Die alte Villa (German Edition)
wenig“, sagte sie und verzog ihr Gesicht dabei zu einem Grinsen.
Torsten schaute sie, wie es ihr vorkam, misstrauisch an.
Dann hielt sie es nicht länger aus und fiel ihm ganz plötzlich um den Hals, so dass dieser fast umgefallen wäre.
„Mensch, was für ein Temperament. Stell dir vor, dein Vater kommt jetzt zufällig hier vorbei!“
„Spielverderber!“, sagte Rebecca lachend und drückte ihm einen schnellen Kuss auf den Mund. Dann schaute sie sich argwöhnisch nach allen Seiten um, ob sie nicht vielleicht doch beobachtet wurden.
5. Februar 1980
Als Rebecca Tamara von ihren Reiseplänen berichtete, freute sich diese sehr.
„Wann wollt ihr denn fahren?“
„Über Karneval“, sagte Rebecca.
„Gut. Zwar ist es sicher noch sehr winterlich in Bayern, aber dennoch steht das neue Leben schon in den Startlöchern und so werdet ihr hoffentlich schon etwas von dieser Dynamik für euer Vorhaben nutzen können.“
Rebecca schaute fragend, und Tamara sagte:
„Rebecca, dir ist doch sicher klar, dass dieser Besuch bei Greta dich sehr viel Kraft kosten könnte?“
„Ja, ich denke schon.“
„Du musst während der ganzen Zeit dort immer wieder dafür sorgen, dass du genug Energie tankst, hörst du?“
„Wie das?“, fragte Rebecca, wenngleich sie schon so eine Ahnung hatte, wie das gemeint sein könnte. Sie dachte daran, wie sie manchmal in den Wald und zu den Bäumen ging, wenn sie sich erschöpft und müde fühlte. Ihr fiel das Gefühl ein, dass sie dabei hatte. Dieser Gleichklang zwischen sich und dem Baum, so, als würde für beide das gleiche Herz schlagen, als würde der eine dem anderen Kraft und Energie schenken, als würde eine unsichtbare Verbindung zwischen ihnen bestehen.
„Greta wird viel von deiner Energie brauchen, da bin ich ganz sicher. Du kannst sie ihr geben, indem du ihr deine volle Aufmerksamkeit schenkst. Und zwischen euren Treffen musst du dich so schnell wie möglich wieder zentrieren und dir die Möglichkeit geben, neue Kraft zu schöpfen. Halte dich viel in der Natur auf oder in der Nähe von Menschen, die dir gut tun. Konzentriere dich auf die Kraft und die Liebe, die in dir ist. Lass sie frei strömen, um einen Zugang zu der unendlichen Kraftquelle da draußen zu erhalten. Verstehst du das?“
„Ich denke schon“, sagte Rebecca zögernd.
„Begebe dich an Orte der Kraft, um dich dort mit Energie aufzutanken. Und meide Menschen, die dir deine Energie rauben könnten. Es kommt jetzt auf dich an, Rebecca. Du kannst Greta helfen, aber es wird nicht einfach werden.“
~
Weiberfastnacht 1980
Torsten erwartete sie schon unten auf der Straße vor dem Haus. Es war erst 4.30 Uhr und stockdunkel. Sie fuhren mit dem Auto bis zum Bahnhof und stellten seine alte Ente dort auf dem Parkplatz vor dem alten Bahnhofsgebäude ab. Die Fahrt zum Bahnhof dauerte nur wenige Minuten. .
Während der darauffolgenden Zugfahrt plapperte Rebecca zuerst wie ein Wasserfall. Sie erzählte Torsten von ihrem letzten Basketballspiel, als sie kurz vor Schluss noch einen Gegentreffer kassierten und dadurch den Sieg vergeben hatten und schimpfte dabei auf den unfähigen Schiedsrichter, was Torsten sehr amüsierte. Dann wurde Rebecca schrecklich müde und sie schlief an Torstens Schulter ein.
Als sie wach wurde, hatten sie schon über die Hälfte der Reise überstanden und Rebecca wurde merklich stiller. Sie grübelte darüber nach, wie es wohl sein würde, w enn sie ihrer Tante zum ersten Mal im Leben gegenüberstand.
Bilder kamen ihr in den Sinn, von geistig verwirrten Menschen, mit irrem Blick, die wild um sich schlugen. Was, wenn ihre Reise eine große Enttäuschung werden würde? Schließlich waren ihre Eltern doch so sehr dagegen gewesen. Womöglich hatten sie Recht und sie konnte gar nichts tun.
„Erzähl doch mal von deiner Tante, Rebecca“, riss Torsten sie aus ihren Gedanken.
„Wie alt ist sie und warum ist sie in dieser Anstalt?“
Rebecca überlegte. Sie war sich nicht sicher, ob sie Torsten alles erzählen konnte. Die ganze Sache war ja nicht gerade einfach. Auch hatte sie Angst, er könnte vielleicht wie ihre Eltern reagieren, und ihr Vorhaben als aussichtslos oder kindisch hinstellen. Doch sagen musste sie ja irgendetwas, also versuchte sie ihm das Wichtigste so kurz und knapp wie möglich zu vermitteln
„Meine Mutter und meine Tante wurden kurz nach dem Krieg in zwei verschiedene Waisenhäuser gesteckt. Meine Tante war damals noch
Weitere Kostenlose Bücher