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Die Amerikanerin

Die Amerikanerin

Titel: Die Amerikanerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Sie …
    »Du musst stillhalten! Eleonore hilft dir doch! Gleich, gleich ist das bambino da!« Schweiß lief Patrizia übers Gesicht, ihre Miene war so angestrengt, als würde sie einen Teil von Maries Qualen selbst erleiden. Ungeduldig schaute sieauf die Hebamme, die zwischen Maries Beinen stand. Warum dauerte das so lange?
    Die rechte Hand der Hebamme war in Marie versunken, konzentriert tastete sie nach dem Kind, das nicht kommen wollte.
    »Sie soll weggehen! Ich will das nicht. Es tut so weh …« Heiße Tränen liefen Marie übers Gesicht. Eine Flutwelle des Schmerzes riss sie davon, noch bevor sie sich von der letzten erholt hatte. Sie heulte auf.
    Die junge Hebamme, die erst vier Geburten begleitet hatte, zog ihre blutige Hand zurück, worauf Maries Stöhnen ein wenig nachließ. Ratlosigkeit stand in Eleonores Miene geschrieben, während sie mit einem nassen Tuch Maries Stirn abtupfte.
    Theoretisch wusste sie ganz genau, welchen Griff man anwenden musste, wenn der Kopf des Kindes nicht da lag, wo er sein sollte. Aber in ihrem Lehrbuch hatte nichts darüber gestanden, was man tun sollte, wenn die Gebärende sich aufführte wie eine verrückt gewordene Kuh! Wann immer sie das runde Köpfchen zu fassen bekam, bäumte sich die junge Contessa auf, und das Köpfchen war wieder weg. Bei der Matrona, bei der sie gelernt hatte, waren die Frauen immer ruhig geblieben und hatten getan, was die alte Hebamme ihnen sagte. »Lass sie schreien, so viel sie wollen«, hatte die Matrona ihr immer wieder erklärt. »Schreien hilft.« Nun, die Deutsche schrie sich zwar die Kehle aus dem Leib, es schien ihr die Geburt jedoch keinen Deut zu erleichtern.
    Wenn es wenigstens nicht so heiß wäre! Eleonore versuchte, ihr schweißgetränktes Oberteil ein wenig zu lockern. Dabei fiel ihr Blick auf die Uhr an der Wand gegenüber. Sie erschrak. Schon so spät!
    Ganze sechs Stunden waren vergangen, ohne dass sich die Lage des Kindes wesentlich verändert hatte.
    Zum ersten Mal verspürte Eleonore einen Anflug von Panik. Sie musste etwas tun, sonst war nicht nur das Leben des Kindes in Gefahr.
    »Was ist, wie lange willst du noch mit dem nassen Tuch in Maries Gesicht herumwedeln?«, fuhr die Contessa das junge Mädchen an. »Siehst du denn nicht, dass sie kaum mehr bei Sinnen ist? Der Puls wird immer schwächer …« Sie ließ Maries Handgelenk los. Sofort fiel ihr Arm leblos wie der einer Puppe aufs Bett.
    Eleonore atmete einmal tief durch.
    »Solange sie nicht ruhig liegen bleibt, kann ich den Kopf nicht zu fassen bekommen.« Sie versuchte, so viel Autorität wie möglich in ihre Stimme zu legen. Was sie als Nächstes zu sagen hatte, würde weder der Alten noch der Jungen gefallen, aber es blieb ihnen keine Wahl. »Wir müssen die Signora festbinden.«

28

    Am nächsten Morgen musste alles so schnell gehen, dass gar keine Zeit für großen Abschiedsschmerz blieb. Richard war furchtbar aufgeregt, was er auf die Tatsache schob, dass bei der Kunstausstellung schließlich einiges für ihn auf dem Spiel stand. Doch Wanda wusste, dass ihm auch nicht ganz wohl war bei dem Gedanken, das letzte Stück der Reise allein anzutreten.
    Ein letzter, verstohlener Abschiedskuss am Bahngleis und das Versprechen, dass man sich am Sonntag in einer Woche in Richards Hotel treffen würde – dann blieb Wanda nichts anderes übrig, als Richard nachzuwinken.
    Die Fahrt von Bozen nach Mailand und weiter nach Genua erlebte sie nicht annähernd so bewusst wie den ersten Teil ihrer Reise. Obstbaumplantagen wurden rarer unddann von weit reichenden Getreidefeldern abgelöst, auf denen so früh im Jahr nur ein Hauch von jungfräulichem Grün stand. Die meiste Zeit ging die Fahrt durch ebenes Land. Obwohl Wandas Blick aus dem Fenster gerichtet war, nahm sie nichts von den Veränderungen der Landschaft wahr. Der Glanz in ihren Augen rührte nicht von den Naturschönheiten Italiens her, sondern von der Leidenschaft der letzten Nacht, die lodernd ihr Innerstes erfüllte.
    »Jetzt bist du meine Frau«, hatte Richard zu ihr gesagt, als sie befriedigt nebeneinander gelegen hatten. Und er hatte hinzugefügt: »Lass uns heiraten, sobald wir aus Italien zurück sind.«
    Sie hatte nur stumm genickt, weil heiße Tränen ihr die Kehle zuschnürten. Aber das war gleichgültig gewesen. Sie hätte ohnehin nicht die richtigen Worte für die Innigkeit dieses Augenblicks gefunden.
    Doch sie wusste eines: Nicht eine Sekunde lang bereute sie die letzte Nacht, auch wenn sie damit

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