noch etwas Konstruktives zur Lösung eines Problems ein.
Als wäre sie immer noch in Gedanken, sagte Tamara mehr zu sich selbst: „Aber jetzt ist keine gute Zeit für solche Unternehmungen. Die Erde ruht und mit ihr alle Lebewesen. Es ist sicher besser, wir warten damit noch bis zum Frühjahr. Dann ist die Aussicht auf Erfolg größer.“
Rebecca verstand zwar nicht, was Tamara meinte, aber sie würde sicher Recht haben. Tamara setzte sich jetzt zu Rebecca an den Tisch und sah aus, als wollte sie etwas sagen, deshalb schwieg Rebecca und schaute sie erwartungsvoll an.
„Ach Kind“, begann sie. „Es gibt so viele Dinge, die geschehen sind und von denen wir heute nichts mehr wissen wollen. Die Gefahr des Vergessens schwebt immerzu über unseren Köpfen...“
Rebecca verstand schon wieder nicht und hoffte, dass ihr die Erklärung bald nachgeliefert würde.
Tamara suchte verzweifelt nach Worten. Sie stand auf, nahm einen großen Schlüsselbund von einem Haken an der Wand und sortierte die vielen Schlüssel, die daran hingen. Sie waren alt und rostig, einige hatten hübsche Verzierungen auf ihren Griffen.
„Weißt du..“, begann sie. „...von den meisten dieser Schlüssel weiß ich nicht einmal, zu welchem Schloss sie gehören. Aber ich habe es nicht über mich bringen können, sie wegzuwerfen. Meine Mutter, die schon hier in diesem Häuschen geboren wurde, sagte mir, ich solle sie auf jeden Fall aufheben, denn man könnte ja nie wissen, welches Schloss sich mit ihrer Hilfe öffnen ließe.“
Tamara legte das Schlüsselbund in eine Schublade und schloss diese sorgfältig. „Ich werde sie entrosten und restaurieren müssen, dann sehen sie nicht mehr ganz so schäbig aus…“
Sie schwieg einen Moment, dann sah sie nachdenklich zu Rebecca.
„Meine Großmutter hat mir früher immer Geschichten erzählt. Von unserer Familie, von unserer kleinen Stadt oder von den Leuten, die früher hier gelebt haben. -
Ich glaube, sie hatte eine ziemlich blühende Fantasie, meine Großmutter. Sie teilte die Einwohner der Stadt gerne in solche und solche auf, wenn du verstehst, was ich meine.“
Sie zwinkerte und Rebecca vermutete, dass sie wohl böse und gute Menschen meinte.
“Und sie sagte, dass dort in dem alten Herrenhaus –„
Rebecca zog die Brauen fragend hoch.
„ Na in der alten Villa eben“, fuhr Tamara lachend fort.
„…dass dort vor langer Zeit eine Familie wohnte, die mit unserer Familie in enger Freundschaft verbunden war. -
Unsere Vorfahren wären so eine Art Verwalter des schönen Hauses gewesen und obwohl es mehr ein Dienstverhältnis war, in dem unsere Vorfahren zu den reichen Herrschaften in der Villa dort drüben standen, so waren die beiden Familien doch sehr innig und in großer Vertrautheit miteinander verbunden gewesen. - Und sie erzählte noch etwas, aber alle dachten immer, sie wäre schon ein wenig verwirrt und so glaubte ihr niemand so recht.“
Tamara lächelte und Rebecca platzte vor Neugier, da
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