Die alte Villa (German Edition)
sehr klein, etwa vier Jahre alt.“
„Das ist seltsam. Geschwister werden doch normalerweise immer zusammen gelassen“, unterbrach Torsten sie.
„Ja, normalerweise“, fuhr sie fort. „Aber in diesem Fall eben nicht. Meine Mutter hat erst viel später wieder von ihr gehört, als sie schon in dieser… ähm .. Anstalt war. Damals stand es wohl sehr schlimm um sie und meine Mutter konnte nicht viel für sie tun.“
Torsten nickte.
Nach zweimaligem Umsteigen und weiteren Stunden im Zug wurde die Landschaft nun tatsächlich viel hügliger und hohe weiße Bergspitzen tauchten in der Ferne am Horizont auf.
Dann wurde es schlagartig, wie es schien, bis in die Täler hinein weiß und es dauerte nur noch ein paar Minuten, bis alles tief verschneit war. Sie mussten noch einmal den Zug wechseln und stiegen nun in einen gemütlichen Bummelzug, der auch die kleineren Orte anfuhr.
Rebecca konnte es kaum erwarten, endlich im Schnee umher zu laufen. In den letzten Jahren hatten sie nur sehr selten Schnee bei sich zuhause gehabt und so viel wie hier hatte sie überhaupt noch nie in ihrem Leben gesehen.
Dann war es endlich so weit. Ein winziger ländlicher Bahnhof mit nur zwei gegenüberliegenden Bahnsteigen war ihr Ziel. Hier stiegen nur eine Handvoll Leute aus. Rebecca hatte die Adresse von Jeremy auf einen Zettel geschrieben und holte diesen nun nervös aus ihrer Tasche.
Sie wollten zuerst zu ihm gehen und danach erst in die Klinik fahren. Sie hegte die Hoffnung, dass ein Bus oder eine Bahn sie dorthin bringen würden..
Rebecca fror ein wenig. Ihre roten Haare leuchteten schillernd im Kontrast zur weißen Landschaft und sie rannte ein Stück im Schnee, damit ihr warm wurde.
Torsten hatte darauf bestanden, ihre Tasche zu tragen, da er selber nur einen handlichen Rucksack mitgenommen hatte und Rebecca sich mit ihrer unförmigen Reisetasche äußerst umständlich abmühte.
Sie bogen gerade in die Hauptstraße des kleinen Dorfes ein, als drei grässlich aussehende Gestalten um eine Häuserecke gestürmt kamen. Sie stießen Rebecca beinahe um und jagten ihr dabei einen Riesenschreck ein. Bekleidet waren die drei mit lumpigen Röcken. Ihre Gesichter verbargen sie hinter großen bunt angemalten Masken mit riesigen Hakennasen und einem hässlichen Zahnlückenmund. Für einen kurzen Moment blieben die drei stehen, kicherten und stierten Rebecca mit ihren hässlichen Maskengesichtern an. Eine der Gestalten wollte Rebecca einhaken und mit sich ziehen, aber diese riss sich erschrocken los. Wieder kicherten die drei scheußlichen Weiber und rannten dann weiter, an Rebecca vorbei, die Straße hinunter.
Sie hatte n vollkommen vergessen, dass die Karnevalstage gerade begonnen hatten, und dies wurde hier in Bayern wohl anders gefeiert als bei ihnen im Rheinland. Torsten kam schnell zu ihr und nahm sie in den Arm.
„Du bist ja ganz blass, Rebecca. Das waren Hexen. Hässlich, nicht wahr?“
Sie machte sich von Torsten los und schaute grimmig, was dieser jedoch ignorierte.
Sehr witzig. Ich bin ja nicht blind...
„Nächsten Dienstag ist hier bestimmt die Hölle los, wenn die hier ihre Faschingsumzüge veranstalten“, sagte Torsten.
„Dann sind wir hoffentlich wieder weg“, erwiderte Rebecca.
Sie schaute sich ängstlich um, sah aber keine weiteren maskierten Leute auf der Straße. Erleichtert atmete sie auf.
Es war wirklich bitterkalt und die Leute, die sie trafen, hatten ihre wärmsten Jacken und Mäntel an. Auf dem Kopf trugen die meisten von ihnen warme Fellmützen.
Viele der Häuser entlang der Straße hatten tief herunter gezogene Dächer, einige wurden von schönen Holzbalkons verziert. Es wirkte sehr idyllisch und man fühlte sich sogleich zurückversetzt in eine längst vergangene Zeit.
Hier hatte ihre Tante also gelebt. Hier hatte sie ihre Kindheit verbracht. Rebecca versuchte sich vorzustellen, wie sie durch gerade diese Straße gelaufen ist, vielleicht, um ein paar Einkäufe zu erledigen….
Sie passierten eine Bäckerei, aus deren Inneren ein heimeliges Licht strömte. Rebecca spürte bei einem Blick in das Schaufenster der Backstube, dass sie ziemlich hungrig war.
„Komm, wir kaufen uns ein paar belegte Brötchen. Dabei können wir direkt nach dem Hof von Jeremy fragen“, schlug Rebecca vor.
Sie betraten die Bäckerei durch eine große schwere Holztür, die beim Öffnen leise knarrte. Es befand sich kein einziger Kunde in dem kleinen altmodischen Geschäft. Nur hinter der Theke stand eine uralte
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